Gehen oder bleiben?

Ende des Assad-Regimes: Was der Machtwechsel in Syrien für Salzburg bedeutet

Nach dem Sturz des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad jubeln Syrerinnen und Syrer auch in Österreich. Aber wie geht es weiter?
Veröffentlicht: 09. Dezember 2024 13:39 Uhr
Das Ende des syrischen Assad-Regimes sorgt für Jubel auf den Straßen – auch in Salzburg. Macht sich unter den hier 4.400 lebenden Syrerinnen und Syrern nun Aufbruchstimmung in ihre Heimat bereit? Und wie geht es in dem zerrütteten Land weiter? Ein Salzburger Politologe und ein syrisch-orthodoxer Theologe geben Einblicke.
Moni Gaudreau

Die 24-jährige Herrschaft des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad ist seit der Nacht auf Sonntag zu Ende. Rebellen haben im Fernsehen erklärt, dass sie die Hauptstadt Damaskus übernommen haben. Assad ist russischen Medien zufolge mit seiner Familie nach Moskau geflüchtet – das sorgte für Jubel auf den Straßen, nicht nur in Damaskus. In Wien haben Zehntausende den Machtwechsel bei einer Demo gefeiert, in Salzburg zog ein friedlicher Autokorso mit rund 30 Fahrzeugen am Sonntagabend durchs Stadtgebiet.

Sechs Millionen Menschen flüchten vor Syrien-Krieg

Der Bürgerkrieg in Syrien begann 2011, als Menschen gegen Präsident Baschar al-Assad protestierten. Die Demonstrationen wurden vom Regime gewaltsam niedergeschlagen, was zu landesweiten Unruhen führte. Verschiedene Gruppen – darunter Kurden, Schiiten und von der Türkei unterstütze Islamisten – haben sich zusammengetan, um gegen Assad zu kämpfen.

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Der Konflikt wurde komplexer, als internationale Mächte wie Russland und die USA sich einmischten, entweder zur Unterstützung Assads oder der Opposition. Der Krieg forderte über 600.000 Todesopfer, Schätzungen zufolge flüchteten rund sechs Millionen Menschen aus Syrien – das spürte Europa damit Österreich im Jahr 2015. Mit ersten Jänner 2024 lebten knapp 95.000 Syrerinnen und Syrer in Österreich, davon rund 4.400 im Bundesland Salzburg.

Frage nach Abschiebungen aus Salzburg unklar

Was bedeutet nun der Machtwechsel, vor allem für die in Salzburg lebenden Syrerinnen und Syrer? „Akut wird es keine großen Veränderungen geben. Wenn sich in Syrien eine stabile Regierung nach der Machtübernahme formt, könnte es aber schon Auswirkungen geben“, erklärt Andreas Dür, Leiter der Politikwissenschaften an der Uni Salzburg, im Gespräch mit SALZBURG24 am Montag. Mit den Auswirkungen meint der Politologe vor allem die Aufenthaltsrechte der Geflüchteten. „Wenn sie damals die Verfolgung von Assad für den Aufenthaltstitel angaben, fällt nun der Grund weg. Weil die Lage in Syrien trotzdem angespannt bleibt, könnten sie das als neuen Fluchtgrund angeben. Oder es kommt gar zu einer neuen Flüchtlingswelle“, sagt der Politologe.

Wie es mit möglichen Abschiebungen und Asylanträgen in Zukunft aussieht, sei noch völlig unklar. Fest steht aber, dass Syrien nach den jahrelangen Auseinandersetzungen gar nicht die Kapazität habe, die Millionen geflüchteten Menschen wieder aufzunehmen. Indes setzt das österreichische Innenministerium alle laufenden syrischen Asylanträge aus, alle positiv entschiedenen Bescheide sollen überprüft werden, heißt es in einer Aussendung. Im Bundesland Salzburg sind laut Asylreporting mit Stand der vergangenen Woche 429 asylsuchende Menschen aus Syrien in der Grundversorgung.

Freiwillige Aufbruchstimmung unwahrscheinlich

Von freiwilligen Massenbewegungen von Österreich nach Syrien geht Dür nicht aus. Viele seien vor dreizehn Jahren im jungen Alter geflüchtet und hätten sich in Salzburg ein Leben aufgebaut – die Verbindung zu Syrien sei nicht mehr oder nur gering da.

Ähnlich sieht das der syrisch-orthodoxe Theologe an der Uni Salzburg Aho Shemunkasho. „Die meisten werden wahrscheinlich bleiben. Die Sicherheit und Lebensfreiheit sind hier in Salzburg besser. Aber die Angst um Familienangehörige in Syrien ist weg“, sagt der Theologie gegenüber S24. Auch Familienbesuche im Heimatland seien wieder denkbar.

Dennoch schwingt bei Shemunkasho auch eine große Portion Skepsis neben der Freude über den Machtwechsel mit. Denn die führende Gruppe des Rebellen-Zusammenschlusses sind terroristisch eingestufte Islamisten. Bis alle Religionen in Syrien in Frieden leben können, sei es deshalb wohl noch „ein langer Weg“.

Politologe geht von gespaltener Regierung aus

Aus politischer Sicht wird es laut Dür wohl relativ rasch zu einer Übergangsregierung in Syrien kommen. Fraglich bleibt aber, wie viel Autorität und Durchgriffsmacht diese Regierung über das gesamte Land hat. Denn die unterschiedlichen Rebellen hatten ein Ziel – den Sturz Assads – die Kämpfe untereinander gehen aber weiter. Der Salzburger Politologe befürchtet nach aktuellem Stand, dass Syrien in Zukunft ähnlich wie der Libanon gespalten von mehreren „Warlords“ regiert werde.

(Quelle: salzburg24)

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