Die fünf Parlamentsparteien verhandeln Dienstagvormittag über eine "Geheimschutzordnung", die den Umgang mit vertraulichen Dokumenten im Parlament regeln soll. Vorgesehen sind vier Geheimhaltungsstufen ("Eingeschränkt", "Vertraulich", "Geheim", "Streng Geheim"), angedacht wird auch ein mediales Verwertungsverbot für bestimmte Unterlagen. Die Koalition sieht die Geheimschutzordnung Vorbedingung für das Minderheitenrecht auf Untersuchungsausschüsse.
Während die Grünen das Verwertungsverbot ablehnen, ist die FPÖ gesprächsbereit. "Ich glaube, dass das sinnvoll wäre, weil man niemals verhindern kann, dass nicht das eine oder andere Dokument weitergegeben wird", sagt Hofer. Er würde das Verwertungsverbot auch auf bestimmte Unterlagen der Justiz ausdehnen. Denn es gebe immer wieder Fälle, "wo Politiker sich brüsten, vertrauliche Unterlagen zu haben und so sich jemand in der Zeitung findet, bei dem sich dann herausstellt, dass er eh unschuldig ist".
Grundsätzlich betont Hofer allerdings, dass auch mit einer neuen Geheimschutzordnung nicht alle Unterlagen der Justiz automatisch als geheim eingestuft werden dürften. Es brauche "so viel Öffentlichkeit wie nur irgendwie möglich und so viel Geheimhaltung wie dringend nötig". Hofer würde daher von den Ermittlern erhobene Fakten durchaus öffentlich im U-Ausschuss erläutern. Allerdings müssten Persönlichkeitsrechte gewahrt werden, und es dürfe nicht zu Verdächtigungen kommen.
Hofers Fraktionskollege und U-Ausschuss-Chefverhandler Gernot Darmann geht davon aus, dass das Verwertungsverbot etwa dann greifen könnte, wenn "intimste Persönlichkeitsrechte der Bürger" geschützt werden müssen oder wenn ein Geheimnisverrat den Bestand der Republik gefährden würde.
Grundsätzlich fordert Darmann, dass die Geheimschutzordnung "keine Verschlechterung des Status Quo bei der Ausschussarbeit" bringen dürfe. Die aktuelle rot-schwarze Punktation würde aber dazu führen, dass die Öffentlichkeit schon ausgeschlossen werden müsste, wenn in einem Untersuchungsausschuss ein "schlichtes Amtsgeheimnis" diskutiert würde, kritisiert Darmann.
Der Medienanwalt Alfred Noll sieht das von den Regierungsparteien angekündigte "Verwertungsverbot" für geheime Unterlagen durch Medien skeptisch. "Die grundsätzliche Frage muss lauten: Soll ein U-Ausschuss öffentlich sein oder nicht?" Eine Umsetzung würde aus seiner Sicht "zu einer Verschärfung" führen.
Bei öffentlichen U-Ausschüssen wäre ein Verwertungsverbot nicht zielführend, wie Noll im Gespräch mit der APA erläuterte. "Das passt nicht zusammen. Ein Verwertungsverbot kann nur dort eine Rolle spielen, wo der U-Ausschuss für sich entschließt, unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattzufinden." Das stehe allerdings im "Spannungsverhältnis dazu, was das Parlament überhaupt soll". Noll selbst hat sich bereits mehrfach als Befürworter einer Abschaffung des Amtsgeheimnisses positioniert. Sollte dies auch umgesetzt werden, "dann sehe ich nicht das Bedürfnis nach vertraulichen Behördenakten".
Anders liege der Fall bei Firmenunterlagen: Betriebsgeheimnisse seien ohnedies strafrechtlich geschützt und würden daher kein Verwertungsverbot notwendig machen. Die Watchdog-Funktion der Medien könnte bei einer Umsetzung aus seiner Sicht jedenfalls eher eingeschränkt werden. "Das Hauptproblem ist dabei die antizipatorische Schere im Kopf: Was darf ich und was darf ich nicht", unterstrich Noll.
Dass eine Missachtung des Verwertungsverbotes auch "Folgen" für Medien haben könnte, wie ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka ankündigt hat, sieht wiederum der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) kritisch. "Die Kontrollfunktion der Medien darf nicht kriminalisiert werden", betonte VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger gegenüber der APA. "Das wäre ein verheerendes Signal."
(Quelle: salzburg24)