Hohe Wellen geschlagen hat am Donnerstag ein Bericht über den designierten Salzburger FPÖ-Landesrat Christian Pewny: Der Bürgermeister von Radstadt (Pongau) soll einem "Kurier"-Bericht zufolge bereits im Jahr 2020 Opfer von Betrügern geworden sein und ihnen 600.000 Euro überwiesen haben – das wurde jetzt erst bekannt. Die Polizei hat den Salzburger Nachrichten (SN) mittlerweile bestätigt, dass der Staatsanwaltschaft ein derartiger Sachverhalt damals angezeigt wurde – dennoch wurde der Fall nicht publik.
Pewny reagiert auf Betrugsfall
Der Politiker bestätigte dem "Kurier" den Vorfall: "Das Thema ist für mich abgeschlossen. Allerdings werde ich die Erfahrungen sicher in mein Amt mitnehmen", so Pewny. Hinter diesen Betrugsmaschen würde ein System stecken, "das man leider viel zu spät durchschaut. Das kann jedem passieren." Pewny ist in der künftigen schwarz-blauen Regierung als Landesrat u.a. für Soziales und Verbraucherschutz vorgesehen. Ein FPÖ-Sprecher erklärte, Pewny sei als Privatperson in seiner höchstpersönlichen Privatsphäre Opfer eines Betruges geworden. Der Radstädter Bürgermeister müsse nun überlegen, ob und wie er gegen eine mediale Berichterstattung vorgeht.
Über eine Wiener Anwaltskanzlei hat Pewny am Freitagmittag Stellung genommen – die Pressemittelung im Wortlaut findet ihr am Ende dieses Artikels: Demnach sei Pewny im Jahr 2020 mit einer geplanten internationalen Immobilientransaktion unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Opfer eines professionell angelegten Betrugs geworden: "Dadurch wurde er in seinem Privatvermögen erheblich geschädigt." Die Angelegenheit betreffe den höchstpersönlichen Lebensbereich Pewnys und "berührt in keiner Weise seine beruflichen bzw. politischen Tätigkeiten und Ämter", heißt es weiter.
Person des öffentlichen Lebens?
Aber gilt Pewny als Politiker überhaupt als Person des öffentlichen Lebens? Menschen des öffentlichen Lebens wurden im Europarat als "Personen, die offizielle Funktionen wahrnehmen und/oder auf öffentliche Ressourcen zurückgreifen und generell alle diejenigen, die im öffentlichen Leben eine Rolle spielen, ob in Politik, Wirtschaft, Kunst, Gesellschaft, Sport oder in anderen Bereichen" definiert. Der Rechtsbegriff "Person des öffentlichen Lebens" beeinflusst das Recht auf Privatsphäre, die Zulässigkeit von Äußerungen in der Berichterstattung und das Recht am eigenen Bild.
Das dürfte für Pewny gelten, denn von 2017 bis 2019 saß der heute 56-Jährige für die Freiheitlichen im Nationalrat, bis er zum Bürgermeister von Radstadt gewählt wurde, welches Amt er bis heute ausübt – der Betrugsfall ereignete sich im Jahr 2020.
Reaktionen auf Berichterstattung
Marlene Svazek, Landesparteiobfrau der FPÖ Salzburg, reagierte noch am Tag der Veröffentlichung des Medienberichts umgehend via Twitter und übte massive Kritik: "Dann gehe ich jetzt mal davon aus, dass das auch jeden Journalisten trifft und niemand ein Problem damit hat, wenn das eigene (Fehl-)verhalten dann öffentlich gemacht wird.“ Noch am Donnerstagabend hat Svazek den Beitrag gelöscht, zudem wurde ihr Twitter-Profil deaktiviert.

Im Büro von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) verweist man in der aktuellen Causa gegenüber SALZBURG24 am Freitagnachmittag auf die Stellungnahme Pewnys. "Wir haben nichts davon gewusst", heißt es. Funkstille herrscht seit Donnerstagabend bei der FPÖ.
Die Grünen zweifeln nach den Aussagen in Svazeks mittlerweile gelöschten Tweet an der "Eignung der designierten Regierungsmitglieder". Demnach wolle die "FPÖ offenbar unliebsame Berichterstattung unterdrücken und kritische Journalist:innen mundtot machen", so Landesgeschäftsführer Simon Heilig-Hofbauer am Freitag in einer Aussendung.
Der ehemalige Salzburger NEOS-Chef Sepp Schellhorn hat indes via Twitter angemerkt, dass es sich bei den 600.000 Euro um Pewnys eigenes privates Geld handeln würde – "das ist das einzig Relevante".
