Warum machen wir es nicht?

"Jeder kann seinen Umweltschweinehund überwinden"

Veröffentlicht: 11. März 2022 06:59 Uhr
Obwohl eigentlich allen Österreicher:innen klar sein sollte, wie es um unsere Umwelt steht, gibt es immer noch viele, die ihren Müll nicht trennen, zu viel Fleisch essen oder unnötig oft mit dem Auto fahren. Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke erklärt, wie man seinen inneren „Umweltschweinehund“ überlisten kann.
Oliver Klamminger

Woran liegt es, dass so viele Menschen scheinbar kein Interesse an Mülltrennung haben, unnötige Strecken mit dem Auto fahren oder zu viel Fleisch essen? Und das, obwohl mittlerweile jedem klar sein sollte, dass es unserer Umwelt nicht gut tut. Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke von der Universität Salzburg forscht seit Jahren zu diesem Thema und kommt zum Schluss, dass es am inneren „Umweltschweinehund“ liegt. Doch auch dieser könne überwunden werden, wie sie im SALZBURG24-Interview verrät.

Isabella Uhl-Hädicke Alex Gotter
Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke veröffentlichte ein Buch, mit dem sie den inneren "Umweltschweinehund" von uns allen ansprechen will.

Umweltsituation ist jedem bekannt

„Die Menschen wissen es und haben auch ein Bewusstsein, dass die Klimakrise eine Gefahr ist“, ist sich die 34-Jährige sicher. Viele hätten auch gute Absichten, wollen etwa auf Mülltrennung achten. „Doch dann kommt der Alltag dazwischen“. Der „Umweltschweinehund“ lässt uns unsere guten Intentionen vergessen. Und das macht er sogar sehr gut. Und auch nachhaltig. Das liege daran, dass uns die Folgen nicht unmittelbar betreffen. Wenn wir eine Packung Tomatensoße auf den Boden fallen lassen, stehen wir direkt vor dem unerfreulichen Resultat, das wir selbst in Ordnung bringen müssen. Wenn wir allerdings kurze Wegstrecken unnötig mit dem Auto anstatt des Fahrrades zurücklegen, tut uns das ausgestoßene CO₂ nicht unmittelbar weh. Obwohl wir doch wissen, dass es dem Klima schadet.

Provoziert Greta Thunberg wirklich alle?

„Es ist für uns schwer greifbar, der Zusammenhang im eigenen Alltag nicht spürbar und das erzeugte Problem nicht schnell mit drei Handlungen lösbar“, führt die Umweltpsychologin an. Die Thematik müsse etwa in den Medien durch starke Bilder und Metaphern noch greifbarer gemacht werden.

 

So wie es die Aktivistin Greta Thunberg tut. Durch ihre Auftritte mache sie das Thema präsent. Dafür erntet sie allerdings keineswegs nur Lob. Besonders in den sozialen Medien sind teils wütende Beschimpfungen an der Tagesordnung, wenn es um die junge Schwedin geht. Aber insgesamt handle es sich dabei nur um einen kleinen Prozentsatz in der Bevölkerung. Da dieser jedoch „laut“ ist, wirke es so, als wäre eine große Menge gegen Thunberg und ihre Handlungen. Jene, die ihr zustimmen, bleiben stumm. Dieses Phänomen, das die Kommunikationswissenschaft „Schweigespirale“ nennt, trete auch auf, wenn es um das Thema Corona-Pandemie geht.

 

Ausreden sind schnell gefunden

Verbale Angriffe gegen Thunberg werden schnell persönlich und beziehen sich selten auf ihre Handlungen. Was einerseits als „Whataboutism“ gesehen werden kann, zeige andererseits, dass sich Menschen im Inneren angegriffen fühlen bzw. ihre eigenen Unsicherheiten angesprochen werden. Der Mensch sucht nach Ausreden. Da ist er wieder, der innere „Umweltschweinehund“. Denn nichts ist so schnell gefunden, wie eine Ausrede. „Wir suchen uns Gründe, warum wir uns so verhalten, anstatt uns tatsächlich zu ändern“, so Uhl-Hädicke. „Im Fall von Greta Thunberg wird die Quelle verunglimpft“.

