Es ist zwölf Uhr. Jetzt im Bürosessel zurücklehnen, die Augen schließen und den Tippgeräuschen meiner Kollegen lauschend kurz wegdösen – es wäre so schön. Doch was in den USA und Asien längst Trend ist, bleibt hierzulande ein Tabu. Mittagsschläfchen am Arbeitsplatz? Undenkbar. Dabei würden von der kurzen Auszeit alle profitieren, wie der Salzburger Schlafforscher Manuel Schabus am Donnerstag im Gespräch mit SALZBURG24 erklärt.
Nach einem Nap sieht die Arbeitswelt ganz anders aus
Schon ein sechsminütiger Powernap habe positive Effekte auf unser Wohlbefinden und unsere Aufmerksamkeit, schildert Schabus. Zudem fördere Schlaf die Kreativität sowie die Fähigkeit, Probleme zu lösen. „Nach dem Mittagsschlaf kann ich plötzlich Dinge, die ich davor nicht konnte.“ Außerdem seien wir nach einem kurzen Schläfchen weniger reizbar – im oft stressigen Arbeitsalltag sicher nicht der schlechteste Effekt. Obwohl der Mittagsschlaf in vielen westlichen Ländern verpönt ist: Nachteile hätte ein solches Nickerchen eigentlich nicht, wie Schabus betont. Es sei sogar ganz normal, rund um die Mittagszeit ein wenig müde zu werden. Denn nach dem Essen setzt bekannterweise die Verdauung ein – und die ist für den Körper eben anstrengend.
Am Arbeitsplatz also täglich eine Runde mützen? „Klares Ja“, so der Schlafforscher. In unserer Gesellschaft würden viele Menschen an Schlafentzug leiden und am Wochenende „nachschlafen“. Ein kurzes Powernap zwischendurch könne die Konzentration verbessern und so beispielsweis dabei helfen, Arbeitsunfälle zu vermeiden. „Und das ist auch im Interesse der Arbeitergeber.“
Salzburger Schlafforscher über den perfekten Mittagsschlaf
Für den perfekten Powernap hat Schabus klare Vorstellungen: Er dauert zwischen 15 und 20 Minuten. Der Raum sollte ruhig und unbeobachtet, aber nicht vollständig abgedunkelt sein. „Sonst riskiere ich, in ein tiefes Schlafstadium zu fallen.“ Es geht also auch darum, den Mittagsschlaf klar vom Nachtschlaf abzugrenzen. Zudecken oder gar gemütlich einkuscheln ist deshalb ebenfalls keine gute Idee. Stattdessen empfiehlt der Schlafforscher eine Entspannungsposition bei gedimmtem Licht: Zurücklehnen oder am Rücken liegen, relaxen, dösen.
Idealerweise wacht man nach der geplanten Schlafzeit von selbst wieder auf. „Dann fühlt man sich auch wirklich erfrischt“, erklärt Schabus. Das erfordert allerdings eine gewisse Übung und Regelmäßigkeit – der Körper muss die „innere Uhr“ einstellen. Am Anfang und später für den Notfall sei deshalb ein Wecker, der etwas über der geplanten Schlafzeit liegt, ratsam. Der kurzen Verwirrung, die entstehen kann, wenn einen das Klingeln zurück in die Realität reißt, könne man dann mit Licht und Bewegung entgegenwirken. Und dann ist man auch schon wieder einsatzbereit.
Auch wenn das Mittagsschläfchen in Österreichs Arbeitswelt noch nicht wirklich angekommen ist – ein Umdenken findet langsam statt. Vereinzelt schaffen Unternehmen „Napzones“, Orte in denen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich erholen können. Und wer weiß, vielleicht findet sich eine solche ruhige Ecke bald auch schon bei euch im Büro.
(Quelle: salzburg24)