Bereits am Freitag hatten die Regierungschefs der Kantone Tuzla und Zenica, Sead Causevic und Munib Husejnagic, zurückgetreten. In beiden Städten hatten wütende Demonstranten die Gebäude der Kantonalregierungen gestürmt und in Brand gesetzt. In Sarajevo wurde neben der Kantonalregierung auch das Staatspräsidium angezündet. Die Proteste richten sich gegen den aufgeblähten und korruptionsanfälligen Politapparat des früheren Bürgerkriegslandes, das unter Armut und Arbeitslosigkeit ächzt.
Zeljkovic begründete seinen Rücktritt am Samstag damit, dass er das Vertrauen seiner Partei, der nationalistisch-bosniakischen SDA (Partei der Demokratischen Aktion) verloren habe. "Ab morgen können all jene, die so gerne plündern, eine glücklichere Zukunft Sarajevos aufbauen", sagte er nach Angaben der kroatischen Nachrichtenagentur Hina sarkastisch.
Auch in Bihac endete eine Protestkundgebung am Samstagabend, obwohl der dortige regionale Regierungschef Hamdija Lipovac seinen Rücktritt weiter ablehnte. Er kündigte aber für Montag ein Gespräch mit Vertretern der Protestierenden an, meldete Hina.
Der frühere Innenminister Sadik Ahmetovic (SDA) forderte unterdessen die sofortige Ablöse seines Nachfolgers, Fahrudin Radoncic, als Konsequenz aus den Unruhen, denen die Polizei zum Teil hilflos zugesehen hatte. Radoncic hatte am gestrigen Freitag Verständnis für die Demonstrierenden geäußert und die mangelhafte Korruptionsbekämpfung und die soziale Kälte viele Politiker als Grund genannt. Er bezeichnete die Protestwelle als "Tsunami".
Die Demonstrationen seien die Folge von 17 Jahren schlechter Politik, bekräftigte Radoncic am Samstag. Die Demonstranten seien "die Kinder von Eltern, die kein Brot haben". Es könne keine Rede davon sein, dass es sich um einen Staatsstreich handle, sagte er laut Tanjug.
Nach den schweren Gewaltausbrüchen in Bosnien-Herzegowina haben die Demonstranten am Samstag eine "politische Revolution" gefordert. Bei den Protesten waren zuvor mehr als 200 Menschen verletzt worden. Zahlreiche Rathäuser und Parteizentralen gingen ebenso in Flammen auf wie Regierungsgebäude und Polizeifahrzeuge. Der Sachschaden liegt nach ersten Schätzungen bei 25 Millionen Euro.
Am Samstag schien die Lage vorerst ruhig. In Sarajevo war rund um das Staatspräsidium ein starker Brandgeruch zu verspüren, nachdem es der Feuerwehr in der Nacht gelungen war, die Flammen in dem Gebäude zu löschen. In Tuzla, wo die Protestwelle am Mittwoch begonnen hatte, waren Feuerwehrleute weiterhin bemüht, einzelne Brandherde im Gebäude der Kantonalregierung zu löschen. Über Facebook riefen Organisatoren des Protestes in Tuzla zum gemeinschaftlichen Aufräumen auf.
In der Nacht auf Samstag soll zudem der Führer der Unabhängigen Gewerkschaftsunion, Josip Milic, festgenommen worden sein. Ihm werde vorgeworfen, hinter den Protesten zu stehen, berichteten lokale Medien.
Am Samstag gingen die Demonstranten mit einem Fünf-Punkte-Katalog an die Öffentlichkeit. Dieser sieht etwa vor, dass die Einkommen aller Politiker an den äußerst niedrigen Durchschnittslöhnen im Land ausgerichtet werden. In Bosnien beträgt das Einkommen nach Berechnungen des staatlichen Statistikamtes im Schnitt umgerechnet 423 Euro. Doppelt so viel wäre für das Existenzminimum notwendig, sagt der Verband der Konsumentenschützer.
(Quelle: salzburg24)