Wirtschaftsbund-Affäre

ÖVP-Finanzen: Misstrauensantrag gegen Wallner

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) wird im Sonderlandtag mit einer Anfrage der Opposition zur Finanz-Causa konfrontiert. (ARCHIVBILD)
Veröffentlicht: 23. April 2022 08:32 Uhr
Die Oppositionsparteien im Vorarlberger Landtag stellen einen Misstrauensantrag gegen Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). Es sei keine leichte Entscheidung gewesen, aber Wallner habe "den letzten Rest an Vertrauen verspielt", so die Klubobleute von FPÖ, SPÖ und NEOS.
SALZBURG24 (KAT)

Im für Montag einberufenen Sonderlandtag zu den Turbulenzen rund um den ÖVP-Wirtschaftsbund wird der Antrag nicht auf der Tagesordnung stehen. Denn dem müssten zwei Drittel der Abgeordneten zustimmen.

Misstrauensantrag nach Rücktrittsforderungen

Da die ÖVP 17 der 36 Abgeordneten stellt, ist davon nicht auszugehen. Die Oppositionsparteien hatten bereits am Freitag den Rücktritt des Landeshauptmanns gefordert, Samstagfrüh kündigten sie nun in einer Aussendung an, am Montag einen Misstrauensantrag gegen Wallner einzubringen. Er trage die Hauptverantwortung für den Skandal, hieß es. Die Vorwürfe auch gegen seine Person gingen in Richtung Korruption, er sei nicht mehr amtsfähig und müsse zurücktreten.

Die Klubobleute Christof Bitschi (FPÖ), Manuela Auer (SPÖ) und Sabine Scheffknecht (NEOS) riefen die Grünen als Regierungspartner der ÖVP auf, den Misstrauensantrag mitzutragen. Selbst wenn die Grünen dem nachkämen, könnte es aber knapp werden: Für eine Annahme muss mehr als die Hälfte zustimmen. Der frühere SPÖ-Klubchef und jetzige fraktionslose Abgeordnete Thomas Hopfner kündigte gegenüber dem ORF an, nicht zuzustimmen. Wenn zusätzlich alle ÖVP-Mandatare hinter Wallner stehen, würde der Antrag nicht angenommen.

Erster Sonderlandtag einberufen

Die Turbulenzen rund um den Vorarlberger ÖVP-Wirtschaftsbund haben zur Einberufung des ersten Sonderlandtags in der Geschichte des Bundeslands geführt. Auf Verlangen von elf Mandataren der FPÖ, der SPÖ und der NEOS wird am Montag die Causa im Parlament diskutiert. Als Basis dient die Anfrage der Oppositionsparteien an Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP): "Welche Konsequenzen ziehen Sie aus dem ÖVP-Parteispendenskandal?" Es wird eine scharfe Auseinandersetzung erwartet.

Anfrage wegen Geldflüssen zu Zeitung

In der Anfrage, die am 4. April eingebracht wurde, geht es unter anderem um Geldflüsse des Landes zur mittlerweile eingestellten ÖVP-Wirtschaftsbund-Zeitung "Vorarlberger Wirtschaft". Weiters versuchen die Oppositionsparteien eine bessere personelle Ausstattung des Landesrechnungshofs zu erreichen und dass dieser in Zukunft auch Vorfeldorganisationen einer Partei prüfen darf. Sollte man sich diesbezüglich nicht einig werden, wollte sich die Opposition die Einberufung eines Untersuchungsausschusses offen lassen.

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Wirbel um Finanzen

Diskutiert werden wird die Causa wohl nicht nur anhand der Anfrage, sondern in der ganzen Breite - sind doch seit 4. April über die Medien viele Einzelheiten bekannt geworden. Am Anfang stand eine Steuerprüfung des Wirtschaftsbunds, bei der es im Wesentlichen darum ging, ob der Wirtschaftsbund bei der Begleichung von Steuern die richtigen Zinssätze angewendet hat. Ebenso steht die Frage im Mittelpunkt, ob "innerparteiliche Zuwendungen" steuerpflichtig sind. Nach eigenen Angaben hat die ÖVP seit 2014 rund 900.000 Euro von ihrer Vorfeldorganisation erhalten. Das Finanzamt hingegen machte 1,5 Mio. Euro an Zuwendungen aus, was der Opposition die Zornesröte ins Gesicht trieb. Mit einem Abschluss der Steuerprüfung ist im Mai zu rechnen. Während der Wirtschaftsbund von einer Nachzahlung von im schlimmsten Fall rund 700.000 Euro ausgeht, könnte das Finanzamt laut den publik gewordenen Dokumenten auf 1,3 Mio. Euro bestehen.

Vorgänge im Wirtschaftsbund werfen Fragen auf

Ein schiefes Licht warfen aber insbesondere auch andere Vorgänge innerhalb des Wirtschaftsbunds auf die Organisation. So wurde bekannt, dass der mittlerweile zurückgetretene Wirtschaftsbund-Direktor Jürgen Kessler vom Wirtschaftsbund offenbar ein zinsloses 250.000 Euro-Darlehen für ein Immobiliengeschäft erhalten hat. Für seinen Vorgänger Walter Natter könnten 24.000 Euro für eine Lebensversicherung bezahlt worden sein. Darüber hinaus gab es Barabhebungen ohne Belege: 5.000 Euro gingen zwischen 2016 und 2019 an den damaligen Wirtschaftslandesrat Karlheinz Rüdisser, 1.000 Euro an seinen Nachfolger Marco Tittler (beide ÖVP). Beide rechtfertigten die Zahlungen dahingehend, dass es sich um "Verfügungsmittel für Veranstaltungen" gehandelt habe. 4.500 Euro sollen an das Rote Kreuz gespendet worden sein, allerdings weiß das Rote Kreuz nichts davon. Wallner kündigte nicht zuletzt aufgrund dieser Vorgänge eine externe Prüfung des Wirtschaftsbunds an. "Es muss jetzt alles im Wirtschaftsbund durchleuchtet werden", stellte er am Freitag gegenüber den "Vorarlberger Nachrichten" fest.

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Gegen den Landeshauptmann wurde noch vor dem Wochenende - in Form einer eidesstattlichen Erklärung, aber anonym - der Vorwurf laut, er habe bei einem Betriebsbesuch selbst um Inserate geworben und dafür politisches Entgegenkommen versprochen. Wallner wies diese Darstellung scharf als "glatte Lüge" zurück. "Ich bin kein Inseratenkeiler für den Wirtschaftsbund", betonte er. Anschließend an den Zeitungsbericht erfolgte aber die Rücktrittsaufforderung an Wallner aus den Vorarlberger Oppositionsreihen. FPÖ, SPÖ und NEOS verlangten unabhängig voneinander Wallners Abgang als Regierungschef. "Aufgrund der bis jetzt insgesamt bekannt gewordenen Machenschaften ist ein Verbleib von Landeshauptmann Wallner in Wahrheit nicht mehr vorstellbar", sagte FPÖ-Obmann Christof Bitschi. Die SPÖ sah einen Rücktritt als "unumgänglich" an, NEOS-Parteichefin Sabine Scheffknecht forderte darüber hinaus auch den Rücktritt von Tittler.

(Quelle: apa)

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