Stadt und Land Salzburg lösen die Verkehrssparte aus dem Portfolio der Salzburg AG heraus und gründen dafür ein eigenes Unternehmen. Dadurch will sich die Politik die Hoheit über die strategischen Ziele und Entscheidungen im Öffentlichen Verkehr zurückholen, außerdem können Stadt und Land so das Unternehmen ohne EU-weite Ausschreibung direkt mit Verkehrsdienstleistungen beauftragen. Der Gemeinderat hat das Vorhaben heute, Mittwoch, in einer nicht öffentlichen Sitzung fixiert.
Zwei neue Geschäftsführer:innen
Für die Ausgliederung stimmten die Gemeinderäte von ÖVP, SPÖ und FPÖ, das sind 30 von insgesamt 40 Mandataren. Der Verkehrsbereich der Salzburg AG beinhaltet den städtischen Obus, die Lokalbahnen, die Beteiligungen an Albus (öffentlicher innerstädtischer Busverkehr außer Obus) und der S-LINK-Gesellschaft (geplante Stadtregionalbahn), das Personal, die Infrastruktur und Kapital. Diese werden nun zur Salzburg Linien Verkehrsbetriebe GmbH (SLV), und zwar als 100-prozentige Tochter der Salzburg AG. Das neue Unternehmen bekommt zwei Geschäftsführerinnen oder Geschäftsführer, wobei eine(r) von Stadt und Land ernannt wird, die/der zweite durch die Salzburg AG (die großteils diesen beiden Gebietskörperschaften gehört).
Salzburg AG "ohne Einfluss auf strategische Ausrichtung"
Das strategische Hirn für die Entwicklung des Öffi-Angebotes wird ein sechsköpfiger Verkehrsbeirat, der je zur Hälfte von Stadt und Land besetzt wird. Dieser Beirat "kann in sämtlichen Verkehrsangelegenheiten bindende Entscheidungen treffen", heißt es im Amtsbericht. Und die "Salzburg AG hat demnach keinen Einfluss mehr auf die strategische Ausrichtung". Dafür tragen Stadt und Land auch das volle finanzielle Risiko.
Offene Fragen bei Finanzen
Offen war bis zuletzt die finanzielle Seite: Denn die Salzburg AG errechnete deutlich geringere Kosten für noch ausstehende Investitionen als das städtische Kontrollamt. Schließlich besserte der Versorger noch um 42 Mio. Euro nach und bringt somit 60,4 Mio. Euro Eigenkapital in das neue Unternehmen ein. Für die Stadt Salzburg bedeutet das unter dem Strich jährliche Mehrkosten von rund zwei Millionen Euro (je nach Jahr zwischen 1,3 und 2,7 Mio. Euro), wobei Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) Medienberichten zufolge damit rechnet, dass es durch Bundeszuschüsse "vielleicht am besten auf ein Nullsummenspiel hinausläuft". Preuner bezeichnete die Ausgliederung als alternativlos: "So wie es jetzt ist, können wir es nicht lassen." Denn ab 2029 müssten die Obus-Linien EU-weit ausgeschrieben werden.
Auch SPÖ-Vizebürgermeister Bernhard Auinger sagte, dass die Stadt rechtlich gar keine andere Möglichkeit gehabt hätte. Außerdem werde nun der "Obus nicht länger an die Wand gefahren". "Mit der neuen Struktur muss die Politik die Verantwortung übernehmen. Dadurch haben wir die Chance, den Obus wieder fit zu bekommen", sagte er nach der Sitzung zur APA.
Bürgerliste fürchtet Verschlechterungen
Der Beschluss des Landes zur Ausgliederung liegt schon länger zurück und erfolgte noch durch die vorige Landesregierung aus ÖVP, Grünen und NEOS. Die beiden kleineren Parteien, die der neuen Landesregierung nicht mehr angehören, stimmten damals erst nach mehreren Gesprächen zu, im Gemeinderat kam heute von beiden ein Nein. Die Bürgerliste - die Grünen in der Stadt - warnen vor weitreichenden Folgen für die Stadt und befürchten eine finanzielle Schlechterstellung. Viele Probleme wie etwa der Mangel an Busfahrern oder fehlende Ersatzteile für die Busse würden durch eine Ausgliederung ebenso wenig gelöst wie die Verkehrsprobleme der Stadt, so Klubchefin Ingeborg Haller.
Auch die NEOS warnen vor dem finanziellen Risiko: "ÖVP, SPÖ und FPÖ winken durch, dass die Salzburg AG ihr Stiefkind - die Verkehrssparte - für einen Spottpreis abschieben kann. Das städtische Kontrollamt und auch der TÜV haben den Investitionsrückstau um einiges höher beziffert. Im Endeffekt wird nun der Steuerzahler draufzahlen, ohne Sicherheit, dass sich im öffentlichen Verkehr etwas verbessert", meinte Fraktionsobmann Lukas Rößlhuber.
"Die Salzburg AG gehört mehrheitlich den Salzburgern und das Schicksal des Obus betrifft uns alle. Trotzdem wurde die Weichenstellung heute hinter verschlossenen Türen getroffen. Das allein macht stutzig", kritisiert Gemeinderat Kay-Michael Dankl in einer Aussendung. "Die Salzburg AG hat den Obus als lästigen Kostenfaktor jahrelang kaputtgespart. Jetzt belohnt die Politik dieses Verhalten und hängt sich den Verkehrs-Rucksack selbst um, mitsamt allen Risiken."
(Quelle: apa)