Warum uns "Whataboutism" nicht weiterbringt

Stoff für angeregte Diskussionen gibt es zur Genüge. Oft kommt man dabei vom Hundertsten ins Tausendste. Warum es aber nicht förderlich ist, bewusst vom Thema abzuschweifen und was man auf "…

Gewohnheiten füttern den „Umweltschweinehund“

Besonders schwer sei es, seine guten Vorsätze einzuhalten, wenn sie im unmittelbaren Umfeld nicht gelebt und akzeptiert werden. Wie etwa beim übermäßigen Fleischkonsum, der besonders in unseren Breitengraden ein großes Thema ist. Zu viel Fleischgenuss ist erwiesenermaßen schlecht für unseren Körper, die Produktion belastet die Umwelt. „Wenn es im eigenen Umfeld normal ist, viel Fleisch zu essen, dann wird eine Barriere aufgebaut“, führt die Buchautorin ein Beispiel an. Und so füttern wir unseren „Umweltschweinehund“ mit Gewohnheiten. „Gewohnheiten sind eigentlich sinnvoll, erleichtern uns den Alltag. Aber leider stehen sie uns auch oft im Weg und sind klimaschädigend“.

 

Raus aus der Komfortzone

Über den eigenen Schatten zu springen und sein Verhalten zum Guten zu ändern, sei eben gar nicht so einfach. Aber natürlich gebe es auch Faktoren, die einen Wandel erleichtern oder bewirken können. „Zum Beispiel eine Veränderung der Lebenssituation wie ein Umzug oder Job-Wechsel“, führt die Oberösterreicherin an. Solch große Veränderungen kann man logischerweise nicht regelmäßig vollziehen. Doch gäbe es auch andere Methoden, um aus seiner Komfortzone herauszukommen: „Man kann sein Verhalten vor dem inneren Auge ablaufen lassen und seine Handlungen hinterfragen.“ Dabei könne man sich selbst auch durch Tricks in die „richtige“ Spur leiten, in dem man etwa seinen Schlüssel bewusst auf den Fahrradhelm legt.

 

Das können wir für die Umwelt tun

Die Umweltpsychologin führt drei große Punkte an, die jeder einzelne ändern kann, um einen Beitrag zu einer besseren Umwelt zu leisten.

Mobilität

Wie wir uns fortbewegen, hat großen Einfluss auf unser Klima. Klar ist, dass der CO₂-Ausstoß durch Pkw und Co schlecht für die Umwelt ist. Der Umstieg auf das umweltfreundlichere Fahrrad oder auf Öffis ist aber nicht für jeden immer möglich. „Es kommt auf die Balance an“, weiß Uhl-Hädicke. Besser kleine Schritte in die richtige Richtung zu machen wäre sinnvoller als gar keine. Und wer schlechte Erfahrungen macht, läuft Gefahr, wieder vom Weg abzukommen. Angebote wie das Klimaticket seien wichtig und könnten beim Umstieg helfen. „Allerdings ist es für Anreize bereits 50 Jahre zu spät“. Es brauche Handlungen und dafür sind alle Ebenen gefragt: Politik, Wirtschaft und jede Einzelperson.

Ernährung

Was für die Mobilität gilt, könne auch auf das Thema Ernährung übertragen werden. Auch hierbei sind alle Instanzen gefordert. Als Einzelner könne man zum Beispiel tierische Lebensmittel reduzieren, saisonale und Bio-Produkte konsumieren. Und besonders wichtig sei es, der eklatanten Lebensmittelverschwendung in unserer Gesellschaft ein Ende zu setzen.

Energieverbrauch

Seit Kriegsbeginn in der Ukraine und mit dem damit verbundenen Preisanstieg von Strom, Gas und Öl achten viele noch mehr auf ihren Energieverbrauch. Doch sollte nicht nur der Preis den Anstoß dazu geben, sondern auch der Umweltgedanke. „Ich sollte mich hinterfragen, woher ich den Strom beziehe, meine Wohnung einem Klimacheck unterziehen und alles auf LED umrüsten. Auch wenn es anfangs ein wenig teuer ist, ist es sinnvoll“, rät die Umweltpsychologin.

 

Jeder kann klimafreundlich leben

An der Klimakrise gibt es keinen Zweifel mehr. Dennoch seien Menschen teilweise überfordert, wenn sie sich damit auseinandersetzen würden. Auch eine gewisse Ermüdung von motivierten Personen sei verständlich, weil global gesehen einfach zu wenig passiere. Dennoch sollte man dran bleiben, meint Uhl-Hädicke und ist sich sicher: „Jeder kann seinen inneren Umweltschweinehund überwinden und klimafreundlich leben. Auch wenn es dafür kein Wundermittel gibt“.

(Quelle: salzburg24)

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