Normalerweise sollte man morgens nach dem Aufstehen ausgeschlafen und voller Energie sein. Doch bei vielen Salzburgerinnen und Salzburgern schlägt sich die dunklere Zeit des Jahres auf die Stimmung nieder: Trägheit, Antriebslosigkeit und Lustlosigkeit nehmen zu. Das kann auch Wolfgang Lanner, Vizepräsident der Salzburger Apothekerkammer, bestätigen: "Der Stoffwechsel stellt sich um und passt sich der kommenden Winterzeit an", erklärt er am Dienstag gegenüber SALZBURG24.
Weniger natürliches Licht im Herbst
Doch woher kommt nun die Herbstmüdigkeit? Es ist keine Krankheit per se, sondern eine Ausprägung der saisonal-affektiven Störung. "Am häufigsten davon betroffen sind Menschen in Skandinavien, während es das im US-Bundesstaat Florida überhaupt nicht gibt", führt Univ.-Prof. Dr. Manuel Schabus, Schlafforscher an der Uni Salzburg, im Gespräch mit S24 aus.
In unseren Breitengraden wird das natürliche Licht im Herbst und Winter reduziert: Die Sonne ist früher weg, obwohl der Köper noch länger wach ist. "Wenig Licht fördert Depressionen", bringt es Schabus auf den Punkt. "Viele von uns gehen morgens ins Büro und bekommen bis zum Feierabend nur künstliches Licht ab, wenn es draußen schon wieder dunkel ist."
Schlafprobleme nehmen "eklatant" zu
Neben Bewegungsmangel und zu wenig Sonnenlicht sei die Schlafhygiene ganz zentral. Und unter schlechtem Schlaf leiden immer mehr Menschen. Den "eklatanten Anstieg von Schlafproblemen" bemerkt auch Lanner, der eine Apotheke in Neumarkt am Wallersee (Flachgau) leitet. "In der Pandemie hat das stark zugenommen", sagt er: "Die Menschen saugen einen Überfluss an Informationen sowie eine Vielzahl verschiedenster Probleme und Sorgen auf, was sich im Schlaf bemerkbar macht."
Einer aktuellen internationalen Studie zufolge, die auch in Österreich durchgeführt wurde, wurden bei fast 37 Prozent der Teilnehmer Symptome von Schlafstörungen festgestellt.
Was es mit Melatonin auf sich hat
Entscheidend für unseren Schlaf sind die unterschiedlichen Lichtverhältnisse – und die ändern sich bekanntlich im Herbst und Winter. Die innere Uhr des Menschen wird maßgeblich durch zwei Hormone gesteuert: Einerseits schüttet das Gehirn bei Dunkelheit Melatonin aus, andererseits wird bei Tageslicht Serotonin produziert.
Und Melatonin regelt unsere Schlafphysiologie, denn das Hormon wirkt schlaffördernd. Künstliches Licht am Abend und in der Nacht kann die Abgabe von Melatonin ins Blut unterdrücken und damit die schlaffördernde Wirkung aufheben. Umgekehrt gilt: Bei Dunkelheit erhöht der Körper die Melatonin-Produktion. Grundsätzlich kann eine Verringerung – aber auch Erhöhung – des Melatoninspiegels im Blut zu Schlafstörungen bzw. Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus führen.
Eine zusätzliche Zufuhr von Melatonin empfiehlt Schlafforscher Schabus nur bei einem geringen Melatoninspiegel sowie bei Menschen über 60 Jahren. "Bei gesunden Jungen ist das nicht sinnvoll, weil genügend Melatonin im Körper vorhanden ist."
Gut durch dunkle Jahreszeit kommen
Bei Einschlafhilfen setzt Lanner in seiner Apotheke aufgrund der "sanften Wirkung" vornehmlich auf pflanzliche Präparate, die Lavendel, Hopfen, Baldrian und Melisse enthalten. Die Wirksamkeit beruht fast immer auf dem Zusammenspiel verschiedener Inhaltsstoffe.
Neben dem Melatonin gibt es weitere Faktoren, die unseren Schlaf in der dunkleren Jahreszeit beeinflussen: Der Pharmazeut rät dazu, die eigenen täglichen Gewohnheiten zu überdenken: Aufputschende Getränke, wie Kaffee und grüner Tee, sollten grundsätzlich etwas reduziert oder vor allem nicht mehr am Abend getrunken werden. Auch auf schwere Gerichte, etwa Schnitzel mit Pommes, sollte zu späterer Stunde verzichtet werden.
Weil der Mensch zu 95 Prozent aus Wasser besteht, darf auch das Trinken nicht vernachlässigt werden: Zwei Liter am Tag sollten es mindestens sein, "denn das ist gut für Verdauung, Stoffwechsel und Co", weiß Lanner.
Tipps für die eigenen vier Wände
Außerdem sollte die Wohnung bzw. das Schlafzimmer im Herbst und Winter nicht überheizt werden. "Regelmäßiges Lüften hilft ungemein, auch in Hinblick auf den Elektrosmog." Hilfreich sei auch der Abstand von Bildschirmen, wie vom Handy, Tablet oder Fernseher. Spezielle Blaufilter, die sehr hoch eingestellt werden müssen, können hier Abhilfe schaffen.
Stichwort Licht: Spezielle Lampen können daheim helfen, um die Stimmung buchstäblich aufzuhellen. Tageslichtlampen oder Lichtbrillen sollten aber nicht bis zum Abend brennen, um sich nicht selbst um den verdienten Schlaf zu bringen. "Eine Stunde am Tag kann sicher helfen", sagt Schlafforscher Schabus.
Ratsam sei auch, das Schlafzimmer nicht komplett mit Vorhängen oder Jalousien abzudunkeln, sondern bewusst die ersten Lichtstrahlen am Morgen ins Zimmer reinscheinen zu lassen. Alternativ gibt es auch Lampen, die morgendliche Sonnenstrahlen simulieren. "Wer vom Wecker im Dunkeln geweckt wird, ist oft noch sehr schlaftrunken", berichtet Schabus. Das liegt am in der Dunkelheit ausgeschütteten Melatonin, das uns müde macht. "Wenn möglich, sollte bei Licht aufgewacht werden."
Bewegung an frischer Luft
Weil zur dunkleren Jahreszeit weniger Vitamin D durch die Sonne aufgenommen werden kann, gibt es Alternativen bei der Nahrungsaufnahme: So steckt reichlich davon in Fischen, wie Aal, Hering, Forelle, Sardinen und Lachs. Vegetarier bzw. Veganer setzen auf Schwammerl, Eier, Emmentaler und Avocado.
Grundsätzliche Abhilfe gegen Herbstmüdigkeit schafft Bewegung im Freien: Ob mit dem Rad zur Arbeit zu fahren, ausgedehnte Spaziergänge durch den Wald oder die Mittagspause unter freiem Himmel verbringen. Jegliche körperliche Aktivität regt den Kreislauf an und versorgt das Blut mit Sauerstoff. Denn je mehr wir davon einatmen, desto besser kann unser Blutkreislauf wichtige Nährstoffe in den ganzen Körper transportieren. Und je mehr wir uns bewegen, desto leichter werden wir am Abend in den Schlaf gewogen. Wie wichtig das ist, weiß Schabus: "Man hat absolut nichts gewonnen, wenn am Schlaf gespart wird."
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