Künftig soll ein eigener Aufenthaltstitel für Lehrlinge geschaffen werden, um den Bedürfnissen der Wirtschaft zu entsprechen, hieß es noch am Sonntag. Wie genau diese Pläne ausschauen sollen, war zunächst noch völlig unklar. Eine SALZBURG24-Anfrage beim Bundeskanzleramt blieb bis dato unbeantwortet.
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Der Plan der Regierung, den Zugang zur Lehrausbildung für Asylwerber abzuschaffen, hat am Montag hohe Wellen geschlagen. Von zahlreichen Seiten hagelte es Kritik. Aufhorchen ließ Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP), die der Wirtschaft in Aussicht stellte, dass bereits begonnene Lehren, auch bei negativen Asylbescheiden, fertig gemacht werden dürfen.
Viele Unterstützer gegen Abschiebung von Lehrlingen
Man schaue sich die rechtlichen Möglichkeiten an, dass Lehrlinge mit negativem Asylbescheid die Ausbildung abschließen können, bevor sie das Land verlassen müssen. "Das ist glaube ich ein wichtiger Punkt. Darüber wurde viel diskutiert. Das können wir anbieten", sagte Schramböck im "Ö1"-Mittagsjournal.
Die Abschiebung von Lehrlingen in Mangelberufen war eigentlicher Auslöser der Debatte. Der oberösterreichische Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne) setzt sich seit Monaten für von der Abschiebung bedrohte Lehrlinge ein und fand dabei viele promineten Unterstützer. Die Petition "Ausbildung statt Abschiebung" haben bisher 56.000 Personen unterzeichnet. Die Prominentesten sind Reinhold Mitterlehner, Christian Konrad, Hermann Maier, Josef Hader, Robert Palfrader, Ursula Strauss und Erika Pluhar. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen spricht sich dafür aus, Abschiebungen von Asylwerbern während der Lehrzeit zu stoppen.
Offene Lehrstellen in westlichen Bundesländern
Seit 2012 ist die Lehrlingsausbildung für Asylwerber bis 25 Jahre in Mangelberufen erlaubt. Die Beschäftigung bedarf einer Beschäftigungsbewilligung durch das AMS, es muss ein nachgewiesener Lehrlingsmangel bestehen und der Lehrling muss eine fixe Lehrstelle haben. Derzeit machen laut AMS 1.023 Asylwerber eine Lehre. Davon sind 327 als Köche tätig, weitere 122 als Restaurantfachkraft und 76 als Gastronomiefachkraft. Das Gros dieser Lehrlinge ist in Oberösterreich beschäftigt, wo 359 junge Asylwerber als Lehrlinge arbeiten, gefolgt von Salzburg mit 155 und Tirol mit 136. Laut Anschober ist mehr als ein Drittel der Lehrlinge nach negativen Asylbescheiden von der Abschiebung bedroht.
Der Vorstand des Arbeitsmarktservice (AMS), Herbert Buchinger, sah die Frage der Zulassung von Asylwerbern für die Lehre als "Randerscheinung der Arbeitsmarktpolitik". Das Problem bei den Asylberechtigten wie bei den Asylwerbern sei, dass die meisten von ihnen in Wien seien, das Gros der offenen Lehrstellen aber in den westlichen Bundesländern.
Hilfsorganisationen üben Kritik
Laut Regierung befinden sich aktuell 8.600 anerkannte Flüchtlinge unter 25 Jahren, darunter 1.300 Lehrstellensuchende, auf Jobsuche. Türkis-Blau will daher "Initiativen und Programme für Asylberechtigte" starten, wie Wirtschaftsministerin Schramböck sagte. Zudem soll die Rot-Weiß-Rot-Karte für Lehrlinge geöffnet werden. Jugendliche aus Drittstaaten sollen künftig in Mangelberufen über diese Zuwanderungskarte legal nach Österreich einwandern dürfen. "Es sollen jene zu uns kommen, die wir brauchen und nicht jene, die zufällig zu uns kommen", so Schramböck.
Vor allem Hilfsorganisationen kritisierten am Montag die Regierungspläne. Von einer "völligen Fehlentscheidung" sprach Caritas-Präsident Michael Landau. Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer zeigte sich "enttäuscht". Scharfe Worte kamen auch von SOS Mitmensch und der asylkoordination.
Niessl: "Falscher Ansatzpunkt"
Auch Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ), der derzeit auch den Vorsitz der Landeshauptleutekonferenz innehat, hält das Vorhaben der Regierung für einen "falschen Ansatzpunkt". Das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR bedauerte ebenfalls die Ankündigung der Regierung.
Die Fraktion Sozialdemokratische GewerkschafterInnen (FSG) bläst ins selbe Horn: "Ohne Diskussion mit betroffenen Asylwerbern, ohne Diskussion mit Integrationsexperten und ohne Diskussion mit den Sozialpartnern. Gerade Bundeskanzler Kurz, welcher selbst Integrationsminister war, sollte wissen, dass Arbeit und Bildung der beste Schlüssel zu einer gelungenen Integration ist."
NEOS-Schellhorn: "Realitätsfremd und zynisch"
Mit völligen Unverständnis reagierte NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn: "Das ist völlig realitätsfremd und zynisch". Die Regierung setze das Spalten der Gesellschaft munter fort. Die Bedürfnisse der Unternehmer seien Türkis-Blau aber offenbar egal.
Auch Salzburgs Landeshauptmannstellvertreter Heinrich Schellhorn (Grüne) sprach von einem "zynischen, realitätsfremden und im höchsten Maße unternehmerInnenfeindlichen Vorhaben". Er appellierte an die Bundesregierung, keine vorschnellen Entscheidungen zu treffen, sondern im Dialog mit Unternehmen, Sozialpartnern, AMS und den Ländern eine sinnvolle und lebensnahe Regelung für Asylwerber in Lehre zu suchen.
(S24/APA)
(Quelle: salzburg24)