"Geht sich sonst nicht aus"

Intensivmediziner fordert Lockdown für alle

Veröffentlicht: 17. November 2021 06:36 Uhr
Aufgrund der steigenden Zahl an Covid-Intensivpatienten sprechen sich immer mehr Experten für einen Lockdown für alle in ganz Österreich aus. "Es geht sich sonst nicht mehr aus", sagte Rainer Thell, leitender Oberarzt der Notfallaufnahme in der Klinik Donaustadt. "Es kann nicht sein, dass in Salzburg Menschen sterben und keine mutigen Entscheidungen getroffen werden, die auf der Hand liegen", kritisiert er.

"Jetzt kann man Salzburg noch entlasten und Patienten nach Wien und Niederösterreich ausfliegen." Denn dort gebe es beispielsweise noch Betten für Covid-19-Patienten. Er könne es nicht akzeptieren, dass das Sterben zugelassen wird, sagte Thell.

"Welle wird sich weiter fortsetzen"

"Wenn wir jetzt nicht solidarisch sind, wann dann?", fragte der Anästhesist und Intensivmediziner. "Wer jedoch glaubt, dass nur Salzburg und Oberösterreich stark betroffen sind, der irrt", sagte er. "Die Welle wird sich weiter fortsetzen. Das Weihnachtsgeschäft und die Wintersaison sind in höchster Gefahr, wenn wir jetzt nicht auf die Vollbremse steigen", sagte Thell.

 

Mediziner gegen "Pseudo-Lockdowns"

Denn "sämtliche regionale, partielle oder Pseudo-Lockdowns werden das Problem nur in die Länge ziehen, aber nicht nach unten drücken. Es zieht sich für uns alle in den Köpfen wie ein Germteig", sagte der Oberarzt. "Uns läuft schlicht und ergreifend die Zeit davon. Wir können auch nicht mehr bis Ende November warten. Mit einem befristeten Lockdown vermasseln wir es nicht, sondern investieren in eine ganz wichtige Sache: in den Advent und in Weihnachten", sagte der Mediziner.

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"Wir alle leben in Wahrheit niemals in totaler Freiheit, sondern nur in Freiheitsgraden. Und jetzt müssen wir uns ganz einfach im Sinne derer, die in den Spitälern behandelt werden müssen, zurücknehmen, das ist alles."

Dramatische Lage an Salzburgs Spitälern

Auch in Wien würden laufend weitere Covid-Stationen aufgemacht und andere Stationen geschlossen werden. Ständig müssten auch weitere Intensivbetten für Patienten zur Verfügung gestellt werden. Planbare Operationen werden verschoben oder sind gar eingestellt, damit die Covid-Patienten versorgt werden können. Auf den Nicht-Covid-Stationen müssen die Patienten immer mehr zusammenrücken. "Es verschiebt sich alles ununterbrochen nach hinten, das hat für alle enorme Auswirkungen", erläuterte Thell. Notfälle - etwa nach einem Verkehrsunfall - werden selbstverständlich weiter versorgt, betonte der Mediziner.

Derzeit gilt in Österreich der Lockdown für Menschen, die weder geimpft noch genesen sind. Dieser "trägt nur zur Spaltung der Gesellschaft bei", kritisierte Thell. Außerdem lässt sich "nicht trennen, wer geimpft und ungeimpft ist. Wir alle, die Bevölkerung, brauchen dringend Vertrauen und Orientierung". Ungeimpfte sollen nicht ausgesperrt werden, forderte Thell. Viele hätten Sorgen und Ängste, seien aber keine dezidierten Impfgegner. Ihnen müsse die Tür offen gehalten und sie eingeladen werden, "über ihren Schatten zu springen und ihre Position zu überdenken. Sie verlieren nicht ihr Gesicht, sondern zeigen wahre Größe, wenn sie sich zu einer Impfung entscheiden", konstatierte der Arzt.

(Quelle: apa)

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