Im Zuge der Ausschreitungen nach einem Fußballspiel von Ajax Amsterdam gegen Maccabi Tel Aviv in der Europa League sind zehn Personen in Gewahrsam genommen wurden. Fans von Maccabi seien von "antisemitischen Schlägertrupps" angegriffen wurden, sagte die Amsterdamer Bürgermeisterin Femke Halsema am Freitag. Offiziellen israelischen Angaben zufolge wurden zehn Menschen verletzt. Zudem bestehe kein Kontakt zu drei israelischen Fußballfans, teilte Israels Außenministerium mit.
Unklar, ob israelische Fans vermisst
Die Betroffenen gelten aber nicht zwangsläufig als vermisst. So könnten etwa die Handys der Betroffenen gestohlen worden sein oder aus technischen Gründen nicht funktionieren. Zuvor hatte das Außenministerium mitgeteilt, dass drei Israelis als vermisst gelten. Die Behörde meldete unter Berufung auf die niederländische Polizei sowie Bürgermeisterin Halsema zudem, dass inzwischen alle verletzten Israelis aus dem Krankenhaus entlassen worden seien.
Die Polizei teilte weiters mit, dass sie auch Berichten über eine mögliche Geiselnahme und über vermisste Personen nach den Angriffen auf die Fans der israelischen Mannschaft nachgehe, konnte dies aber nicht bestätigen. "An mehreren Stellen in der Stadt wurden Fans belagert, misshandelt und mit Feuerwerkskörpern beworfen", erklärte Bürgermeisterin Halsema. Sie verurteilte dieses "antisemitisches Verhalten". Die Behörden rufen alle Opfer auf, sich bei der Polizei zu melden und Anzeige zu erstatten.
Ausreise per Flugzeug nach Israel ermöglicht
Israelis könnten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Flughafen reisen, wo Flüge nach Israel bereitgestellt würden, so das Außenministerium. Örtliche Sicherheitskräfte seien im Einsatz. Das Außenministerium riet zugleich, keine jüdischen oder israelischen Symbole zu tragen. Die israelische Fluggesellschaft El Al teilte mit, um 14 Uhr Ortszeit starte ein erster Rettungsflug aus Amsterdam Richtung Israel. Zudem seien im Anschluss noch zwei weitere reguläre Flüge nach Tel Aviv geplant. Hunderte israelische Fans sollen auf diesem Wege nach Hause gebracht werden.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu rief die niederländischen Sicherheitskräfte auf, entschlossen gegen Gewalttäter vorzugehen und die Sicherheit der israelischen Fußballfans zu gewährleisten. Nach Angaben der Polizei gab es nach dem Spiel, das Ajax mit 5:0 gewann, an mehreren Orten im Zentrum der niederländischen Hauptstadt Unruhen - wobei nicht näher erläutert wurde, von welcher Seite die Gewalt ausging.
Geplanter Angriff auf Fan-Hotel
Israels Diaspora-Ministerium habe im Vorfeld über Pläne Bescheid gewusst, einen bestimmten israelischen Fan zu verletzen, der für den israelischen Grenzschutz arbeiten soll, meldeten indes israelische Medien. Gleiches gelte für einen geplanten Angriff auf ein Hotel, in dem israelische Fußballanhänger übernachtet haben. Die niederländischen Behörden seien darüber informiert worden.
Zudem rechnete das Diaspora-Ministerium den Berichten zufolge auch mit einem gewalttätigen Protest vor Beginn des Fußballspiels vor der Johan-Cruijff-Arena, den die Stadtverwaltung eigentlich verboten hatte. Auch diese Erkenntnis sei mit den Niederlanden geteilt worden. Etwa 200 Demonstranten hatten nach Angaben der niederländischen Polizei am Donnerstagabend versucht, zu der Spielstätte zu gelangen. Die Stadtverwaltung bestimmte einen anderen Ort in der Nähe für die Kundgebung.
