Vertrag aufgelöst

GSWB-Geschäftsführer muss nach massiver Kritik gehen

Veröffentlicht: 21. Februar 2024 17:05 Uhr
Der Druck auf die GSWB wächst nach massiver Kritik am Beschwerdemanagement. Nachdem sich gestern Stadt und Land Salzburg bereits eingeschaltet haben, wird der Vertrag mit der Geschäftsführung nun vorzeitig aufgelöst, wie am frühen Mittwochabend bestätigt wurde.
SALZBURG24 (KAT)

In Salzburgs größter Wohnbaugesellschaft GSWB, die je zur Hälfte im Eigentum von Stadt und Land Salzburg steht, kracht es: Nachdem bei einer Prüfung beschönigte Zahlen über offene Kundenbeschwerden vorgelegt wurden, muss Geschäftsführer Peter Rassaerts gehen. "Die Eigentümer Land Salzburg und Stadt Salzburg haben sich mit der aktuellen Geschäftsführung einvernehmlich auf die vorzeitige Auflösung des Vertrages mit Wirkung 30. September 2024 geeinigt", heißt es in einer Aussendung nach einer Sondersitzung des Aufsichtsrates.

Wie geht es mit der GSWB weiter?

"Ausdrücklich wird festgehalten, dass der Belegschaft keine Schuld an allfälligen Kommunikations- oder Managementfehlern anzulasten ist", heißt es weiter. Die erteilte Gesellschafterweisung an die Geschäftsführung bleibe aufrecht. Alle Mängel müssten demnach umfassend und zeitnahe behoben werden. Und eine externe Organisationsanalyse müsse von der Geschäftsführung in die Wege geleitet werden. Was der Aufsichtsrat heute beschlossen hat, haben wir hier im Detail für euch aufgelistet.

  1. Der Aufsichtsrat beauftragt den Geschäftsführer sämtliche offene Tickets zu analysieren und mit den Betroffenen der noch nicht erledigten Tickets binnen 21 Tagen Kontakt aufzunehmen, eine allfällige Mängelbehebung in die Wege zu leiten und dem Aufsichtsrat in der nächsten Sitzung (20.03.2024) schriftlich Bericht zu erstatten (einstimmig).
  2. Der Aufsichtsrat beauftragt den Geschäftsführer unmittelbar mit den Firmen BDO, KPMG und Deloitte Kontakt zur Einholung von Angeboten aufzunehmen, um aufbauend auf einer Analyse des Beschwerdemanagements der Hausverwaltung die Eigentümerweisung entsprechend zu erledigen, dies nach Möglichkeit unter Einbindung des Revisionsverbandes (einstimmig).
  3. Der Aufsichtsrat beauftragt den Geschäftsführer und den Vorsitzenden des Aufsichtsrats des Revisionsverband, bei welchem die GSWB Mitglied ist, um eine außerordentliche Prüfung zu den Themen des fertigen Kontrollamtsberichts zu ersuchen. Die Ergebnisse der Prüfung werden in einer außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrates unter Einladung des Revisionsverbandes und des Kontrollamts erörtert (einstimmig).
  4. Der Antrag, den Mitgliedern des Aufsichtsrats die Möglichkeit einzuräumen, den Rohbericht des Kontrollamtes in gemeinsamer mündlicher Erörterung mit der Geschäftsführung im Hause einzusehen, wird angenommen (einstimmig).
  5. Der Aufsichtsrat beauftragt den Geschäftsführer bis zur nächsten Aufsichtsratssitzung die interne und externe Kommunikationsstrategie neu aufzustellen, dies unter Beachtung der Gebote der Wirtschaftlichkeit (einstimmig).
  6. Der Antrag an den Aufsichtsrat auf Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung mit dem Tagesordnungspunkt „Abberufung des Geschäftsführers“ wird angenommen (mehrheitlich).

Fast alle Parteien befürworten Abberufung

Die KPÖ Plus meldete sich am Nachmittag per Aussendung zu der Causa. „Als KPÖ Plus waren wir schon vor drei Jahren gegen die Bestellung von Direktor Rassaerts. Das aktuelle Fiasko bestätigt unsere Kritik. Der nächste Direktor muss von außen kommen, ohne Verstrickungen in Parteien oder Bünde, und die GSWB völlig neu aufstellen. Das ist die Politik den Mietern und der Allgemeinheit schuldig.“ Gemeinderat Kay-Michael Dankl sagt außerdem, dass es seit Jahren Hinweise auf Missstände gegeben habe. "Erst wenn der Skandal in der Zeitung steht, wird man aktiv. Das ist zu wenig."

Der NEOS-Spitzenkandidat für die Bürgermeisterwahl in der Landeshauptstadt Lukas Rupsch sprach in einer Pressemitteilung von einem "schlechten Scherz. Nur die an die Öffentlichkeit gelangten Fälle sollen bearbeitet werden und die anderen über 1500 Tickets sind egal? Das ist einfach nur ein groteskes Schauspiel der ÖVP, Rassaerts und das mitverantwortliche Prokuristenteam muss gehen."

