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Gedenken an Attentat von Sarajevo spaltet Bosnien

Veröffentlicht: 29. Juni 2014 11:03 Uhr
Hundert Jahre nach dem Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand spaltet die Erinnerung an die Tat die Menschen in Bosnien-Herzegowina. Die Serben boykottierten am Samstag die offiziellen Gedenkveranstaltungen in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo, wo die Wiener Philharmoniker im Beisein von Bundespräsident Heinz Fischer am Abend ein Konzert gaben.

Das Konzert "für den Frieden" der Wiener Philharmoniker fand in dem imposanten Bau der Nationalbibliothek im neo-maurischen Stil statt. Gespielt wurden Stücke u.a. von Franz Schubert, Joseph Haydn und Alban Berg. Philharmoniker-Vorstand Clemens Hellsberg bezeichnete das Konzert als "leidenschaftliches Plädoyer für Versöhnung".

Fischer sagte, es sei ihm "wichtig, persönlich an der Gedenkfeier in Sarajevo teilzunehmen". Es sei nämlich "ein hoffnungsvolles Zeichen für die Zukunft", dass des Attentats gemeinsam gedacht werde. Er wünsche sich, dass die Friedensbotschaft der Philharmoniker nun auch die Herzen der Menschen in Bosnien-Herzegowina erreichen könne.

Vor hundert Jahren befand sich im Gebäude des Konzerts das Rathaus von Sarajevo - der letzte Ort, den der österreichisch-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie vor ihrer Ermordung durch den nationalistischen Serben Gavrilo Princip besuchten. Der Einladung nach Sarajevo folgten auch die Präsidenten Kroatiens, Mazedoniens und Montenegros, Ivo Josipovic, Gjorge Ivanov und Filip Vujanovic. Das Philharmoniker-Gedenkkonzert wurde am Samstagabend auch im Rahmen des Wiener Donauinselfests ausgestrahlt.

Spitzenpolitiker aus Serbien blieben dem Gedenkkonzert jedoch fern, aus Protest gegen eine nach dem Bosnien-Krieg angebrachte serbenfeindliche Inschrift auf dem Rathausgebäude. Sie hielten im neu errichteten "Touristen"-Stadtteil Andricgrad in Visegrad ihre eigene Gedenkveranstaltung ab und würdigten Princip als Helden. Die Schüsse von Princip seien "keine Schüsse gegen Europa gewesen, sondern Schüsse für die Freiheit", sagte der Präsident von Bosniens serbischer Teilrepublik, Milorad Dodik. "Wir werden heute nicht von denjenigen sprechen, die versuchen, unsere Geschichte zu vergiften, oder uns zwingen wollen zu vergessen", sagte Serbiens Regierungschef Aleksandar Vucic.

Zuvor hatten Vucic und Dodik ein Mosaik enthüllt, das die Gruppe hinter dem Anschlag, allen voran Princip, zeigt. Darunter steht die Inschrift zu lesen: "Unser Schatten wird durch Wien gehen, durch den Hof irren, die Herrschaften in Angst versetzen". Zum Abschluss dieser Gedenkfeier wurde das Attentat von Sarajevo sowie der darauffolgende Prozess nachgestellt, zudem gab der russische Militärchor "Alexander" ein Konzert.

Im westbosnischen Dorf Obljaj wurde am Samstag das wiederaufgebaute Princip-Geburtshaus samt Dauerausstellung eröffnet. Das Gebäude war 1995 im Bosnien-Krieg von einem Feuer zerstört worden. Dabei wurde auch der original Attentatsplan zum Mord an Thronfolger Franz Ferdinand vernichtet. Der Vidovdan (St. Veitstag) habe eine besondere Bedeutung für die Serben, erklärte Igor Radojicic, Präsident des bosnisch-serbischen Parlaments, bei der Eröffnungsfeier: Nicht nur die verlorene Schlacht gegen die Osmanen auf dem Amselfeld 1389, sondern auch die Tat Princips 1914 am 28. Juni - eine "Explosion der jahrhundertelangen Freiheitsbestrebungen".

Erst am Freitag war Princip in Sarajevo mit einem Denkmal geehrt worden. Hunderte Menschen kamen zur Einweihung der zwei Meter hohen Bronzestatue. "Wir sind für immer Freiheitskämpfer", rief Nebojsa Radmanovic, der als Vertreter der bosnischen Serben im Staatspräsidium von Bosnien-Herzegowina sitzt.

Princip hatte am 28. Juni 1914 in Sarajevo den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand erschossen, als dieser im offenen Wagen durch die Stadt fuhr. Das Attentat führte zu einer internationalen Krise, die fünf Wochen später in den Ersten Weltkrieg mit seinen Millionen von Todesopfern mündete.

Zu Zeiten Jugoslawiens wurde Princip weithin verehrt; in Sarajevo waren eine Straße und eine Brücke nach ihm benannt. Der Bosnienkrieg (1992-1995) hat die Wahrnehmung jedoch deutlich verändert. Während der jahrelangen, brutalen Belagerung Sarajevos war Princip ein Held der bosnisch-serbischen Streitkräfte. Nach Kriegsende tilgte das überwiegend muslimisch bewohnte Sarajevo möglichst vollständig die Erinnerung an Princip. Bosnien-Herzegowina ist seit dem Krieg in zwei Entitäten aufgespalten, eine serbische und eine muslimisch-kroatische.

Zum Gedenken in Sarajevo war auch der Enkel des letzten österreichisch-ungarischen Kaisers, Karl Habsburg-Lothringen, eingeladen worden, am Freitag als Eröffnungsredner zum Runden Tisch "Europäische Perspektiven Bosnien-Herzegowinas 1914-2014".

(Quelle: salzburg24)

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