Der deutsche Außenminister Steinmeier appellierte eindringlich an den Iran, im Atomstreit mit dem Westen einzulenken. "Das ist vielleicht für lange Zeit die letzte Chancen, den Streit um das iranische Atomprogramm friedlich zu lösen", sagte er am Sonntagabend. "Der Ball liegt auf der Seite des Iran", betonte er.
"Es hat keinen Durchbruch in den heutigen Gesprächen gegeben, aber es war wichtig, dass die Minister zusammengekommen sind", betonte nach Steinmeier auch Hague. Kerry verließ als letzter gegen 21.00 Uhr das Palais Coburg und meinte lediglich, dass die Arbeit gerade erst begonnen habe. "Besorgt" zeigte sich nach den Gesprächen der chinesische Vize-Außenminister Li Baodong. "Wir rufen alle Parteien auf, Flexibilität und politischen Willen zu zeigen, um eine Vereinbarung zu erzielen", nahm er nicht nur den Iran in die Pflicht.
Damit schwinden die Chancen weiter, bis zum Fristablauf am kommenden Sonntag ein dauerhaftes Abkommen zu erreichen. Am 20. Juli endet nämlich das auf sechs Monate befristete Interimsabkommen im Atomkonflikt, das schärfere Kontrollen und einen Stopp der Uran-Anreicherung auf 20 Prozent für eine Lockerung der Sanktionen vorsieht.
Der Iran will die bilateralen Gespräche mit den USA allerdings fortsetzen. Kerry werde voraussichtlich weiter in Wien bleiben, "und daher könnten wir die bilateralen Gespräche mit ihm fortsetzen", sagte Außenminister Mohammad Javad Zarif nach einem Treffen am Sonntag mit seinem amerikanischen Amtskollegen.
EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hatte am Sonntag die Außenminister der 5+1-Gruppe nach Wien geladen, um eine "Bestandsaufnahme" der stockenden Gespräche vorzunehmen. Am Nachmittag traf sie mit Zarif und den Außenministern Frankreichs, Deutschlands und Großbritannien, Laurent Fabius, Steinmeier und Hague zu einer großen Gesprächsrunde zusammen.
Zarif rief die Gruppe 5+1 in einer Twitter-Botschaft auf, die jetzige Gelegenheit nicht zu versäumen, Geschichte zu schreiben und den seit zehn Jahren andauernden Streit um das iranische Atomprogramm beizulegen.
Nach den Worten des iranischen Vizeaußenministers Abbas Araqchi könnten die Atomverhandlungen nach Ablauf der Frist am 20. Juli um einige Tage oder sogar Wochen verlängert werden, um sich doch noch auf ein Abkommen zu einigen. Es sei aber noch keine diesbezügliche Entscheidung gefallen, räumte Araqchi am Sonntag in einem Fernsehinterview ein.
Wie die Nachrichtenagentur FARS weiter berichtete, betonte Araqchi, weder der Iran noch die 5+1 seien daran interessiert, die Frist bis zum Auslaufen des im November unterzeichneten Übergangsabkommens über den 20. Juli hinaus um weitere sechs Monate zu verlängern.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu warnte unterdessen vor einem Atomabkommen mit dem Iran, das Teheran die Fähigkeit belasse, Uran anzureichern. Das wäre eine Katastrophe für die USA und für die ganze Welt, sagte Netanyahu in einem Interview mit dem US-Sender Fox News am Sonntag.
Zu den strittigen Punkten gehört der Umfang der Urananreicherung, die die 5+1 dem Iran bereit sind zuzugestehen, der Schwerwasserreaktor Arak zur Plutoniumerzeugung und die Sicherstellung der Transparenz der iranischen Atomaktivitäten.
Neben der Zahl der Zentrifugen zur Uran-Anreicherung ist auch der Zeitraum umstritten, in dem zu vereinbarende Beschränkungen des Atomprogramms gelten sollen. Der Iran will nur einer fünfjährigen Beschränkung zustimmen, während die westlichen Mächte eine 20-jährige Dauer anstreben. Laut einem US-Diplomaten sollen es mindestens zehn Jahre sein.
(Quelle: salzburg24)