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Pleischl lehnt Mandatsverfahren ab

Veröffentlicht: 09. Juni 2014 10:38 Uhr
Werner Pleischl, der neue Leiter der Generalprokuratur, lehnt die geplante Wiedereinführung des Mandatsverfahrens ab. Die Generalprokuratur als "Rechtshüterin" will Pleischl öffentlich stärker positionieren - und hielte es für sinnvoll, das Weisungsrecht im Bereich dieser obersten staatsanwaltlichen Behörde anzusiedeln, wie er im APA-Interview sagte.

Wenn die von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) geplante Reform des Weisungsrechts greift, wird Pleischl selbst wohl nicht mehr im Amt sein. Er geht Ende 2015 in Pension. Und die von Brandstetter eingesetzte Expertengruppe soll ihre Ergebnisse Anfang 2015 vorlegen.

Aber Pleischl will seine eineinhalb Jahre nützen, um die Generalprokuratur bekannter zu machen als jene Behörde, die "auf die richtige Anwendung der Gesetze achtet". Die Generalprokuratur kann beim Obersten Gerichtshof "Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes" einbringen, wenn sie es beispielsweise für falsch hält, "dass Müllmänner, die zu viel Abfall mitgenommen haben, wegen Amtsmissbrauchs verurteilt werden".

Außerdem hielte Pleischl - der schon als Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien in der Expertengruppe saß - die Generalprokuratur bzw. deren Leitung als Weisungsspitze für geeignet. Denn sie sei die oberste staatsanwaltschaftliche Behörde, stehe aber außerhalb des Weisungsgefüges. Auch ein allfälliger Bundesstaatsanwalt könnte sich zumindest des bestehenden Apparats und der Mitarbeiter bedienen.

Prinzipiell ist Pleischl in der Frage, an wen das derzeit vom Justizministerium ausgeübte Weisungsrecht gegenüber den Staatsanwälten übertragen wird, "offen für alles, was vernünftig ist". So verweist er auf seinen früheren Vorschlag, die Leiter und Leiterinnen der vier Oberstaatsanwaltschaften quasi als Weisungssenat zu etablieren. Denkbar wäre wohl auch, den von Brandstetter zunächst vorübergehend eingesetzten Weisenrat zu "institutionalisieren".

Was Pleischl ablehnt, ist eine zu starke Rolle des Parlaments in der Kontrolle: "Das politische Spiel der Mehrheitsuche und des Abtauschs von Forderungen und Zusagen passt nicht zu Kriminalfällen. "Man kann nicht darüber abstimmen, ob jemand angeklagt wird." Fachliche Kontrolle sei unabdingbar, Weisungen ein "wichtiges Führungsmittel, um Gleichheit und Gerechtigkeit herzustellen". Aber die "vermantschte" fachliche und politische Kontrolle müssten getrennt werden. Denn die politische Weisungsspitze sei für die Staatsanwälte - und die Glaubwürdigkeit der Justiz - ein "Klotz am Bein".

Nicht rundum glücklich ist Pleischl mit dem ersten von Brandstetter vorgelegten großen Entwurf, der StPO-Reform. Die Wiedereinführung des Mandatsverfahrens - also eines verkürzten, mit Strafverfügung beendeten Verfahrens ohne Hauptverhandlung - lehnt er ab. Nicht nur den nach viel Kritik vom Minister zurückgenommenen Plan, per Strafverfügung sogar (bis zu einem Jahr) Freiheitsstrafe verhängen zu können, sondern insgesamt, also auch für Geldstrafen. Pleischl hat "grundsätzliche rechtsstaatliche Bedenken": Dass sich der Richter in einer mündlichen Hauptverhandlung ein Bild vom Angeklagten macht, sei ein "zentraler Wert unserer Rechtsordnung", auf den man nicht verzichten dürfe.

Die Diversion - bei deren Einführung das Mandatsverfahren abgeschafft wurde - sei etwas ganz anderes: Sie sei keine Alternative zum Urteil, sondern zur Anklage. Somit treffe der Richter keine Entscheidung über die Schuld und der Betroffene (der sich freiwillig Maßnahmen wie Tatausgleich etc. unterwirft) ist nicht vorbestraft. Im Mandatsverfahren müsste der Verurteilte ein "richtiges" Verfahren selbst beantragen. Übersieht oder versäumt er die Frist, ist er vorbestraft. Außerdem bezweifelt Pleischl, dass das Mandatsverfahren die gewünschten Einsparungen bringt. Zumal - was aber grundsätzlich richtig wäre - jetzt vorgesehen sei, dass bei Einspruch gegen die Strafverfügung ein anderer Richter zuständig ist.

Mit dem ebenfalls im StPO-Paket enthaltenen Zeitlimit für Ermittlungen habe er "zwar keine Freude", könnten die Staatsanwälte aber wohl leben - wobei Pleischl es gut fände, wenn "etwas mehr" als die geplanten drei Jahre vorgesehen würden. Nach dieser Frist sollen Ermittlungen nur mit richterlicher Genehmigung fortgesetzt werden können.

Auch hier bezweifelt Pleischl, dass der angestrebte Zweck erreicht wird - nämlich Verfahren zu beschleunigen. Das Bemühen darum sei anzuerkennen, aber das Probleme liege eher bei den Ressourcen. Zwar sei die Zahl der Staatsanwälte deutlich aufgestockt worden. Aber im Bereich der Oberstaatsanwaltschaft Wien habe man 20 Prozent der Planstellen noch immer nicht besetzen können. Und die vielen jungen Mitarbeiter müssten noch weitere Erfahrungen sammeln. Aber man könne davon ausgehen, dass "die Staatsanwaltschaft von Tag zu Tag besser wird".

Für die Wiener Staatsanwälte war Pleischl bis vor Kurzem als Leiter der OStA zuständig. Vergangene Woche wurde dieser Posten in der "Wiener Zeitung" ausgeschrieben. Bis 11. Juli können sich Interessenten bewerben. Als mögliche Nachfolger Pleischls gehandelt werden die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, Ilse Maria Vrabl-Sanda, die Leiterin der StA Wien, Maria-Luise Nittel, ihr Stellvertreter Gerhard Jarosch und der stv. Leiter der OStA Wien, Michael Klackl.

(Quelle: salzburg24)

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