Erste Regierungschefin

Ex-Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein ist tot

Veröffentlicht: 03. Juni 2024 15:37 Uhr
Die erste österreichische Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein ist heute verstorben. Die frühere Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs wurde 74 Jahre alt.

Österreichs erste Kanzlerin, Brigitte Bierlein, ist tot. Wie der Verfassungsgerichtshof, dem Bierlein rund 16 Jahre angehörte, mitteilte, erlag sie kurz vor ihrem 75. Geburtstag einer kurzen schweren Erkrankung. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zeigte sich in einer ersten Reaktion auf X (ehemals Twitter) "erschüttert" von Bierleins Tod. Das Lebenswerk der Juristin und Politikerin sei "einzigartig wie höchst beeindruckend". Als erste Bundeskanzlerin Österreichs sei sie ein leuchtendes Beispiel für Selbstbestimmung, Gleichberechtigung und den Durchbruch der gläsernen Decke. Nehammer würdigte, dass Bierlein in einer schwierigen Phase Verantwortung aus Liebe zu ihrer Heimat übernommen habe: "Unser Land ist ihr zu großem Dank verpflichtet."

Von VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter hieß es, der Verfassungsgerichtshofs verliere eine unparteiliche ehemalige Präsidentin und einen hochgeschätzten Menschen, Österreich eine entschlossene Verfechterin des Rechtsstaats.

Wer war Brigitte Bierlein?

Brigitte Bierlein, geboren am 25. Juni 1949 in Wien, war eine österreichische Juristin und Politikerin. Die Tochter eines Beamten und einer Künstlerin verschrieb ihre Karriere der Justiz. Dabei hatte sie dereinst sogar überlegt, sich an der Kunstakademie einzuschreiben, ehe dann gemäß Rat der Mutter doch das Interesse am Recht Vorrang gewann. Die Kunst blieb Begleiterin der stets modische Akzente setzenden Juristin. Sie galt als Lieberhaberin des Theaters und der Malerei, gehörte auch dem Aufsichtsrat der Bundestheater-Holding an.

Ihre juristische Karriere

In nur vier Jahren hatte Bierlein das Jus-Studium absolviert, mit 26 legte sie die Richteramtsprüfung ab, mit 28 Jahren wurde sie zur Staatsanwältin ernannt, mit 41 Generalanwältin. 2003 wurde sie Vizepräsidentin und 2018 Präsidentin des VfGH, als erste Frau in dieser Position.In der Justiz war Bierlein schon als Standesvertreterin nicht nur mit ihrer fachlichen Qualifikation, sondern auch mit resolut-selbstbewusstem Auftreten und schnörkellos-geraden Ansagen aufgefallen.

1977 von den Richtern zu den Staatsanwälten gewechselt, engagierte sie sich in der Vereinigung Österreichischer Staatsanwälte - und wurde dort 2001 zur Präsidentin gewählt. Auf diese Funktion musste sie mit dem Eintritt in den VfGH verzichten. Vor dem Wechsel in das Höchstgericht war sie nicht weniger als zwölf Jahre Generalanwältin in der Generalprokuratur, davor in Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft Wien tätig.

Politische Aktivität

Politisch wurde Bierlein, der als Staatsanwältin eine gewissen Tendenz zu Law&Order zugeschrieben wurde, eher dem konservativen Sektor zugeordnet. Parteimitglied war sie jedoch nie. Nach dem Rücktritt von Sebastian Kurz wurde sie im Juni 2019 von Bundespräsident Alexander Van der Bellen zur Bundeskanzlerin ernannt und führte die erste Übergangsregierung Österreichs, bestehend aus Fachleuten und parteilosen Personen. Sie war damit auch die erste Kanzlerin des Landes. Im Auftrag von Van der Bellen führte sie Österreich nach den Wirren des Ibiza-Skandals ohne großen Aufhebens in Neuwahlen. Ihre Amtszeit dauerte bis Januar 2020. In ihrer Abschiedsrede appellierte sie an jede und jeden einzelnen, "die demokratischen Errungenschaften nie als selbstverständlich anzusehen, den europäischen Geist und offenen Dialog zwischen den Völkern weiterhin mit Leben zu erfüllen und aktiv zu praktizieren." Danach zog sie sich aus der aktiven Politik zurück.

Neben ihren beruflichen Aufgaben war Bierlein jahrzehntelang in der staatsanwaltlichen Standesvertretung, in der Unabhängigen Opferschutzkommission gegen Missbrauch und Gewalt sowie als Vorsitzende des Aufsichtsrats der Bundestheater-Holding und des Kuratoriums der Stiftung Forum Verfassung tätig.

Privates

Für Familie blieb der Wienerin keine Zeit, sie hätte es sich nicht vorstellen können, Job und Kinder unter einen Hut zu bringen, sagte Bierlein in Interviews. Ihr langjähriger Lebensgefährte, der Richter Ernest Maurer, verstarb 2021. In ihrer Freizeit besuchte Bierlein gerne Vernissagen und Ausstellungen, sowie - wenn es die Zeit zuließ - Oper und Theater. Auch sammelte sie Kunst, hatte etwa einen (Josef) Mikl zuhause hängen. Nur am Rande mit Kultur zu tun hatte, dass sie zur Leiterin der Sonderkommission zum Skandal in der Wiener Ballett-Akademie bestellt wurde.

Österreich trauert um erste Kanzlerin

Erste Reaktionen auf X (ehemals Twitter) ließen nach Bekanntwerden von Bierleins Ableben nicht lange auf sich warten. Politik, Medien und Wegbegleiter:innen der Verstorbenen zeigten ihre Dankbarkeit für Bierleins Schaffen und sprachen den Angehörigen ihr Beileid aus.

(Quelle: salzburg24)

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