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Frontalangriff von SPÖ-Landesrat auf Faymann

Kritik am Kanzler von einem Parteigenossen
Veröffentlicht: 27. Mai 2014 11:45 Uhr
Mit einem Frontalangriff auf Bundeskanzler Faymann hat ein burgenländischer Regionalpolitiker die SPÖ-Spitze aus der Reserve gelockt. Nationalratspräsidentin Prammer, Kanzleramtsminister Ostermayer und Bundesgeschäftsführer Darabos attackierten Montagabend den SPÖ-Landesrat Peter Rezar, der Faymann die Schuld am mäßigen EU-Wahlergebnis gegeben hatte. Faymann selbst reagierte relativ gelassen.

Rezar hatte im "Kurier" gesagt, an dem schlechten Abschneiden der SPÖ bei der Europawahl am Sonntag sei "in erster Linie sicher der Kanzler selbst" schuld. Dem SPÖ-Chef prophezeite Rezar "ärgste Probleme" beim Bundesparteitag, sollten bis Herbst die "roten Kernforderungen" im Steuerbereich (Vermögenssteuer, Senkung des Eingangssteuersatzes auf 25 Prozent) nicht "auf Schiene" sein. Gehe die ÖVP dabei nicht mit, solle Faymann die Koalition "platzen lassen", empfahl der Landesrat. In diesem Zusammenhang schloss er auch eine Koalition mit der FPÖ nicht aus.

Faymann selbst kommentierte die parteiinterne Kritik gelassen: "Schlechte Ratschläge nehme ich nicht entgegen", sagte er im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Roten Rufen nach einer baldigen Steuerreform antwortet er mit dem Hinweis auf den Entschließungsantrag in dieser Frage, der vergangene Woche im Nationalrat beschlossen wurde, und zwar mit Zeitplan.

Die harten Worte des burgenländischen Landesrats Peter Rezar, der unter anderem das EU-Wahlergebnis als ausschließlich vom Partei-Vorsitzenden verantwortet sieht, nimmt Faymann demonstrativ nicht ernst. "Wenn es unter 2.000 Mandataren wahrscheinlich mehr als einen gibt, der mir Ratschläge erteilt, dann nehme ich die guten auf." Dass Rezar aber eine Zusammenarbeit mit der FPÖ in den Raum stellt, "halte ich für einen schlechten Ratschlag, und schlechte Ratschläge nehme ich nicht entgegen."

Der langjährige Landesrat hat für seine Aussagen zuvor einen Proteststurm von SPÖ-Spitzenpolitikern geerntet. SPÖ-Vizechefin Prammer bezeichnete die Äußerungen ihres Parteifreundes als "vollkommen entbehrlich". "Undifferenzierte Schuldzuweisungen sind die völlig falsche Reaktion auf das Ergebnis der EU-Wahl am vergangenen Sonntag", kritisierte die Nationalratspräsidentin. Die Vorsitzende der Jungen Generation, Katharina Kucharowits, bezeichnete Rezars Aussagen als "unfassbar".

Darabos warf seinem Landsmann vor, sich auf Kosten der eigenen Partei in der Öffentlichkeit profilieren zu wollen. Dies sei "kein besonders guter Stil". Er bezeichnete Rezars Aussagen als "Fehlanalysen, die in keinster Weise nachvollziehbar sind". Die FPÖ habe "nach wie vor ein massives Problem damit, sich klar vom rechten Rand abzugrenzen", sagte Darabos zu einer möglichen Koalition der Sozialdemokraten mit den Freiheitlichen.

Kanzleramtsminister Ostermayer wies Rezars Aussagen ebenfalls zurück. Der Faymann-Vertraute sagte am Montagabend im ORF-"Report", dass es gerade die FPÖ gewesen sei, die im Nationalrat einen Antrag zur Steuerreform nicht mitgetragen habe. Außerdem gebe es einen aufrechten Parteitagsbeschluss gegen die Zusammenarbeit der SPÖ mit der FPÖ. "Es ist entweder nicht nachgedacht worden, oder man hat bewusst etwas gesagt, um medial vorzukommen", sagte Ostermayer.

Auch der burgenländische SPÖ-Landesparteichef Hans Niessl wies Rezar scharf zurecht. "Das ist nicht in Ordnung", hielt er gegenüber der APA fest und betonte: "Kritik ja, aber die ist an den Finanzminister zu richten." Mit Rezar will er noch am Dienstag sprechen und die "Linie festlegen". Zu den Aussagen des SPÖ-Landesrats hielt Niessl zunächst fest: "Das ist nicht meine Meinung. Ich differenziere hier." Rezar habe zwar richtig kritisiert, allerdings die falsche Person genannt: "Kritik ja, aber die ist an den Finanzminister zu richten, nicht an den Bundeskanzler. Das ist nicht in Ordnung, weil der Bundeskanzler die Steuerreform will", erklärte Niessl.

Auch die SPÖ-Regierungsmitglieder und Klubobmann Schieder haben Parteichef Faymann am Dienstag gegen die harsche Kritik des burgenländischen Landesrats Rezar in Schutz genommen. Dessen Aussagen seien "nicht durchdacht", war das höfliche Wording vor dem Ministerrat. Etwas heftiger wurde Infrastrukturministerin Doris Bures, die sich "empört" zeigte.

Das Ergebnis bei der EU-Wahl sei nüchtern zu betrachten, es gebe auch etwas "zwischen Jubeln und Heulen", und sie sehe "keinen Grund, in Heulen auszubrechen", so Bures zu Journalisten. "Ich bin nicht über das Wahlergebnis empört", hielt sie fest. Dass aber zwei Tage nach dem Urnengang, bei dem die Sozialdemokraten Europas dezidiert gegen die rechtspopulistischen Kräfte angetreten seien, ein SPÖ-Politiker laut über eine Zusammenarbeit mit der FPÖ nachdenke, "darüber bin ich empört".

Sozialminister Hundstorfer (SPÖ) kritisierte Rezars Aussagen ebenfalls, zur Steuerreform meinte er: Diese werde weiter vorangetrieben, "wir lassen nicht nach". Doch "es ist so einfach nicht", räumte er ein. Von einem Rumoren in der Arbeiterkammer wollte er, gefragt nach steigendem Druck von der SP-Basis, nichts wissen.

Die SPÖ hatte bei der Europawahl ihr erklärtes Ziel, stimmenstärkste Partei zu werden, klar verfehlt. Diesbezügliche Hoffnungen knüpften sich insbesondere an die Kandidatur des bekannten Fernsehjournalisten Eugen Freund, der aber im Wahlkampf nicht besonders trittsicher war.

(Quelle: salzburg24)

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