Sollte Berlusconi unter Hausarrest gestellt werden, wird er selber entscheiden können, in welcher seiner Residenzen er den Hausarrest absitzen will. Unter Hausarrest wird er keine Interviews geben und Beziehungen zu Personen außerhalb seines Familienkreises unterhalten dürfen.
Nach dem am Donnerstag gefällten definitiven Urteil wegen Steuerbetrugs im sogenannten Mediaset-Prozess wird das Kassationsgericht in Rom der Mailänder Staatsanwaltschaft per Post offiziell die Strafe gegen Berlusconi mitteilen. Ab dem 15. September hat Berlusconi einen Monat Zeit, um Sozialdienst oder Hausarrest zu beantragen. Darüber wird ein Mailänder Gericht entscheiden. Dies bedeutet, dass Berlusconi voraussichtlich nicht vor Mitte Oktober unter Hausarrest kommen wird. Das Gericht wird entscheiden, an welche Regeln sich Berlusconi halten muss. Solange er noch im Parlament sitzt, könnte ihm erlaubt werden, an Parlamentssitzungen teilzunehmen. Berlusconi hatte am Wochenende betont, er werde soziale Dienste nicht akzeptieren, da er kein "Verbrecher" sei, der umerzogen werden müsse.
Sobald die Mailänder Staatsanwaltschaft die Urteilsverkündung erhält, wird die Polizei Berlusconi seinen Pass entziehen, um seine Flucht ins Ausland zu verhindern. Da der Medienzar als Expremier auch über einen Diplomatenpass verfügt, wird er diesen dem Außenministerium abgeben müssen.
Der Senat wird jetzt darüber abzustimmen haben, ob Berlusconi wegen seiner rechtskräftigen Verurteilung ab sofort seinen Parlamentariersitz verliert. Die Senatsabstimmung dazu könnte sich aber noch Wochen oder Monate hinziehen. Sollte sich der Senat, in dem Berlusconis Mitte-rechts-Kraft "Volk der Freiheit" die zweitstärkste Partei ist, gegen seinen Ausschluss aus dem Parlament aussprechen, könnte der Mailänder Fernsehunternehmer weiterhin seinen Sitz bewahren. Ab sofort darf Berlusconi jedoch nicht an Wahlen teilnehmen. Laut einem von der Regierung Monti verabschiedeten Gesetz dürfen sich nämlich keine Kandidaten an Wahlen beteiligen, wenn sie rechtskräftig zu mehr als zwei Jahren Haft verurteilt wurden.
Den wirklich entscheidenden Teil des Urteils der Kassationsrichter, nämlich dass Berlusconi fünf Jahre lang kein öffentliches Amt ausüben darf, hat das höchste Gericht wegen eines Formalfehlers an die Berufungsinstanz in Mailand zurückverwiesen. Die Folge: Das Mailänder Berufungsgericht muss jetzt den Beginn eines neuen Prozesses ansetzen, bei dem über Berlusconis Ämterverbot entschieden werden soll. Das Verfahren könnte auch nur einen einzigen Tag dauern. Sollte Berlusconi zum Ämterverbot verurteilt werden, wird er nicht mehr im Parlament sitzen und keinerlei Kontakte zur öffentlichen Verwaltung pflegen dürfen. Dabei ist Berlusconis Mediaset Eigentümer von TV-Lizenzen.
Trotz der schweren Niederlage geben sich Berlusconis Rechtsanwälte nicht geschlagen. Sie planen den Gang zum Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg, da ihr Mandant ihrer Ansicht nach Opfer einer "Justizverfolgung" sei. Sie hoffen somit, das Urteil des Kassationsgerichts aufheben zu können .
(Quelle: salzburg24)