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Juncker gibt sich kämpferisch gegenüber Cameron

Auf Juncker wartet viel Überzeugungsarbeit
Veröffentlicht: 05. Juni 2014 16:03 Uhr
Jean-Claude Juncker, der Spitzenkandidat der konservativen EVP, hat sich im Streit um die Nachfolge von Jose Manuel Barroso an der Spitze der EU-Kommission kämpferisch gegenüber seinem schärfsten Widersachen, dem britischen Premier David Cameron, gezeigt. Juncker bekräftigte am Donnerstag vor der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) in Brüssel seinen Anspruch auf den Posten.

Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen sagte Juncker bei der Sitzung: "Der britische Premierminister hat nicht das Recht, seinen Willen allen anderen aufzuzwingen. Ich will einen fairen Deal mit Großbritannien." Gleichzeitig habe der frühere luxemburgische Premier klar gemacht, dass er eine solche Vereinbarung mit London "nicht um jeden Preis" anstrebe: "Aber ich bin nicht bereit zu kapitulieren", sagte Juncker dem Vernehmen nach.

Juncker machte nach Angaben von Teilnehmern klar, dass er für eine engere Koordinierung der Wirtschafts- und Währungspolitik der Eurozone eintrete. Diejenigen, die beim Euro nicht dabei seien, hätten "kein Recht, uns zu sagen, was wir zu tun haben", sagte Juncker in einem weiteren Seitenhieb auf Großbritannien. Den Angaben zufolge beklagte Juncker, dass in Großbritannien eine "Schmutzkampagne" der Presse gegen ihn laufe. So würden ihn etwa Fotografen von den Bäumen seiner Nachbarn aus belagern.

Der EVP-Spitzenkandidat mahnte die Staats- und Regierungschefs zugleich zu einer raschen Entscheidung. Sollte der Europäische Rat trotz der klaren Sachlage keine Entscheidung fällen, würden zwischen dem EU-Gipfel Ende Juni und der geplanten Wahl des nächsten EU-Kommissionspräsidenten durch das Europaparlament Mitte Juli nur zehn Tage verbleiben, um das nächste EU-Kommissionsprogramm zu erstellen, sagte Juncker dem Vernehmen nach.

Angesichts des Zeitdruckes wolle er, Juncker, bereits jetzt informell mit den Fraktionen im EU-Parlament vorarbeiten. Juncker betonte vor den Abgeordneten, dass das EU-Kommissionsprogramm eine Sache der Kommission und des Parlamentes sei, und entgegen der Berichterstattung in manchen Medien nicht zu den Aufgaben des EU-Rates zähle. "Ich werde niemals Generalsekretär des Rates sein", sagte der Luxemburger nach Angaben von Teilnehmern.

Juncker wolle eine breite Koalition mit Unterstützung von Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen im EU-Parlament bauen, berichteten Teilnehmer. Eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten habe er jedoch mit den folgenden Worten abgelehnt: "Mit Rassisten redet man nicht, sondern man bekämpft sie. Populisten bekämpft man nicht durch Nachäffen, sondern durch Widerstand in der Sache."

Juncker sagte dem Vernehmen auch, dass ihm von den europäischen Hauptstädten bereits Namen als Vorschläge für Kommissare gemacht wurden, aber nur vier bis fünf Frauen darunter seien, was weniger als bisher sei. Wegen einer unausgewogenen Zusammensetzung könnte die EU-Kommission vom EU-Parlament abgelehnt werden, warnte der Luxemburger.

Die EVP-Fraktion stellte sich erneut geschlossen hinter Juncker als Kandidat für den Kommissionspräsidenten und habe Juncker zum Abschluss der Sitzung mit "Standing Ovations" bedacht, hieß es in Teilnehmerkreisen. Es habe in der Diskussion keine einzige Wortmeldung gegen Juncker gegeben. EVP-Chef Joseph Daul sagte den Angaben zufolge: "Ich will Camerons Europa nicht." Es wäre "unzulässig", wenn der britische Premier seine innenpolitischen Probleme auf Kosten Europas regle.

"Die europäische Demokratie darf sich nicht vom britischen Regierungschef Cameron erpressen lassen", betonte auch der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas, in einer Aussendung. "Wir wählen nur Juncker", bekräftigte der ÖVP-Delegationsleiter. Im Streit um die Besetzung des Amts des Kommissionspräsidenten hat sich auch die SPÖ erneut für Juncker ausgesprochen. Jeder andere Kandidat, den der Rat nominieren würde, würde vom Europäischen Parlament abgelehnt werden, versicherte SPÖ-Delegationsleiter Jörg Leichtfried am Donnerstag in Wien.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hat unterdessen am Rande des G-7-Gipfels in Brüssel Gespräche mit den europäischen Gipfelteilnehmern über die umstrittene Bestellung des nächsten EU-Kommissionspräsidenten geführt. Er habe die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und den französischen Präsidente Francois Hollande sowie die Premiers von Italien und Großbritannien, Matteo Renzi und David Cameron, in dieser Angelegenheit getroffen , sagte Van Rompuy nach dem G-7-Gipfel in Brüssel.

In den Gesprächen sei es "speziell um die Nominierung und um die Vorbereitungen der strategischen Agenda für die nächsten Jahre" gegangen, sagte Van Rompuy. "Das Ziel war nicht, einen Konsens zu erzielen. Das Ziel war ein Meinungsaustausch über den Prozess, nicht nur über Personen, sondern über Substanz."

Im Streit um den neuen EU-Kommissionschef trat Italiens Regierungschef Renzi auf die Bremse. Erst müsse über ein Programm für Europa gesprochen werden, dann über Namen, sagte Renzi am Donnerstag in Brüssel. "Eine Politik, die auf Strenge und Sparkurs basiert und nicht auf Entwicklung und Wachstum, ist an ihre Grenzen gekommen. Diese Periode ist abgeschlossen(...)".

(Quelle: salzburg24)

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