"Ein großartiger Erfolg für Offenheit, Nicht-Diskriminierung und eine Welt, in der lieben ohne Angst möglich sein muss" ist der Sieg Wursts für Lunacek. Sie streute nicht nur der Künstlerin Rosen, sondern auch dem ORF, der sie nominiert hatte. Im Votum selbst sieht die grüne Spitzenkandidatin "ein Zeichen dafür, dass die Bevölkerung weiter ist, als es die Gesetze in vielen Ländern vermuten lassen". Beim Thema Homosexualität ist sie sich jedenfalls sicher: "Wir Grünen sind diejenigen, die die größte Glaubwürdigkeit bei diesem Thema haben."
Lunacek verwies auf den von ihr Anfang Februar im Europaparlament durchgebrachten Bericht, der die Kommission auffordert, einen "EU-Fahrplan zur Bekämpfung von Homophobie und Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität" vorzulegen. Er beinhaltet mehrere Punkte zur europaweiten Gleichstellung Homosexueller: Neben der Anerkennung schon geschlossener gleichgeschlechtlicher Ehen über die Grenzen der Mitgliedsstaaten sieht er etwa noch vor, Schulbücher derart umzugestalten, dass alle unterschiedlichen Familienformen darin berücksichtigt werden. Und auch im Flüchtlingswesen sieht Lunacek Verbesserungsbedarf. So sei die Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung noch kein eindeutiger Asylgrund. Auch Dolmetscher in Verfahren hätten zudem oft Hemmungen bei diesem Thema.
Lunacek zielt mit ihrer Forderung gleich auf die beiden Kandidaten für die Kommissionspräsidentschaft, Jean-Claude Juncker (EVP) und Martin Schulz (Sozialdemokraten). Diese sollten vor der Wahl klar sagen, dass sie für die Umsetzung dieses Fahrplanes sind. Ihr Bericht zum "EU-Fahrplan zur Bekämpfung von Homophobie und Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität" wurde trotz massiven Widerstandes vom Europaparlament angenommen.
Marco Schreuder, Bundessprecher der Grünen Andersrum, sieht bei der nationalen Gesetzgebung vor allem die ÖVP gefordert. "Die FPÖ steht auf der Seite, die Diskriminierung will", setzte er die Pole. Die Grünen finde man auf der anderen Seite des Spektrums. "Dazwischen" würde sich die Volkspartei bewegen und die "muss sich jetzt endgültig entscheiden, auf welcher Seite sie stehen will". Eine völlige Öffnung der Ehe für alle Lebensformen sei etwa die "einfachste legistische Lösung". Auch ein stärkeres Anti-Diskriminierungs-Gesetz sowie Maßnahmen gegen Mobbing Homosexueller an Schulen würden fehlen.
Den Empfang von Conchita Wurst im Bundeskanzleramt findet Schreuder, der selbst beim Finale in Kopenhagen dabei war, übrigens "wunderbar": "Ich finde, dass eine Song-Contest-Siegerin die entsprechende Wertschätzung des Staats verdient hat."
(Quelle: salzburg24)