Dass der Nationalrat heuer neu gewählt wird, das steht fest. Die Frage ist allerdings, wann die Österreicherinnen und Österreicher den Gang zur Wahlurne antreten werden. Der reguläre Termin für die Nationalratswahl ist im Herbst, denn im Jahr 2019 wurde am 29. September gewählt. Daneben wartet das "Superwahljahr" 2024 mit zahlreichen Urnengängen auf: Neben der Salzburger Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl im März findet heuer die EU-Wahl statt und im Herbst stehen Landtagswahlen in Vorarlberg und der Steiermark an.
Gerüchte um eine vorgezogene Nationalratswahl kursieren schon seit Monaten. Nun wurde sowohl in mehreren Oppositionsfraktionen, als auch in Regierungskreisen ein Zusammenlegen mit der EU-Wahl am 9. Juni als Möglichkeit genannt. Laut Innenministerium sei ein Zusammenlegen von EU- und Nationalratswahl "rechtlich möglich". Für eine vorgezogene Nationalratswahl vor dem Sommer wäre fristgemäß ein Neuwahlbeschluss bis spätestens Anfang März erforderlich. Grundsätzlich ist dafür zunächst eine Mehrheit im Plenum erforderlich, die eine vorzeitige Auflösung des Parlaments beschließt und einen Neuwahlbeschluss fasst. Vom Neuwahlbeschluss bis zur Wahl dauert es rund drei Monate.
Der langjährige Leiter der Wahlabteilung, Robert Stein, meinte zuletzt, dass ihm wahrscheinlich "20 gute Gründe" einfallen würden, die gegen eine Zusammenlegung sprächen. Die Gefahren, dass Fehler passieren, wären "extrem groß", so Stein, der erst seit kurzem im Ruhestand ist.
Zuletzt hatte sich Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) gegen eine vorgezogene Nationalratswahl ausgesprochen.
Vorgezogene Neuwahl durch "Ibiza-Affäre"
In der Zweiten Republik haben die Nationalratswahlen bislang weitgehend planmäßig stattgefunden. Das letzte bemerkenswerte Ereignis, das zu einer Verschiebung führte, war die vorgezogene Wahl im Jahr 2019.
Bei der "Ibiza-Affäre", die im Mai 2019 ans Licht kam, ging es um ein heimlich aufgenommenes Video aus dem Jahr 2017, in dem der damalige FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache sowie Johann Gudenus in einer Villa auf Ibiza zu sehen waren. Das Video zeigte, wie Strache scheinbar bereit war, auf Korruption basierende politische Gefälligkeiten gegenüber einer vermeintlichen russischen Investorin im Austausch für Wahlkampfunterstützung anzubieten.
Die Veröffentlichung des Videos führte zum Rücktritt Straches und zum Auseinanderbrechen der türkis-blauen Koalition. Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einigten sich daraufhin auf Neuwahlen. Brigitte Bierlein, zuvor Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs, wurde schließlich zur Übergangskanzlerin (3. Juni 2019 bis 7. Jänner 2020, Anm.) einer sogenannten Expertenregierung ernannt, um die Regierungsgeschäfte bis zur Bildung einer neuen Regierung nach den vorgezogenen Wahlen im Herbst 2019 zu führen. Bierleins Ernennung war das erste Mal in der Geschichte Österreichs, dass eine Frau das Bundeskanzleramt innehatte.
Vorgezogene Nationalratswahlen in Österreich
Vorgezogene Nationalratswahlen wurden meist durch politische Entwicklungen wie Koalitionsbrüche, Regierungsumbildungen oder strategische Entscheidungen der regierenden Parteien ausgelöst – hier ein Blick in die Geschichte Österreichs.
- Nationalratswahl 2008 wurde vorgezogen, nachdem die große Koalition aus SPÖ und ÖVP im Sommer 2008 zerbrochen war.
- Nationalratswahl 2002 Wahl wurde vorgezogen, nachdem die ÖVP-FPÖ-Koalition unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel nach internen Spannungen in der FPÖ aufgelöst wurde.
- Nationalratswahl 1999 wurde vorgezogen, nachdem die große Koalition aus SPÖ und ÖVP unter Bundeskanzler Viktor Klima zerbrochen war.
- Nationalratswahl 1995 wurde vorgezogen, nachdem die große Koalition aus SPÖ und ÖVP gescheitert war.
- Nationalratswahl 1994 wurde vorgezogen, nachdem die SPÖ-ÖVP-Koalition unter Bundeskanzler Franz Vranitzky aufgrund interner Spannungen und politischer Differenzen zerbrochen war.
- Nationalratswahl 1986 fand nach dem Zerfall der SPÖ-FPÖ-Koalition und dem Rücktritt von Bundeskanzler Fred Sinowatz statt.
- Nationalratswahl 1983 wurde nach dem Ende der SPÖ-Alleinregierung unter Bruno Kreisky vorgezogen, als er nach einer Reihe von Skandalen zurücktrat und Fred Sinowatz sein Nachfolger wurde.
- Nationalratswahl 1979 wurde vorgezogen, in der die SPÖ unter Bruno Kreisky ihre absolute Mehrheit weiter festigen konnte.
- Nationalratswahl 1975 wurde vorgezogen, da Bundeskanzler Bruno Kreisky nach dem Gewinn der absoluten Mehrheit in der Wahl 1971 seine Mehrheit weiter ausbauen wollte.
- Nationalratswahl 1971 wurde vorgezogen, nachdem die SPÖ-Alleinregierung unter Bundeskanzler Bruno Kreisky beschlossen hatte, eine absolute Mehrheit anzustreben.
- Nationalratswahl 1966 wurde vorgezogen, nachdem die SPÖ-ÖVP-Koalition unter Bundeskanzler Josef Klaus zerbrochen war.
- Nationalratswahl 1953 wurde vorgezogen, nachdem die große Koalition aus ÖVP und SPÖ im Jahr 1952 zerbrochen war.
(Quelle: salzburg24)