Sport

Reini Herbst: "Es müssen alle 20 Zwetschgen zusammenpassen"

Am frühen Montagmorgen ging es für Reinfried Herbst Richtung Sotschi.
Veröffentlicht: 17. Februar 2014 11:10 Uhr
Obwohl es um Skistar Reinfried Herbst in letzter Zeit etwas stiller geworden ist, machte sich der Unkener Montagfrüh zuversichtlich auf den Weg nach Sotschi. Im Interview mit SALZBURG24 sprach der Silbermedaillengewinner von Turin und Slalomweltcupsieger von 2010 zuvor noch über die Olympischen Spiele, warum am Tag X alles passen muss und wieso er vielleicht doch noch eine Saison dranhängen wird.
Andre Stadler

Um Punkt 8.20 Uhr setzte sich Reinfried Herbst Montagfrüh in den Charter am Salzburger Flughafen, von wo es für den 35-Jährigen über Wien zu seinen letzten Olympischen Spielen nach Sotschi ging. Wir von Salzburg24 haben den Silbermedaillengewinner von Turin davor zum Interview getroffen.

 

Herr Herbst, nun wird es für Sie langsam ernst. Mit welchem Ski und welchem Gefühl fliegen Sie jetzt nach Sotschi?

Herbst: "Also grundsätzlich habe ich ein gutes Gefühl, was das Material anbelangt. Ich weiß auch, welchen Ski ich bei welchem Schnee fahren werde. Wir gehen davon aus, dass in Sotschi frühlingshafte Bedingungen herrschen werden und viel mit Salz gearbeitet wird. Deshalb ist es sehr wichtig, dass ich mich technisch sehr gut darauf einstelle. In St. Anton habe ich noch einmal ordentlich trainiert und einen neuen Ski ausprobiert, der mir genau in dieser Situation hilfreich sein sollte."

 

Sie waren heuer ja sehr konstant, hatten keinen Ausfall und Ergebnisse um den zehnten Platz. Wie zuversichtlich sind Sie, dass es in Sotschi noch ein paar Plätze nach vorne geht?

Herbst: "Natürlich muss ich wieder Gas geben. Nur darf man nicht vergessen, dass ich mit heuer schon mit sehr schwerem Rücken Zehnter geworden bin. In Kitzbühel und auch in Val D'Isere haben mir nur gröbere Fehler das Podest gekostet. Ich brauche deshalb gar nichts anderes zu tun als in der bisherigen Saison, und einfach meine Geduld bewahren und ruhig bleiben. Meine Schwünge sind schnell, sonst kann man nicht mit solchen Fehlern und auf dem Niveau Zehnter werden. Durch die Bank gibt es mehr Medaillengewinner, die nicht in der Saison auf dem Podest waren, als umgekehrt. Also von der Seite ist mir die Rolle gar nicht so unrecht (lacht)."

 

Also Sie trauen sich als Außenseiter eine Medaille durchaus zu?

Herbst: "Ja auf jeden Fall. Es gibt Abschnitte, wo ich heuer schon der Schnellste war, auch auf schwierigen Hängen. Von der Seiten her ist sicher viel drinnen. Aber es muss auch viel zusammenpassen. Wenn ich meine Chance aufrechterhalten will, muss ich meine Maximalleistung abrufen. Und am Tag X muss dann sowieso alles zusammenpassen. Da kannst du von keinem Sieg und Podestplatz in der Saison etwas mitnehmen, weil Olympia ist eigenes Rennen, mit seinen eigenen Gesetzen. Und wenn es das tut, so kann es genauso bei mir funktionieren."

 

Was steht in Sotschi noch auf dem Programm bis zum Rennen am Samstag, die Strecke kennen Sie bislang ja nur aus Videos?

Herbst: "Weil mein Gepäck erst später geliefert wird, werde ich am Dienstag noch einen skifreien Tag machen und mich körperlich auf das Rennen vorbereiten. Am Mittwoch werde ich dann ein erstes Schneetraining machen, und versuchen mich gut auf die Bedingungen einzustellen. Und am Freitag werde ich dann noch einmal trainieren, weil ich das immer so handhabe, dass ich einen Tag vor dem Rennen noch ein Training mache. Zum einen für die Spannung und zum anderen, weil ich am zweiten Tag auf Schnee immer meine besten Schwünge und Läufe gefahren bin."

 

Jetzt haben Sie ja seit Schladming (28.1., Anm.) kein Rennen mehr bestritten. Wie schwierig ist es dann, bei Olympia sofort wieder in den Rennmodus einzusteigen?

Herbst: "Nein, das ist grundsätzlich kein Problem. Natürlich wäre ich gerne den Europacup in Oberjoch gefahren, um etwas in den Rennrhythmus zu kommen. Aber die Bedingungen waren einfach zu schlecht, als dass es mir viel gebracht hätte. Viel wichtiger ist, dass ich in den letzten Tagen gut trainiert habe und gesehen habe, dass es passt. Demnach ist diese Pause nicht wirklich ein Problem. Auch im November und Dezember gibt es im Weltcup ja jeweils nur ein Rennen im Monat, von dem her kenne ich das zur Genüge."

