Wer in den vergangenen Wochen Nachrichten aus Salzburg gelesen hat, dem müssen fast zwangsläufig die Felsstürze ins Auge gesprungen sein. Erst am Wochenende löste sich in Unken (Pinzgau) ein tonnenschwerer Gesteinsbrocken und landete auf der Loferer Straße (B178). Es entsteht der Eindruck: Die Berge in und um Salzburg bröseln. Stimmt das?
Zahl der Felsstürze im Salzburger Hochgebirge steigt
Grundsätzlich ist es im heurigen Sommer nicht häufiger zu Felsstürzen gekommen als sonst, stellt Landesgeologe Georg Valentin im Gespräch mit SALZBURG24 klar. Er hätte sich im Juli aufgrund der lange andauernden Regenphasen sogar mehr erwartet. Es gebe allerdings ein großes Aber, räumt er ein: Das Hochgebirge. Ab einer Seehöhe von etwa 2.500 Metern merke man deutlich, dass das Gestein durch den auftauenden Permafrost lockerer wird. „Felsstürze werden dort mehr.“
Das Auftauen des „ewigen Eises“ durch die Erderwärmung ist allerdings nur für Steinschlag, Felsstürze und Co im Hochgebirge verantwortlich. Überall sonst handelt es sich um natürliche geologische Verwitterung, erklärt Valentin. Dazu zählen etwa Verwurzelung, Temperatureffekte, Sprengeffekte durch Eis – oder starken Regen. Denn: „Wenn oben viel reinrinnt, aber nicht mehr raus kann, entsteht Druck“, führt er aus.
Überwachung bei Zonen mit hohem Gefahrenpotenzial
In Salzburg gibt es laut Valentin einige Hänge mit hohem Gefahrenpotenzial für Felsstürze, die über Siedlungen liegen. Dazu zählt etwa der Ingelsberg in Bag Hofgastein (Pongau). Solche Stellen werden regelmäßig auf Bewegung überwacht, betont der Landesgeologe.
Ein Forschungsteam in der Steiermark arbeitet aktuell daran, mit Echtzeit-Gefahrenkarten das Risiko für Felsstürze und Co vorauszusagen. Die Karten sollen mit aktuellen Wetterdaten kombiniert und zur Entscheidungshilfe für Gemeinden, Einsatzkräfte oder Infrastrukturbetreiber werden. Weltweit leben Millionen von Menschen in Gebieten mit hohem Rutschungsrisiko, verbunden mit vielen Todesopfern und enormen wirtschaftlichen Schäden durch die sogenannten gravitativen Massenbewegungen. Rutschungen, die durch Regen verursacht werden, sind für den Großteil dieser Verluste verantwortlich. Besonders betroffen ist Europa, wobei Österreich innerhalb Europas zu den am stärksten gefährdeten Gebieten zählt.
Landesgeologe Valentin zweifelt am Nutzen derartiger Karten, wie er gegenüber S24 verrät. Auf solchen Karten seien dann beispielsweise „plötzlich alle Hänge im Rauriser Tal und Großarltal rot markiert“. Für die Raumplanung bringe diese Information aber wenig, da am Ende ohnehin jedes Grundstück einzeln beurteilt werden müsse.
Tauender Permafrost betrifft Forschung und Schutzhütten
Der tauende Permafrost auf Salzburgs Bergen sei „volkswirschaftlich ein superkleines Problem“, so Valentin. Das liegt nahe, denn in hohen Lagen ist weniger bebaut und es sind weniger Menschen unterwegs. Betroffen sei aber die hiesige Forschung. Salzburg sei das Epizentrum für die Permafrostforschung, weil nur hier Tiefenbohrungen durchgeführt werden – aktuell am Kitzsteinhorn und am Sonnblick, bald auch auf der Adlersruhe. Und: Auch Schutzhüttenbetreiber stelle das Auftauen des „ewigen Eises“ vor ein Problem. Das Fundament unter den Bauten gebe immer mehr nach, die Hütten würden dadurch Risse bekommen und an Stabilität verlieren. „Und die Sanierung ist natürlich teuer.“
Berichte über Felsstürze in und um Salzburg
In und um Salzburg kam es in den vergangenen Wochen zu einer Reihe von Felsstürzen und Steinschlägen. Sieben Tage vor dem Felssturz in Unken war es am Stüdlgrat auf dem Großglockner ebenfalls zu einem Felssturz gekommen, der Wanderweg musste an der Stelle gesperrt werden. In den Berchtesgadener Alpen in Bayern mussten Anfang August wegen eines Steinschlags 20 Personen per Hubschrauber gerettet werden. Und: Am Radweg zwischen Weißbach und Saalfelden (beide Pinzgau) hat es zwar noch nicht gekracht, wegen akuter Felssturzgefahr ist er aber seit Ende April gesperrt.
(Quelle: salzburg24)