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"Vatermörder" Mathias Illigen in Salzburg: Lesung aus "Ich oder Ich"

Veröffentlicht: 22. November 2012 18:24 Uhr
Autor Mathias Illigen hat tatsächlich seinen Vater erschlagen. "Ich oder Ich" heißt sein Roman, aus dem er am Mittwoch, beim "Open Mind Festival" in der Salzburger ARGEkultur gelesen hat.
Lilli Zeilinger

In einem Anfall von paranoider Schizophrenie tötete Illigen seinen Vater. Er gilt jetzt als geheilt und hat die dunkelsten Seiten seines Lebens in einem Tatsachenroman verarbeitet. "Ich oder Ich" heißt dieses Buch, aus dem der ehemalige Student der Philosophie und Kulturwissenschaften am Mittwoch, beim "Open Mind Festival" in der Salzburger ARGEkultur gelesen hat. Begleitet wurde der Autor von Tania Saedi, die ihre alten Songs live am Klavier begleitet hat.

Illigen: „Gigantischer Zusammenbruch meines Gedankenbildes“

Peter Sloterdijk spielt eine zentrale Rolle im Leben von Mathias Illigen. Vom Podium herab spricht der Star-Philosoph nur noch zu ihm, dem Studenten der Philosophie. Die Unerreichbarkeit von dessen universellen Wahrheiten treibt den Studenten Illigen in Machtspielchen gegen diese Überfigur und seine Assistenten. "Die große Schlacht um die Seele" beginnt, Illigen driftet Schritt für Schritt hinein in die Paranoia, in der es plötzlich nur so wimmelt von "Fratzen und Satanisten". Und telepathischer Überwachung durch Nazis und asiatische Kämpfer. Viren töten Seelen und läuten die Apokalypse ein, die selbst der Papst persönlich nicht zu stoppen weiß. "Erst vor dem Richter kam mit der Verdacht, dass ich mir das alles nur eingebildet haben könnte", erzählt Illigen. "Und das war ein gigantischer Zusammenbruch meines Gedankengebildes."

Als „nicht schuldfähig“ attestiert

Die Bluttat selbst hat Illigen bei seiner Lesung ausgespart. Aber dem Weg zurück räumte er Platz ein. Den Patienten-Kollegen in den Anstalten, den psychiatrischen Tests, den Anwälten, Juristen und Gutachtern wie Reinhard Haller, die bei dem in Vorarlberg geborenen und katholisch erzogenen Autor "nicht schuldfähig" attestierten. Anders als die Verwandten des toten Vaters. "Die glauben, dass ich einfach ausgerastet bin, mich dann geschickt benommen habe und am Ende gut davon gekommen bin." Also "Ich oder Ich, oder doch nicht Ich".

Betroffenheit in Lesung spürbar

Rhetorisch hat Illigen bei dieser Lesung nicht geglänzt. Aber die Authentizität und die Glaubwürdigkeit seines Auftritts wiegen deutlich mehr und betrafen jeden im Roten Salon der ARGEkultur. Zusätzlich Abgründiges hat Tania Saedi zu dieser Lesung beigesteuert. Die "Electronic-Sängerin" verzichtete diesmal auf alles Beiwerk und begleitete sich schlicht und eindringlich am Klavier. Die Texte waren leider auf Englisch und damit inhaltlich gut versteckt. Aber die emotionale Kraft ihrer Stimme und die Raffinesse ihre überwiegend alten Songs verdichteten sich mit Mathias Illigens literarisch verarbeiteter Lebensgeschichte zu einer "Vorstellung", mit der jeder im Publikum eine Zeit lang beschäftigt sein wird. (APA)

(Quelle: salzburg24)

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