Bestürzen nach Gewaltszenen in Amsterdam
Israelische Politiker zeigten sich wegen der Gewalttaten bestürzt. "Mit Grauen sehen wir heute Morgen die schockierenden Bilder und Videos, von denen wir seit dem 7. Oktober gehofft haben, sie nie wieder zu sehen: ein antisemitisches Pogrom gegen Fans von Maccabi Tel Aviv und israelische Bürger im Herzen von Amsterdam", schrieb Israels Präsident Yitzhak Herzog auf der Plattform X. "Dies ist ein schwerwiegender Vorfall, ein Warnsignal für jedes Land, das die Werte der Freiheit hochhalten möchte", schrieb Herzog weiter.
Der israelische Außenminister Gideon Saar schrieb eben dort: "Nach den schwerwiegenden Vorfällen stehen wir mit den Behörden in den Niederlanden in Kontakt. Jeder Israeli oder Jude, der sich derzeit in Not befindet oder Informationen zu den Gewalttaten hat, wendet sich bitte an das Lagezentrum." Saar kündigte zudem an, nach Amsterdam reisen zu wollen. Er wolle hochrangige Vertreter der niederländischen Regierung treffen, darunter seinen Amtskollegen, teilte das israelische Außenministerium mit. Saar werde dabei die Bedeutung des Kampfes gegen Antisemitismus betonen. Den Angaben nach wird sich der israelische Außenminister auch mit Mitgliedern der jüdischen Gemeinde vor Ort treffen.
Auch niederländische Politiker waren entsetzt. Ministerpräsident Dick Schoof verurteilte auf X diese "inakzeptablen antisemitischen Angriffe auf Israelis". Er habe inzwischen mit Netanyahu telefoniert. Er sagte dem Land alle Unterstützung zu. Der radikal-rechte niederländische Populist Geert Wilders sprach auf X von einer Jagd auf Juden. "Ein Pogrom in den Straßen von Amsterdam. (...) Muslime mit palästinensischen Flaggen jagen Juden."
Nehammer und Edtstadler verurteilen Vorfälle
Bundeskanzler Karl Nehammer und Europaministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP) verurteilten die Vorfälle auf X scharf. "Wir verurteilen antisemitische Gewalt aufs Schärfste, wo immer sie auftritt - insbesondere, wenn sie im Rahmen eines Sportereignisses stattfindet, das Menschen zusammenbringen soll. In diesen Tagen werden wir noch stärker an unsere historische Verantwortung erinnert, Hass gegen Juden nie wieder die Oberhand gewinnen zu lassen", schrieb Nehammer. "Wir dürfen beim Kampf gegen Antisemitismus auf keinem Auge blind sein", forderte Edtstadler. "Gegen Szenen wie gestern Nacht muss Europa geschlossen vorgehen. So etwas hat bei uns keinen Platz!", so die Europaministerin.
Auch die Europäische Fußball-Union UEFA verurteilte die "Gewalttaten" in Amsterdam "aufs Schärfste". "Wir vertrauen darauf, dass die zuständigen Behörden so viele Verantwortliche wie möglich für diese Aktionen identifizieren und anklagen werden", heißt es in einer UEFA-Stellungnahme weiter: "Die UEFA wird alle offiziellen Berichte prüfen, verfügbare Beweise sammeln, diese auswerten und weitere geeignete Maßnahmen entsprechend ihres Regelwerks prüfen."
"Die erschütternden Bilder dieses Pogroms erinnern eindringlich an die anhaltende Bedrohung, die der Antisemitismus für unsere Gemeinschaften darstellt", teilte die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem mit. Kurz vor dem Jahrestag der November-Pogrome des Jahres 1938 sei es zutiefst alarmierend, weitere Gewalttaten gegen Juden zu erleben. Die Gedenkstätte sprach von einem "grundlosen Angriff auf Juden".
(Quelle: apa)