Die krisengeschüttelte Ukraine kommt auch kurz nach den Präsidentenwahlen vom Sonntag nicht zur Ruhe. Präsident Petro Poroschenko führt den "Anti-Terror-Einsatz" gegen prorussische Kräfte im Osten fort, das Thema Gas bleibt weiterhin heikel zwischen Kiew und Moskau und obwohl tausende russische Truppen vom Grenzgebiet abzogen, bleiben laut NATO Zehntausende, einsatzbereite Soldaten dort.
Der weitere Einsatz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in der umkämpften Ostukraine erscheint nach dem erneuten Verschwinden mehrerer ihrer Beobachter ungewiss. Sollte es für die Beobachter der OSZE in dem Land dauerhaft zu gefährlich werden, müsse man über einen Abzug nachdenken, sagte der deutsche OSZE-Sondergesandte Wolfgang Ischinger am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin".
Nach Angaben der prowestlichen Kiewer Regierung sind die verschleppten ausländischen OSZE-Beobachter in der Hand prorussischer Separatisten. "Derzeit wird die Arbeit für ihre Befreiung fortgesetzt", sagte Außenamtssprecher Jewgeni Perebijnis am Mittwoch in Kiew Medien zufolge. Dabei halte die Führung enge Kontakte zur OSZE.
Ein Führungsmitglied der Separatisten hatte zuvor Berichte zurückgewiesen, dass die Kämpfer die OSZE-Beobachter in ihrer Gewalt hätten. Die Gruppenmitglieder aus der Schweiz, der Türkei, Estland und Dänemark werden seit Montagabend vermisst.
Am Mittwochabend sorgten auch Meldungen über eine vermisste elfköpfige OSZE-Gruppe, der auch ein Österreicher angehörte, für Aufsehen. Nach neuesten Informationen der OSZE ist die Beobachtergruppe aber wieder wohlbehalten in Donezk angekommen. Den Angaben zufolge wurde die Gruppe an einer Straßensperre in Marinka gestoppt. Die Beobachter seien festgehalten worden und mussten später ihre geplante Route ändern, sagte Michael Bociurkiw von der OSZE-Mission in Kiew der APA telefonisch.
In der ostukrainischen Stadt Donezk fielen erneut Schüsse. Über der Stadt kreisten Kampfflugzeuge, wie örtliche Internetportale am Mittwoch berichteten. Die Lage war angespannt. Bürgermeister Alexander Lukjantschenko empfahl den Einwohnern der Millionenstadt, aus Sicherheitsgründen zu Hause zu bleiben sowie Fenster und Balkone zu meiden.
Poroschenko sagte der "Bild"-Zeitung: "Wir befinden uns im Osten in einem Kriegszustand, die Krim wurde von Russland besetzt und es gibt eine große Instabilität. Wir müssen reagieren." Eines der Ziele des Einsatzes der Regierungstruppen im Osten sei, die Separatistenführer festnehmen zu lassen und vor Gericht zu stellen. "Aber klar ist auch: Wenn schwer bewaffnete Kämpfer auf unsere Soldaten schießen, dann muss sich unser Militär wehren." Russlands Außenminister Sergej Lawrow rief Kiew auf, den Militäreinsatz gegen die Bürger zu beenden.
Russland zog laut NATO mehrere Tausend Soldaten aus dem Grenzgebiet zur Ukraine ab. "Die Aktivitäten, die wir beobachten, deuten auf einen langsamen Rückzug der Kräfte hin", sagte ein Offizier, der nicht genannt werden wollte, am Mittwoch. Zehntausende russische Soldaten hielten sich aber weiterhin in dem Gebiet auf und seien in der Lage, kurzfristig eingesetzt zu werden.
Die EU-Staats- und Regierungschefs forderten Moskau zur Kooperation mit Poroschenko auf. "Wir erwarten, dass die Russische Föderation mit dem neu gewählten und legitimen Präsidenten zusammenarbeitet, den Rückzug der Streitkräfte von der ukrainischen Grenze fortsetzt und ihren Einfluss auf die bewaffneten Separatisten nutzt, um die Lage in der Ukraine zu deeskalieren", erklärten sie in der Nacht in Brüssel.
(Quelle: salzburg24)