Und auch im SALZBURG24-Forum gehen die Meinungen auseinander. Während für die einen Christian Pewny eine Person des öffentlichen Lebens ist und eine Veröffentlichung damit als legitim gesehen wird, wehren sich andere User:innen dagegen und kritisieren das Vorgehen massiv: "Er hat nichts verbrochen, sondern ist betrogen worden. Die Umstände sind seine Privatsache, und jedem der sich hier als Richter aufspielt wünsche ich, dass auch sein Privatleben an die Öffentlichkeit gezerrt wird", heißt es in einem Kommentar. Ein weiterer User ist anderer Meinung: "Der ist Politiker und verwaltet unser Geld. Natürlich ist das Gemeinschaftssache und nichts Privates."
Grundsätzlich kann in Österreich jede:r vor Gericht klagen, wenn man sich medial öffentlich falsch dargestellt sieht. Denn Informationen über den Privat- und Intimbereich unterliegen unter gewissen Voraussetzungen einem Veröffentlichungsverbot. Das Mediengesetz schützt den sogenannten höchstpersönlichen Lebensbereich: Wird in einem Medium dieser Lebensbereich auf eine Weise erörtert oder dargestellt, die geeignet ist, den oder die Betroffene in der Öffentlichkeit bloßzustellen, kann der Medieninhaber für die erlittene Kränkung geklagt und gerichtlich belangt werden.
Was ist der höchstpersönliche Lebensbereich?
Der höchstpersönliche Lebensbereich erfasst nicht das gesamte Privat- oder Familienleben eines Menschen, sondern "jene Angelegenheiten, deren Kenntnisnahme durch Außenstehende die persönliche Integrität in besonderem Maße berührt". Dazu zählen laut Gesetzgeber folgende Punkte:
- Gesundheitszustand, Krankheit und Tod
- sensibler Bereich des Familienlebens
- tiefe Trauer
- Religionsausübung
- Sexualität
- (bloße) Nacktaufnahmen sowie die innere Gedanken- und Gefühlswelt mit ihren äußeren Erscheinungsformen wie Briefe und Tagebuchaufzeichnungen
Eine Veröffentlichung, die den höchstpersönlichen Lebensbereich eines Menschen betrifft, sei gerechtfertigt, wenn "sie wahr ist; und in unmittelbarem Zusammenhang mit dem öffentlichen Leben steht", hat der Verband Österreichischer Zeitungen zusammengefasst.
Alexander Warzilek, Geschäftsführer des österreichischen Presserats, verweist am Freitag gegenüber S24 bei solchen Fällen auf das generelle Anonymitätsinteresse von Verbrechensopfern in Österreich. Dennoch sei Pewny als künftiger Landesrat medial präsent in der Öffentlichkeit und daher anders zu behandeln als Privatpersonen, weshalb die Frage gestellt werden müsse, wie relevant diese Betrugsmeldung möglicherweise für das öffentliche Interesse sei. "Wenn es in dem Fall um geschäftliche Bereiche gehen sollte, dann könnte es in der Berichterstattung weniger den privaten Bereich treffen", sagt Warzilek. Es müsse immer die gesamte Sachlage bewertet werden.
Entschädigung vor Gericht
Übrigens: Stellen die Strafgerichte einen Verstoß gegen das Mediengesetz fest, steht dem oder der Kläger:in dafür eine finanzielle Entschädigung zu, wobei Umfang und Auswirkungen der Veröffentlichung in Betracht zu ziehen sind. Insbesondere ist auf die Verbreitung des Mediums Bedacht zu nehmen. Auch die Wahrung der wirtschaftlichen Existenz des Medieninhabers haben die Gerichte zu berücksichtigen.
Stellungnahme von Christian Pewny im Wortlaut
"Ing. Christian Pewny wurde im Jahr 2020 im Zusammenhang mit einer geplanten internationalen Immobilientransaktion unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, insbesondere mittels Vorlage und Verwendung gefälschter Verträge, gefälschter Bankunterlagen, gefälschter öffentlicher Urkunden sowie gefälschter Anwaltskorrespondenz Opfer eines professionell angelegten Betrugs. Dadurch wurde er in seinem Privatvermögen erheblich geschädigt. Gegen den mutmaßlichen Täter behängt ein strafrechtliches, dem Gesetz entsprechend nicht öffentlich geführtes Ermittlungsverfahren, wobei mein Mandant von Beginn an mit den Ermittlungsbehörden eng kooperiert hat. Die Angelegenheit betrifft den höchstpersönlichen Lebensbereich meines Mandanten und berührt in keiner Weise seine beruflichen bzw. politischen Tätigkeiten und Ämter. In der Sache selbst werden - auch um den Ermittlungserfolg nicht zu gefährden - keine weiteren Auskünfte erteilt. Die Medien werden aufgefordert, die Privatsphäre unseres Mandanten und seiner Familie zu wahren und davon Abstand zu nehmen, diese, insbesondere durch reißerische Berichterstattung, zu verletzen. Unser Mandant behält sich für den Fall seine Persönlichkeitsrechte verletzender Berichterstattung vor, dagegen straf-, medien- und zivilrechtliche Ansprüche gerichtlich geltend zu machen."
(Quelle: salzburg24)