Die Wahl findet im August statt. Erdogans Kandidatur war seit langem erwartet worden. Der Premier hatte mit der offiziellen Bekanntgabe gezögert, weil er zunächst die Nominierung seiner Gegenkandidaten abwarten wollte. Die beiden größten Oppositionsparteien der Türkei, die säkularistische CHP und die nationalistische MHP, haben sich auf den 70-jährigen Ekmeleddin Ihsanoglu als gemeinsamen Kandidaten geeinigt. Ihsanoglu ist ein ehemaliger Generalsekretär der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC). Für die Kurdenpartei HDP tritt deren Ko-Vorsitzender Selahattin Demirtas an.
Die meisten Umfragen geben Erdogan gute Chancen, am 10. August mit mehr als 50 Prozent der Stimmen auf Anhieb gewählt zu werden. Erreicht keiner der Kandidaten die Hälfte der Stimmen, folgt am 24. August eine Stichwahl. Bisher waren die türkischen Staatspräsidenten vom Parlament gewählt worden, diesmal sollen die Wähler direkt entscheiden. Zudem dürfen die rund 2,5 Millionen türkischen Wähler im Ausland erstmals an ihren jeweiligen Wohnorten ihre Stimmen abgeben. Allein in Deutschland leben 1,5 Millionen türkische Wähler. In Österreich haben etwa 270.000 Menschen türkische Wurzeln.
Der neue türkische Staatspräsident wird am 28. August sein Amt antreten. Amtsinhaber Abdullah Gül, ein politischer Weggefährte Erdogans, hatte vor einigen Tagen seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur erklärt. Medienspekulationen zufolge könnte Gül als Ministerpräsident an die Spitze der Regierung rücken, wenn Erdogan zum Präsidenten gewählt wird.
Erdogan sagte, er wolle als Präsident für alle Türken da sein. Zudem werde er sich weiter um eine Aussöhnung zwischen Türken und Kurden bemühen sowie der EU-Bewerbung der Türkei neuen Schwung verleihen. Der 10. August werde ein "Wendepunkt" sein.
Kritiker befürchten, dass sich die Türkei unter einem Präsidenten Erdogan von demokratischen Grundsätzen wie der Gewaltenteilung entfernen könnte. So schrieb der Kolumnist Mehmet Yilmaz in der Zeitung "Hürriyet", die politischen Strukturen des Landes würden in Richtung einer "Ein-Mann- und Ein-Parteien-Herrschaft" verändert.
(Quelle: salzburg24)