Die beiden Kampfflugzeuge waren am Vortag abgestürzt - nicht weit von der Stelle, wo vor einer Woche ein malaysisches Passagierflugzeug mit fast 300 Menschen an Bord aufgeprallt war. Solche "Fantasien der Kiewer Verantwortlichen" dienten dazu, die Bevölkerung in die Irre zu führen, erklärte das russische Verteidigungsministerium laut Agentur Interfax zu den Schuldzuweisungen. Ein Sprecher des ukrainischen Sicherheitsrates äußerte sich am Donnerstag zurückhaltender. Kiew beschuldige niemanden. Man untersuche nur alle möglichen Varianten für den Absturz, sagte er.
Die Ukraine hält Russland nicht nur die Versorgung der Separatisten mit schweren Waffen vor, sondern hat den russischen Streitkräften mehrfach auch ein direktes Eingreifen in den Konflikt vorgeworfen. Nach Ansicht der EU tut Russland zu wenig, um die Situation zu deeskalieren und den Absturz aufzuklären. Die EU-Botschafter bereiteten deshalb am Donnerstag in Brüssel neue Sanktionen gegen Moskau vor. Die EU-Kommission legte konkrete Vorschläge vor, die zunächst von den Botschaftern der Mitgliedsländer beraten werden. Eine Entscheidung dürfte aber erst bei der nächsten Botschaftersitzung Dienstag kommender Woche fallen.
Die ukrainische Armee teilte mit, die Rebellen im Osten des Landes seien weitgehend in ihre zwei Hochburgen Donezk und Luhansk zurückgedrängt worden. Positionen außerhalb der Städte, etwa in Dörfern und Vororten, würden verlassen, teilte das Militär mit. Dies stärke die eigenen Angriffs- und Verteidigungspositionen. Panzerfahrzeuge würden rund um die Städte Donezk, Horliwka und Ilowaisk in Stellung gebracht.
In der Nacht war im Süden und im Nordwesten der von den Rebellen gehaltenen Stadt Donezk erneut Artilleriefeuer zu hören. Durch Schäden an Dutzenden von Umspannstationen fiel in mindestens einem Stadtviertel der Millionenstadt der Strom aus. Zudem sei die wichtigste Wasserzuleitung erneut beschädigt worden, teilte die Gebietsverwaltung am Donnerstag mit. "Die Wasservorräte für anderthalb Millionen Einwohner von Donezk und Makejewka reichen nur für wenige Tage", hieß es in einer Mitteilung.
Internationale Journalisten-Organisationen riefen indes die prorussischen Separatisten der nicht anerkannten "Volksrepublik Donezk" zur Freilassung festgehaltener Reporter auf. In der vergangenen Woche seien rund zehn Korrespondenten in der Region gefangen genommen worden, beklagte die Organisation "Reporter ohne Grenzen" am Donnerstag. Einige davon seien offenbar noch nicht wieder auf freiem Fuß.
Am Dienstag etwa sei ein freier Mitarbeiter des amerikanischen TV-Senders CNN entführt worden. Auch ein britischer Reporter, der oft für den russischen Sunder Russia Today arbeite, sei seit seinem Verschwinden am Dienstag nicht auffindbar.
"Die journalistische Berichterstattung über den Konflikt in der Ostukraine ist unerlässlich für die Öffentlichkeit, um Zugang zu Informationen zu bekommen", erklärte die Organisation. Sie beklagte, dass die Separatisten die Berichterstattung unter dem Deckmantel des angeblichen Schutzes für Journalisten zensierten.
Auch das New Yorker Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) rief zur sofortigen Freilassung der Medienvertreter auf. "Entführungen und Gefangennahmen von Journalisten und andere Verstöße gegen die Pressefreiheit geschehen in schwindelerregendem Tempo in der Ostukraine", sagte ein CPJ-Mitarbeiter laut einer Mitteilung. Versuche, die Medien zu zensieren, behindern und einzuschüchtern, müssten unterlassen werden.
Unterdessen landeten zwei Militärmaschinen mit weiteren Opfern des Flugzeugabsturzes in der Ostukraine in den Niederlanden. Die niederländische Hercules-Maschine und ein australisches Frachtflugzeug landeten mit insgesamt 74 Särgen an Bord am Donnerstag in Eindhoven. Am Vortag waren die ersten 40 Todesopfer der Katastrophe in den Niederlanden eingetroffen.
Nach einer kurzen Zeremonie und einer Schweigeminute sollten die Särge von Soldaten aus den Flugzeugen getragen werden. 74 Leichenwagen sollten anschließend in einer langen Kolonne in das rund 100 Kilometer entfernt liegende Hilversum bei Amsterdam gefahren werden. Dort sollen die Leichen identifiziert werden. Bei dem Absturz der Boeing von Malaysia Airlines am vergangenen Donnerstag waren 298 Menschen getötet worden, die meisten von ihnen Niederländer.
Der niederländische Außenminister Frans Timmermans traf am Donnerstag mit seiner australischen Kollegin Julie Bishop in Kiew ein, um das weitere Vorgehen zu beraten. Die Niederlande und Australien bereiten nach Medienberichten eine Resolution für den UN-Sicherheitsrat vor, um den Einsatz einer bewaffneten Einheit in dem Katastrophengebiet zu ermöglichen.
Der niederländische Sicherheitsrat, der die internationale Untersuchung des Absturzes leitet, forderte ungehinderten Zugang zur Unglücksstelle. Ermittler könnten auch eine Woche nach dem mutmaßlichen Abschuss der Boeing von Malaysia Airlines noch immer nicht zu der Stelle, da ihre Sicherheit nicht gewährleistet sei. Allerdings durften Beobachter der OSZE sowie Experten aus Malaysia und Australien am Donnerstag die Unglücksstelle besuchen und die Lage von Wrackteilen dokumentieren.
Die Ukraine und der Westen verdächtigen die Separatisten, die Maschine abgeschossen zu haben. Russland und die Aufständischen haben den Verdacht dagegen auf das ukrainische Militär gelenkt. Russland forderte die Ukraine und USA zur Veröffentlichung ihrer Beweise auf. Es gebe bisher keinen einzigen Beleg für die behauptete Beteiligung der prorussischen Separatisten am Absturz der Boeing, kritisierte Vize-Verteidigungsminister Anatoli Antonow. Es werde zwar immer wieder auf Erkenntnisse der US-Geheimdienste und auf Satellitenfotos verwiesen, die einen Raketenstart von dem Konfliktgebiet aus belegen sollen, sagte Antonow. "Aber wo sind diese Beweise?", fragte der Militärfunktionär im russischen Staatsfernsehen.
Der einflussreiche Rebellenkommandant in der Ostukraine, Alexander Chodakowski, der am Mittwoch in einen Reuters-Interview eingeräumt haben soll, dass die Separatisten zeitweise über ein BUK-Luftabwehrsystem verfügt hätten, dementierte dies am Donnerstag gegenüber dem Staatsfernsehsender "Russia Today" wieder: "Ich habe keine Kenntnis davon, dass die Aufständischen eine solche Waffe besitzen", sagte er.
(Quelle: salzburg24)