 

Sie kennen die Situation bei Olympia dabei zu sein, kann man in diesem Rennen noch mit Taktik fahren, oder geht es einfach um alles oder nichts?

Herbst: "Bei uns im Slalom ist es so, dass jeder immer alles gibt. Wenn man glaubt, man kann hier und da noch ein paar Prozente verstreuen, dann wird es nicht reichen. Man kann sich am Start viel vornehmen, wenn an dem Tag nicht alle Komponenten zusammenspielen, wird es schwierig. Angefangen von den körperlichen Voraussetzungen, über Schneebedingungen, bis hin zu Piste, Nummer und Material. Selbst der, der an dem Tag gewinnt, steht nicht immer in der früh auf und sagt, er hat es schon gespürt. Deshalb hoffe ich, dass bei mir alle 20 Zwetschgen zusammenpassen und dann schauen wir."

 

Ein Medaille haben Sie ja bereits zuhause hängen, was hat die Medaille für Sie persönlich verändert?

Herbst: "Als Sportler verändert es nicht wirklich viel, aber als Person selber war mir der Stellenwert einer olympischen Medaille im vornhinein nicht bewusst. Das merkst du erst, wenn du sie rumhängen hast, in den Tagen oder Jahren danach. Vielleicht erst bei den nächsten Spielen. In Vancouver wurde mir erst bewusst, wie viel eigentlich zusammenpassen muss. Als Grünschnabel hast du da vielleicht sogar kleine Vorteile, wenn du dir dessen nicht bewusst bist. Aber wenn du schon eine hast, kannst du sagen, du hast schon eine und jetzt schaust du, dass noch eine dazukommt. Genau aus der Position möchte ich schauen, dass nicht nur eine alleine daheim hängt."

 

Sie haben ja auch schon den Slalomweltcup gewonnen. Was bedeutet Ihnen mehr, die Medaille oder die Kugel?

Herbst: "Als Sportler bei Olympia teilzunehmen ist sicherlich das größte Ziel, den sportlichen Erfolg stelle ich allerdings in Frage. Vielleicht für die öffentliche Aufmerksamkeit sind die olympischen Spiele das Highlight schlechthin, bei mir steht die Medaille aber an zweiter Stelle hinter der Slalomkugel, wenn es rein um das Sportliche geht. Was ich tief in meinem Herzen drinnen habe als Sportler. Eine Slalomkugel zu holen ist für mich sportlich höher zu stellen, weil ich über die ganze Saison gut sein muss. Viele haben hier eine andere Ansicht, weil sie sagen, an dem Tag musst du deine Leistung abrufen. Da lässt sich drüber streiten. Bei mir ist es aber definitiv so, dass die Kugel ganz oben steht und dann die Medaille, was aber nicht heißt, dass ich die Chance auf Edelmetall nicht nutzen möchte."

 

Jetzt haben Sie ja viele Höhepunkte in Ihrer Karriere erlebt, aber genauso viele, wenn nicht sogar mehr Tiefschläge. Was hat Sie immer wieder motiviert weiterzumachen?

Herbst: "In den frühen Jahren ist es vor allem mental wirklich extrem schwer, wenn die Erfolge noch nicht so da sind und dann noch Tiefschläge wie Verletzungen dazukommen. Wenn du dann aber im Weltcup bist und den einen oder anderen Erfolg hast, ist es nicht mehr ganz so schwer. Ich hatte neun Knieoperationen und bin froh, dass ich immer so eine Unterstützung bekommen habe, von Freunden, Familie, Ärzten. Von dem her gibt es nicht mehr viele, die danach noch auf so einem Niveau mitkämpfen können. Aber das ist auch keine Ausrede, wenn ich am Start bin, spielt das keine Rolle."

 

Speziell nach der Nichtnominierung für Schladming, war Olympia Ihr großer Anreiz es noch einmal allen zu zeigen?

Herbst: "Ja genau so ist es. Natürlich war es für mich schwer nachvollziehbar, aber wegen dem geht die Welt nicht unter und nach drei Tagen war das für mich abgeschlossen. Da war es für mein Umfeld fast schwieriger. Ich selber habe relativ schnell voraus geschaut und im Februar schon angefangen neues Material zu testen. Ich bin dann beim Material auf einiges draufgekommen und habe den Fokus sofort auf die neue Saison gelegt."

 

Reinfried, vor zwei Jahren haben Sie gesagt, dass nach Sotschi definitiv Schluss sein wird. Werden wir Sie im kommenden Winter also nicht mehr auf den Weltcup-Pisten sehen?

Herbst: "Das lasse ich mir ehrlich gesagt noch offen. Wie es im Moment aber ausschaut und wie sich die Saison bisher entwickelt hat, dass ich so konstant bin und noch immer schnelle Schwünge fahren kann, bin ich auf dem Weg, dass ich ein Karriereende schon noch einmal überdenke. Aber das werde ich definitiv nach der Saison entscheiden. Es kann durchaus sein, dass diese Saison nicht meine letzten Rennen sein werden."

Bildergalerien

(Quelle: salzburg24)

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