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Gouverneur befürchtet russischen Einmarsch

Veröffentlicht: 28. April 2014 10:03 Uhr
Das nördlich der Krim liegende Gebiet Cherson ist für die neuerdings von Russland kontrollierte Halbinsel von größter strategischer Bedeutung - nicht nur, dass alle Straßen- und Eisenbahnverbindungen auf die Krim durch diese Region führen. Das Gebiet Cherson spielt auch für die Strom- und in noch stärkerem Ausmaß für die Wasserversorgung der Krim eine extrem wichtige Rolle.

Vor diesem Hintergrund sprach Juri Odartschenko, der am 2. März von der ukrainischen Regierung zum Gouverneur des Gebiets Cherson ernannt wurde, von einer beunruhigenden Lage. Insbesondere auf die Situation um den Nord-Krim-Kanal blicke er mit "größter Sorge", erklärte Odartschenko im Gespräch mit der APA. Dies sei auch der größte potenzielle Brandherd in seinem Gebiet: "Russland könnte unter dem Vorwand, dass die Ukraine angeblich kein Wasser auf die Krim liefert, einen Angriff starten. Ich befürchte dies nahezu jeden Tag".

Russische Truppen, skizzierte der Gouverneur ein aus seiner Sicht pessimistisches Szenario, könnten versuchen, von der Krim aus etwa 100 Kilometer weit in den Norden und bis zum Fluss Dnipro (Dnepr) vorzustoßen. Sie würden bei einem militärischen Erfolg damit auch den für die Wasserversorgung zentralen Kachowkaer Stausee und äußerst wichtige Knotenpunkte für die Stromversorgung besetzen.

Dass ein Angriff Russlands auf das ukrainische Festland jederzeit möglich sein könnte, legen laut Odartschenko Beobachtungen zur Präsenz russischer Truppen auf der Krim nahe. Diese hielten sich unweit der Grenze des Gebiets Cherson auf: "Die Anspannung an dieser Grenze geht nicht zurück. Im Gegenteil - sie steigt."

Die zuletzt erfolgte Reduktion ukrainischer Wasserlieferungen über den Nord-Krim-Kanal auf die Krim erklärte Gouverneur Odartschenko unter anderem mit einer fehlenden gemeinsamen Steuerung des in den 1960er- und 1970er-Jahren errichteten Kanals. Dieser verläuft 100 Kilometer lang im Gebiet Cherson und danach noch weitere 300 Kilometer zur Hafenstadt Kertsch auf der Krim. Der Kanal, der nur bei Plustemperaturen betrieben werde, sei - so Odartschenko - von der von ukrainischer Seite im zweiten Märzdrittel ordnungsgemäß aktiviert worden.

Nach dem Krim-Referendum am 16. März hätten jedoch Unbekannte die Steuerungsanlagen auf der Krim besetzt und insbesondere jene drei Pumpstationen, die im unteren Teil zum Betrieb des Kanals unabdingbar seien, nicht korrekt aktiviert. Die Situation würde auch dadurch verkompliziert, so der Gouverneur, dass das Kanalbett vor dem Vollbetrieb aus technischen Gründen einige Wochen lang angefeuchtet werden müsse: Da der unterste Teil des Kanals nunmehr ausgetrocknet sei, könnte selbst bei korrekter Verwendung der Pumpstationen erst nach einem Monat Anfeuchten das maximale Wasservolumen auf die Krim geleitet werden.

Zusätzlich fehlten, so ergänzte Odartschenko, derzeit auch rechtliche Grundlagen für den Wassertransfer. Die Ukraine bekomme unter den aktuellen Umständen nicht nur kein Geld: "Es fehlt der formale Rahmen, um eine Bezahlung überhaupt möglich zu machen."

Abgesehen von Befürchtungen im Zusammenhang mit dem Kanal sprach der Gouverneur auch von Bedrohungen durch russische Geheimdienste, die auch in seiner Region intensiv versuchen würden, Menschen für "Protestaktionen" und Provokationen anzuwerben. Nach Angaben von ukrainischen Behörden habe es Pläne gegeben, bei den traditionellen Feiern zum "Tag des Sieges" (der Sowjetunion über Nazideutschland am 9. Mai, Anm.) einen Anschlag zu verüben, der ukrainischen Nationalisten in die Schuhe geschoben werden sollte: "Anschließend würde Russland aufgefordert werden, der russischen Bevölkerung zur Hilfe zu kommen", sagte Odartschenko.

Dabei tritt eine überwältigende Mehrheit der Bürger seiner Region für eine einheitliche Ukraine ein, gibt sich der Gouverneur überzeugt. Und auch im politisch bunten Lokalparlament, in dem die "Partei der Regionen" und die Kommunisten zahlenmäßig dominierten, habe es zuletzt stets eindeutige Mehrheiten für pro-ukrainische Positionen gegeben. Odartschenko selbst ist Mitglied der "Batkiwschtschyna"-Partei und saß für diese im ukrainischen Parlament in Kiew.

Trotz aller Bedrohungen und der damit verbundenen Schwierigkeiten würde in seiner Region jedoch normal weitergearbeitet, versicherte der Gouverneur: Alle Pensionen und Sozialleistungen würden pünktlich bezahlt, überall in seinem agrarisch geprägten Gebiet sei rechtzeitig ausgesät worden. Am 1. Mai, berichtete Odartschenko, würde zudem offiziell die Tourismussaison eröffnet. Das Gebiet Cherson möchte dabei insbesondere jene ukrainischen Touristen ansprechen, die unter den aktuellen Umständen nicht mehr auf der Krim urlauben können oder wollen.

(Quelle: salzburg24)

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