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Meditation und Gewalt: Erster Japan-Abend bei Salzburg Biennale

Veröffentlicht: 20. März 2009 12:35 Uhr
Neue Hörerfahrungen bereichern. Noch nie gehörte Klänge erschließen emotionale Regionen und machen sinnlich erfahrbar, was bisher unerhört und unvorstellbar war. Aber nur, wenn dieses Ausloten von akustisch Erzeugbarem nicht im Geräusch steckengebliebener Selbstzweck ist, sondern mit musikalischem Sinn gepaart ist.

Bei Otomo Yoshihide seien da Zweifel angemeldet. Gestern, Donnerstag, Abend gestalteten er und sein Landsmann Toshio Hosokawa das Auftakt-Konzert des dritten Durchgangs der Salzburg Biennale.

Die Internationale Stiftung Mozarteum hat die acht Konzerte dieser “Wahlverwandtschaft” als ihren Beitrag zur Biennale kuratiert und ihr Publikum – erwartungsgemäß – herausgefordert. Zuerst mit der feinen Klinge. “Landscape V” für Streichquartett und Sho (harmonika-artiges Instrument zum Blasen und Saugen, Anm.) von Toshio Hosokawa ist ein leises und zurückhaltendes aber auch unergiebiges Stück Kammermusik. Ruhig schwebende, manchmal klirrende Tonflächen durchsetzt mit kurzen Eruptionen einzelner Instrumente füllten die Landschaft bis zum Rand mit Klang-Klischees der Postmoderne. Ohne Richtung und Entwicklung und vor allem ohne musikalische Idee tröpfelte diese Musik so vor sich hin. Auch die gelegentlichen motivischen Eingebungen des Cellos in “In die Tiefe der Zeit” für Akkordeon, Cello und Streicher änderten diesen Eindruck nicht. Kultvierte Fadesse mit – positiv formuliert – nach innen gerichteten Qualitäten.

Ähnlich begann Otomo Yoshihides Musik im zweiten Konzert-Teil. Dieser Komponist stellte in “Modurations” der Sho einen Computer zur Seite, der sich durch charakter-neutrale Sinus-Schwingungen an die Naturtöne heranschlich. Je nach Ähnlichkeit der Tonhöhen entstanden dabei Vibrato-Effekte, vergleichbar den Reibungen beim Stimmen eines Instrumentes. Originell, ja, aber nur kurz. 20 Minuten lang war diese Musik schlichtweg fad. Außer man akzeptiert einen tinnitus-artigen Dauerton als musikalische Meditation.

Was auf die dezent-bohrende Art nicht zu erreichen war, versuchte Yoshihide in seinem zweiten Stück für Klavier und Electronics mit Gewalt. Die in “Modurations II” vorhandenen musikalischen Strukturen knallten mit derartiger Lautstärke aus den Boxen, dass eine lange Reihe von Zuschauern den Saal verließ. Die standhaft Übriggebliebenen hielten sich zum Teil die Ohren zu und bedankten sich für die relative Kürze dieser brachialen Hörerfahrung mit schütterem Höflichkeitsapplaus.

Kein wirklich inspirierter Start in die Japan-Runde. Aber bis Sonntag Abend bleiben sieben weitere Konzerte mit traditioneller japanischer Musik sowie Kompositionen von Toshio Hosokawa, Giacinto Scelsi, Galina Ustvolskaya, Helmut Lachenmann und Anton Webern.

(Von Christoph Lindenbauer/APA)

Details zu Programm und Karten unter 0662 / 87 31 54 oder www.mozarteum.at.

(Quelle: salzburg24)

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