Die umstrittenste Maßnahme ist die Aufhebung des Kopftuchverbots, da Erdogans gemäßigt-islamischer Partei AKP seit längerem vorgeworfen wird, die strikte Trennung von Religion und Staat zu untergraben. Erdogan hat bereits in den vergangenen Jahren das Kopftuchverbot an mehreren Institutionen gelockert oder ganz gekippt. Erdogan betonte am Montag, dass Polizistinnen, Soldatinnen, Staatsanwältinnen und Richterinnen das Tragen des Kopftuchs auch in Hinkunft verboten werde.
Zu den Fundamenten der modernen Türkei gehört seit ihrer Gründung durch Kemal Atatürk die Trennung von Staat und Religion, in deren Zusammenhang bisher auch das Kopftuchverbot für Staatsdienerinnen galt. Den Kemalisten gilt das Kopftuch als Symbol des Islams. Die Streitkräfte, die über Jahrzehnte als Verteidiger des säkularen Charakters des Staates auftraten, verhinderten lange jede Aufweichung des Verschleierungsverbots. Seit dem Machtantritt Erdogans ist der Einfluss des Militärs aber stark zurückgegangen.
Der Regierungschef kündigte an, Rechte kleinerer Minderheiten und Volksgruppen zu verbessern. So soll Unterricht in privaten Schulen auch in anderen Sprachen als Türkisch erlauben sein. Er kündigte ein Gesetz an, das die Änderung von Städtenamen ermöglicht und damit den Weg für eine Rückkehr zu alten kurdischen Ortsnamen freimacht.
Außerdem sprach sich Erdogan dafür aus, die Sperrklausel bei Parlamentswahlen von bisher zehn auf fünf Prozent zu senken oder sie gänzlich zu eliminieren. Davon würden ebenfalls vor allem die Kurden profitieren. Oppositionspolitiker und Vertreter der kurdischen Volksgruppe hatten zunächst skeptisch auf die Vorschläge reagiert, über die bereits seit einigen Tagen diskutiert wird.
Die EU-Kommission begrüßt das von Erdogan präsentierte "Demokratiepaket". Ein Sprecher von EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle erklärte am Montag in Brüssel, es werde noch auf den vollständigen Text gewartet, um die Punkte im Detail prüfen zu können. Doch seien die bisher angeführten Bereiche wie die Freiheit von Religion und der Versammlung oder die Erleichterungen für die kurdische Minderheit als Fortschritte zu sehen.
(Quelle: salzburg24)