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Kinder hauen in Indien Pflastersteine für Europa

Veröffentlicht: 11. Juni 2013 15:12 Uhr
In einer Hand hält Sangita einen Meißel, in der anderen einen viel zu großen Hammer. Das etwa achtjährige Mädchen holt aus, immer wieder, und schlägt die Kanten des Pflastersteins gerade, der demnächst auf einer Straße oder einem Platz in Europa landen dürfte. Neben ihr spielt ihre zweijährige Schwester mit den scharfkantigen Steinen.

Wenige Hügel weiter arbeitet der kleine Anil unter der gleichen brennenden Sonne, bei 42 Grad, ebenfalls in Flip-Flops. "Für einen Pflasterstein bekommen wir eine Rupie (1,4 Euro-Cent). Die ganze Familie schafft 150 Stück an einem Tag", sagt Vater Narpat. Wie so viele der Tausenden Arbeiter in den Steinbrüchen rund um die Stadt Kota hat er keinen Nachnamen. Auch kennt er Alter seiner beiden Söhne und drei Töchter nicht - die Buben wären aber sicher schulpflichtig.

Die etwa 2.000 Steinbrüche rund um Kota sind auch das Arbeitsgebiet von Anwalt und Sozialaktivist Rajnath, der für den deutschen Verein Xertifix überprüft, wo Natursteine ohne Kinder- und Schuldknechtarbeit abgebaut werden. "Aber Xertifix ist nur einer von vielen Akteuren - die meisten anderen sind Geschäftsmänner", sagt er. Der Großteil der Natursteine würden in Indien verbaut. "Aber für diese Pflastersteine gibt es keinen indischen Markt. Die gehen alle nach Europa, auch nach Deutschland."

50 Steinbrüche und drei weiterverarbeitende Betriebe kontrolliert Rajnath regelmäßig und verteilt Siegel. In einem dieser Betriebe zeigt Manager N.K. Shaw stolz Fußplatten, Mauersteine, Begrenzungssteine, Treppenstufen. Rajnath geht die Checkliste durch: Gibt es Trinkwasser? Mund- und Ohrenschutz sowie Erste-Hilfe-Kästen? Haben die 65 Arbeiter Verträge und werden sie pünktlich bezahlt?

"Die Steine sind bei uns etwa 25 Prozent teurer als die von anderen Betrieben mit Kinderarbeit", sagt Shaw. Nicht viele wären bereit, das zu zahlen. Er zeigt eine Kiste voller orange-gemaserter Platten, von Hand gehauen, die ins niedersächsische Laatzen geht.

Der Wandel geschehe langsam, aber er passiere doch, sagt Xertifix-Geschäftsführer Walter Schmidt. Zwar sähen viele Produzenten in Indien nicht von sich aus ein, auf bessere Arbeitsbedingungen zu achten.

In Indien ist Kinderarbeit zwar illegal - doch die Behörden seien entweder überfordert oder hätten keine Interesse an der Durchsetzung des Verbots, sagt Bhuwan Ribhu von der Kinderrechtsorganisation Bachpan Bachao Andolan. Im vergangenen Jahr seien nur etwa sechs Prozent der Anzeigen überhaupt verfolgt worden, und in weniger als einem Prozent habe es eine Verurteilung gegeben.

Beim jüngsten Zensus 2001 kam heraus, dass in Indien 12 Millionen Kinder arbeiten. Ribhu schätzt, dass derzeit mehr als 100.000 in Steinbrüchen und Ziegeleinen schuften. Viele von ihnen seien Schuldknechte - etwa weil ihre Eltern sich für eine ärztliche Behandlung Geld geliehen hatten.

(Quelle: salzburg24)

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