Ein Sprecher des Militärs warnte, von dem Kalifat gehe eine Bedrohung für die ganze Welt und nicht nur für die Region aus. Er verwies darauf, dass die radikal-sunnitische, extremistische Terrorgruppe "Islamischer Staat im Irak und in der Levante" (ISIS/ISIL) weltweit dazu aufrief, ihrem Kalifat Treue zu geloben.
Tikrit ist die Geburtsstadt des früheren Machthabers Saddam Hussein. Kämpfer der bisher als ISIS bekannten Gruppe nahmen die Stadt auf ihrem Vormarsch nach Bagdad ein. Am Wochenende gelang es der Armee nach eigenen Angaben, die Universität wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Bei den Rebellen, die von Anhängern des Sunniten Saddam sowie sunnitischen Stämmen unterstützt würden, lasse der Kampfgeist nach, erklärte das Militär weiter.
Das irakische Militär konnte bisher der vor drei Wochen eingeleiteten ISIS-Offensive nicht viel entgegensetzten. Allerdings gelang es mit Hilfe schiitischer Milizen, den Vormarsch auf die Hauptstadt zu stoppen. Weite Teile des Landes befinden sich aber noch unter Kontrolle der Extremisten.
Mit der Ausrufung eines Kalifats pünktlich zu Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan versuchte die ISIS am Wochenende, ihre Macht zu zementieren. Die Extremisten nennen sich fortan nur noch Islamischer Staat und haben ihren Anführer Abu Bakr al-Baghdadi zum Kalifen ernannt. Diesen Titel trägt gewöhnlich ein Nachfolger des Propheten Mohammed - mit Anspruch auf die Führung aller Muslime. Neben Gebieten im Irak kontrolliert die Gruppe auch Teile des benachbarten Syriens. Ihr erklärtes Ziel ist die Bildung eines grenzübergreifenden islamischen Staats.
"Die Ankündigung der ISIS wird vermutlich den Kampf zwischen den Jihadisten intensivieren und die Kluft zwischen der ISIS und den anderen aufständischen Sunniten im Irak verstärken", sagte Fawaz Gerges, Experte für den Mittleren Osten an der London School of Economics. Beobachtern zufolge dürfte sich auch Al-Kaida herausgefordert fühlen. Der Islamismus-Experte Charles Lister sagte, die Ausrufung des Kalifats sei wahrscheinlich das wichtigste Ereignis im internationalen Jihadismus seit den Anschlägen vom 11. September 2001. Die Erklärung habe in der ganzen Welt Auswirkungen, weil sich Al-Kaida-Verbündete und unabhängige Gruppen nun für oder gegen den Islamischen Staat der ISIS entscheiden müssten.
Islamische Gelehrte aus aller Welt lehnen das von der Terrorgruppe ISIS ausgerufene Kalifat ab. In ihren Botschaften verkünden sie, kein Muslim sei verpflichtet, dem selbst ernannten Kalifen Abu Bakr al-Baghdadi seine Loyalität auszusprechen. ISIS wird von vielen Gelehrten als unislamisch bezeichnet, weil sie den Tod von anderen Muslimen in Kauf nimmt. ISIS war ursprünglich ein Ableger der Al-Kaida.
Der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu sagte am Sonntagabend Unterstützung seines Landes für die Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden im Irak und für den Kampf Jordaniens gegen "islamischen Extremismus" zu. "Wir müssen die Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft fördern, Jordanien zu stärken, und wir unterstützen das Streben der Kurden nach Unabhängigkeit", sagte er vor einer Expertenrunde des Instituts für Studien zur Nationalen Sicherheit in Tel Aviv.
Die USA bezeichneten die Ausrufung eines "Kalifats" im Irak und Syrien als bedeutungslos. "Wir haben diese Worte von ISIS schon früher gehört", sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Jen Psaki, am Montag in Washington. "Diese Erklärung hat keine Bedeutung für die Bevölkerungen im Irak und in Syrien."
Das Weiße Haus warf den Extremisten vor, eine "Terrorkampagne" gestartet zu haben. "ISIS kämpft, um den Irak zu zerstören", sagte Josh Earnest, der Sprecher von Präsident Barack Obama.
(Quelle: salzburg24)