Unklar blieb zunächst, wie viele Menschen bei dem Gefecht starben und wer dafür verantwortlich ist. Der Schusswechsel ereignete sich an einer provisorischen Kontrollstelle nahe der ostukrainischen Stadt Slawjansk, die von Separatisten kontrolliert wird. Nach Angaben der ukrainischen Behörden kam dabei ein Mensch ums Leben. Die Polizei teilte auf der Internetseite des Innenministeriums mit, dass es außerdem es drei Verletzte gegeben habe. Hintergrund sei ein Zusammenstoß zweier Gruppen von Zivilisten. Die Separatisten und das russische Außenministerium sprachen dagegen von einem Angriff bewaffneter ukrainischer Nationalisten. Diese bestritten energisch jede Beteiligung. Ein Sprecher sagte, vielmehr steckten russische Spezialkräfte hinter dem Überfall.
Ein Separatistenkämpfer sagte, dabei seien in der Nacht auf Sonntag drei seiner Leute getötet und vier verletzt worden. Außerdem seien zwei der Angreifer ums Leben gekommen. Auch russische Staatsmedien berichteten von insgesamt fünf Toten. Zwei Reuters-Reporter sahen vor Ort zwei Leichen auf einem Lkw, eine davon mit Schusswunden am Kopf. Ein Toter habe Kampfmontur getragen, der andere Zivilkleidung. Die örtliche Bevölkerung habe zum Zeichen der Trauer Blumen niedergelegt.
Das russische Außenministerium bezeichnete den Vorfall als "Provokation". Diese zeige den "mangelnden Willen der Behörden in Kiew, Nationalisten und Extremisten im Zaum zu halten und zu entwaffnen". Dem staatlichen russischen TV-Sender Rossija 24 zufolge handelte es sich um einen Überfall auf einen Kontrollpunkt prorussischer Separatisten. Das Ministerium forderte die Ukraine zu einer strikten Umsetzung der Genfer Vereinbarung auf.
In der Stadt Slawjansk verhängte der pro-russische, selbst ernannte Bürgermeister Wjatscheslaw Ponomarew eine Ausgangssperre, die zwischen Mitternacht und sechs Uhr früh gilt. Die Ausgangssperre trete noch am Sonntag in Kraft, sagte Ponomarew. Ein Lautsprecherwagen fuhr am Nachmittag durch die Stadt, um die Ausgangssperre auszurufen.
Außerdem rief Ponomarew den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, Friedenstruppen in die Ostukraine zu schicken, um die Bevölkerung vor "Faschisten" zu schützen. Die Bevölkerung werde durch die rechtsextreme ukrainische Bewegung Prawy Sektor (Rechter Sektor) bedroht. Slawjansk wird seit mehr als einer Woche vollständig von den Aufständischen kontrolliert.
Die Regierung in Kiew hatte angekündigt, die Militäreinsätze gegen die pro-russischen Milizen bis nach den Osterfeiertagen auszusetzen - auch um ihnen Zeit für die Umsetzung der Vereinbarungen von Genf zu geben. Bei dem Außenminister-Treffen hatten am Donnerstag Russland, die USA, die EU und die Ukraine einen Aufruf zum Gewaltverzicht an alle Seiten vereinbart. Außerdem verständigten sie sich auf die Forderung, dass alle dazu nicht befugten Gruppen ihre Waffen abgeben und illegal besetzte Gebäude geräumt werden. Doch Separatisten zeigten sich unbeugsam und harrten in Regierungsgebäuden aus.
Ein kleiner Erfolg wurde aus der Stadt Lugansk vermeldet. Dort konnten drei Menschen mit Maschinengewehren ohne Blutvergießen festgenommen werden, wie Innenminister Arsen Awakow in Kiew mitteilte. In der Stadt Schitomir im Norden des Landes gaben nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes SBU Mitglieder des Rechten Sektors 21 Kisten mit Brandsätzen ab. Die Ultranationalisten waren am Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch im Februar beteiligt. Russland hatte in Genf verlangt, dass auch diese "illegale Kampftruppe der Regierung" entwaffnet werden müsse.
Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nahmen indes erste Gespräche in der ostukrainischen Stadt Donezk auf. Sie sollen die Umsetzung der Genfer Vereinbarung überwachen. Der selbst ernannte Führung in der pro-russischen Hochburg Slawjansk gab an, bereits mit der OSZE-Gruppe in Kontakt getreten zu sein. Details nannte Bürgermeister Ponomarew jedoch nicht.
(Quelle: salzburg24)