Stadträtin Anna Schiester von der Bürgerliste schloss sich den anderen beiden Parteien an. Einen Neustart der GSWB bezeichnet sie als "längst überfällig." SPÖ-Landesgeschäftsführer Gerald Forcher übte via Aussendung massive Kritik an Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). "Wenn sich ÖVP-Chef Haslauer, der Rassaerts 2020 als Geschäftsführer wollte, nun als Aufdecker inszenieren will, ist das nur ein billiges Schauspiel. Haslauer hat durch sein Nichtstun die Mieter:innen im Stich gelassen entscheidend zu diesem Skandal beigetragen.“

Hintergründe zur Ticket-Causa bei GSWB

Auslöser für die Turbulenzen war eine Prüfung des städtischen Kontrollamtes im vergangenen Dezember. Am Tag vor der Prüfung ersuchte einer der vier Prokuristen der GSWB in einem internen E-Mail, sämtliche offene Tickets im Kundenservice (bei jeder Kundenanfrage oder Beschwerde wird ein sogenanntes Ticket angelegt) ab dem 14. September 2023 entsprechend zu bearbeiten. Alle weiter zurückliegenden Tickets würden automatisch auf erledigt gesetzt. "Es findet morgen am Nachmittag im Rahmen einer Kontrollamtsprüfung ein Termin von Mitarbeitern des Kontrollamtes im Kundencenter statt, bei dem sich das Kontrollamt über die Abläufe im Kundencenter informieren will. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass auch das Ticketsystem einer genaueren Betrachtung unterzogen wird."

Diese Mails gelangten aber noch vor dem Besuch des Kontrollamtes in die Hände der Prüfer. Beim Termin in der GSWB habe man dann extra nachgefragt, ob es noch ältere unerledigte Tickets gebe. "Das ist verneint worden, sagte Kontrollamtsdirektor Alexander Niedermoser am Mittwoch in den "Salzburger Nachrichten" (SN). Es seien lediglich zwei oder drei ältere Tickets gefunden worden, die "durchgerutscht sein dürften". Erst am nächsten Tag hat das Kontrollamt den Prokuristen mit dem Inhalt der E-Mails konfrontiert. "Dieser hat uns bestätigt, dass die Vorgehensweise in einer Geschäftsleiterbesprechung so festgelegt worden sei." Die offenen Tickets habe man in eine Excel-Datei verschoben und werde sie später wieder einspielen.

Die Prüfer erstatteten daraufhin der GSWB einen weiteren Besuch und erhielten nun die vollständige Aufstellung. "Das waren 1.566 offene Tickets von 1. Jänner 2021 bis 13. September 2023." Insgesamt seien bis Anfang Dezember 4.238 Tickets offen gewesen. Die GSWB habe festgestellt, dass 1.438 Tickets pensionierten, ausgetretenen oder verstorbenen Mitarbeitern zugeordnet waren. "Da hat es gar keine Mitarbeiter mehr gegeben, die das hätten bearbeiten können", sagte der Kontrollamtschef.

Ende Jänner 2024 gelangte die "Trickserei" in die lokalen Medien, wo nicht nur darüber berichtet wurde, sondern auch über einzelne Fälle von unzufriedenen Kund:innen. Die Sache wurde außerdem zum Politikum, und gestern, Dienstag, auch zur Chefsache: Landeshauptmann Wilfried Haslauer und Bürgermeister Harald Preuner (beide ÖVP) erteilten ob des zunehmenden Drucks der Opposition und wohl auch der anstehenden Gemeinderatswahl am 10. März eine schriftliche Weisung an die Geschäftsführung: "In den letzten Tagen wurde in breiter Öffentlichkeit Kritik an der Hausverwaltung der GSWB anhand von Einzelfällen laut, die der Reputation des Unternehmens erheblichen Schaden zugefügt haben. Daher haben wir mittels einer 'Gesellschafter-Weisung' die Geschäftsführung angewiesen, die bestehenden Mängel so rasch als möglich zu beheben und eine umfassende Organisationsanalyse in den Bereichen Beschwerdemanagement und Hausverwaltung in die Wege zu leiten und bis Juni 2024 umzusetzen", hieß es in einer Pressemitteilung.

GSWB-Pressekonferenz KlimaFit 2037 SALZBURG24/Pfeifer
Peter Rassaerts (Geschäftsführer gswb) und Christian Lechner (Prokurist gswb) bei einem Medientermin im März 2023.

Die GSWB verwaltet laut Geschäftsbericht von 2022 rund 42.000 Verwaltungseinheiten, darunter gut 25.000 Wohnungen, 17.000 davon sind im Eigentum der GSWB. Der Umsatz im Jahr 2022 betrug 139,4 Mio Euro, es wurde ein Bilanzgewinn von 15,4 Mio. Euro erwirtschaftet. Das Bauvolumen betrug 2022 gut 45 Millionen Euro. Das Unternehmen hat 185 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 2006 waren es noch 245. Die GSWB ist die größte gemeinnützige Wohnbauvereinigung im Land Salzburg.

(Quelle: salzburg24)

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