Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten sich am Mittwochabend bei einem Sondergipfel entgegen ihrer erklärten Absicht nicht auf eine neue Außenbeauftragte und Ratspräsidentin verständigen können. Sie vertagten ihre Entscheidung auf einen weiteren Sondergipfel Ende August.
Karas warnte, dass nun der Zeitplan der Wahl der EU-Kommission gefährdet sei. Besonders die Verschiebung der Entscheidung, wer neue Hohe Beauftragte der EU für die Außenpolitik werden solle, ärgert Karas. Dies sei eine Behinderung der Arbeit des neuen Kommissionspräsidenten. Um das Gesamtpaket seiner neuen Regierungsmannschaft zusammenzustellen, "muss Jean-Claude Juncker wissen, wer Catherine Ashton nachfolgen soll".
"Überall wo wir auf Gipfelentscheidungen angewiesen sind, ist die EU ineffizient und immer öfter handlungsunfähig", kritisierte Karas. Ähnlich äußerte sich die Grüne Abgeordnete Lunacek. "Das Auf-die-lange Bank-Schieben wird zum Prinzip gemacht", kritisierte die Vizepräsidentin des Europaparlaments die Staats- und Regierungschefs in einer Aussendung. "Mit dem Postengeschacher muss Schluss sein."
Die von den Sozialdemokraten für den Posten der EU-Außenbeauftragten namhaft gemachte italienische Chefdiplomatin Federica Mogherini stieß beim EU-Gipfel auf Widerstand insbesondere osteuropäischer Staaten. Auch der neue Kommissionspräsident Juncker hatte Vorbehalte gegen Mogherini geäußert, die als EU-Außenbeauftragte auch 1. Vizepräsidentin der künftigen Kommission würde.
Juncker ernennt die EU-Kommissare im Einvernehmen mit den Staats-und Regierungschefs. Danach müssen sich die Kommissare Hearings im Europaparlament stellen, dass anschließend über die gesamte Kommission abstimmt. Sie soll ihr Amt nach bisheriger Planung am 1. November antreten.
Karas forderte in diesem Zusammenhang, dass auch bei EU-Gipfeln Mehrheitsentscheidungen zur Regel gemacht werden sollen. "Ständig alles einstimmig entscheiden zu wollen, ist undemokratisch, weil Minderheiten alles blockieren können. Abstimmungen sind transparent und demokratisch."
Außenminister Kurz zeigte sich dagegen wenig überrascht über die Vertagung der Postenentscheidungen. Wesentliche Entscheidungen wie diese müssten ausverhandelt werden und bräuchten Zeit, sagte er am Rande einer Pressekonferenz am Donnerstag in Wien. Die Vertagung sehe er daher nicht als "schlechtes Signal". "Die Nachfolge von Catherine Ashton ist eine ganz zentrale Entscheidung, insofern halte ich es für legitim , dass hier diskutiert und verhandelt wird", sagte Kurz mit Blick auf die neue EU-Außenbeauftragte.
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, dessen zweite und letzte Amtszeit Ende November ausläuft, hatte in der Nacht auf Donnerstag berichtet, dass keine "Konsens-Lösung für das gesamte Paket der Nominierung möglich war". Er sei sich aber "sicher, dass wir am 30. August eine Entscheidung treffen können". Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zeigte sich "fest davon überzeugt", dass dies gelingen werde.
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) erklärte, er gehe davon aus, dass der Vorschlag der Sozialdemokraten zur Nominierung Mogherinis noch gute Chancen habe. Sie sei in drei Wortmeldungen unterstützt worden, eine davon habe er abgegeben.
Zum österreichischen Kommissionskandidaten Johannes Hahn sagte der Kanzler, er gehe davon aus, dass er einen Aufgabenbereich bekomme und keine Änderungen bei der Nominierung notwendig seien. Garantien gebe es dafür allerdings keine. Die Frauenfrage werde eine Rolle bei der Akzeptanz der nächsten EU-Kommission durch das Europaparlament spielen, räumte Faymann ein. Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, hatte zuvor klar gemacht, dass das Europaparlament einer EU-Kommission, der nicht "genügend Frauen" angehören, keine Zustimmung geben werde.
(Quelle: salzburg24)