24/7 ausgelaugt

Lungauer Schwestern sammeln Spenden für ihren kranken Bruder

Veröffentlicht: 02. Februar 2024 15:14 Uhr
Nach einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus vor sechs Jahren erkrankte Thomas Rauter an Myalgische Encephalomyelitis/Chronischen Fatigue Syndrom. Seither sind ihm jegliche körperliche und geistige Belastungen zu anstrengend, sodass er auf die Pflege seiner Familie in St. Michael im Lungau angewiesen ist. Seine beiden Drillingsschwestern wollen nun 25.000 Euro an Spenden sammeln, um ihrem Bruder das Leben zu erleichtern.
Moni Gaudreau

Von einem Tag auf den anderen wurde der damals 24-jährige Thomas Rauter aus seinem selbstständigen Leben gerissen. Der Grund: eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) im Frühjahr 2018. Normalerweise führt EBV zu Pfeifferschem Drüsenfieber, danach erholen sich die Erkrankten in der Regel. Nicht aber Thomas. Bei ihm löste die Infektion Myalgische Encephalomyelitis/Chronische Fatigue-Syndrom (ME/CFS) aus.

Seit nun bald sechs Jahren ist der ehemalige Jus-Student und Mitarbeiter einer Salzburg Bank zurück zu seinen Eltern nach St. Michael im Lungau gezogen. Wegen seiner dauerhaften Erschöpfung ist er bettlägrig und 24 Stunden auf die Pflege und Unterstützung seiner Familie angewiesen. „Das ist eine Never-Ending-Challenge für eine berufstätige Mama", beschreibt Martina Obermayer-Rauter, wenn Thomas einen schlechten Tag hat, und erklärt weiter: „Sein Arzt muss dann kommen und ihm Schmerzinfusionen geben."

Was ist ME/CFS?

ME/CFS ist eine neuroimmunologische Multisystemerkrankung, bei der die Betroffenen unter einer enorm verminderten Leistungsfähigkeit leiden. Begleitet wird die Krankheit von körperlicher und geistiger Müdigkeit. Laut der Medizinischen Universität Wien sind die genauen Ursachen noch nicht ausreichend erforscht. ME/CFS kann nach einer Infektion, aber auch nach Operationen, Traumata oder hormonellen Veränderungen ausgelöst werden.

Treppensteigen verschlechtert Zustand

Auch Thomas hat mit „dauerhafter und extremer, selbst für todmüde Gesunde unvorstellbarer Erschöpfung“ zu kämpfen. „Egal ob physisch oder kognitiv, ich bin komplett eingeschränkt. Ein paar Schritte sind möglich, wenn ich zum Beispiel auf die Toilette gehe“, schreibt der 30-Jährige per WhatsApp. Für ein Telefonat mit SALZBURG24 hatte er bislang keine Kraft.

„Wenn ich versuche, die Treppenstufen nach oben zu steigen, nimmt mich das voll mit. Mein Zustand verschlechtert sich dann oft extrem und wochenlang“, beschreibt Thomas seine Leidensgeschichte. Zudem leide er unter starken Ganzkörperschmerzen, insbesondere den Muskeln und Gelenken. Gegenüber Licht und Geräuschen sei er sehr empfindlich. Häufig leide er auch unter „Brain Fog“ und habe somit Probleme, sich zu konzentrieren.

"Brain Fog" ist ein informeller Begriff, der ein Gefühl der Verwirrung, Desorientierung, Gedächtnislücken und mangelnder Klarheit im Denken beschreibt. Es ist keine medizinische Diagnose, sondern eher eine allgemeine Beschreibung von Symptomen, die das Denken und die kognitive Funktion beeinträchtigen.

Erschöpft nach 18 Stunden Schlaf

Normalerweise schläft Thomas zwischen 16 und 18 Stunden, gegen 18.30 Uhr wird er munter. Trotzdem ist er oft bereits nach dem Aufstehen schon komplett erschöpft. „Es fühlt sich an, als hätte ich gar nicht geschlafen“, meint der gebürtige Lungauer. Danach putzt er sich die Zähne und legt sich wieder hin.

Prinzipiell verbringt der 30-Jährige den ganzen Tag liegend und mit so wenig physischer Anstrengung wie möglich, um seinen Zustand nicht zu verschlechtern. Neben dem normalen Essen und Trinken nimmt Thomas täglich mehrere Medikamente, Vitamine und Nahrungsergänzungsmittel ein. Außerdem inhaliert er zusätzlich Wasserstoff und Sauerstoff. Oft ist seine größte Herausforderung, bis zur Schlafenszeit wach zu bleiben. Ansonsten wird sein ohnehin gestörter Schlaf-Rhythmus noch schlechter und er bleibt nachts wach.

In seltenen "guten" Phasen recherchiert und liest Thomas, ob es Fortschritte in der Forschung zu seiner Krankheit gibt. „Vor allem, ob man etwas zur Heilung oder zumindest zur Linderung und Verbesserung tun kann oder, ob es sonstige Lichtblicke gibt.“

Über 14.700 Euro an Spenden gesammelt

Einen Lichtblick im Hause Rauter gibt es zumindest in finanzieller Hinsicht. Auf gofundme läuft seit 20. Dezember 2023 eine Fundraising-Aktion für Thomas. „Meine beiden Drillings-Schwestern Magdalena und Alexandra erinnerten sich, dass ich ihnen von der Plattform vor einer Ewigkeit erzählt hatte. Damals, noch als Gesunder, unterstützte ich ein kleines Mädchen mit Leukämie. Vor Kurzem haben meine Schwestern nun einen Spendenaufruf für mich ins Leben gerufen“, schildert der Lungauer.

Bisher wurden dort über 14.700 Euro für Thomas gespendet. Das Ziel ist etwa zur Hälfte erreicht: 25.000 Euro werden angestrebt. Damit können medizinische Therapiegeräte, Medikamente, Vitaminpräparate und Infusionen angeschafft werden, die für Thomas teilweise notwendig sind. Auch spezielle Therapien und Rehabilitationseinheiten, die die Symptome lindern und somit seine Lebensqualität zu verbessern, sollen mit den Spenden finanziert werden.

Besteht eine Chance auf Heilung?

Bislang gibt es keine allgemein verfügbare Therapie, die die Ursachen von ME/CFS bekämpft, schreibt die Medizinische Universität Wien auf ihrer Webseite. Für Betroffene müsse daher meist eine individuell angepasste Therapie zur Linderung der Symptome gefunden werden. Das könne aber oft Jahre dauern. Hermann Raunig, der Hausarzt der Familie Rauter, will aber auf SALZBURG24-Anfrage festhalten: „Man darf den Betroffenen da nicht die Hoffnung nehmen. Die Chance auf Heilung liegt sicher nicht bei null, sondern in naher Zukunft. Der Körper hat da oftmals ein Ass im Ärmel.“

Auch die hohen Kosten sprach der Mediziner, der bei Bedarf auch am Wochenende aus Kärnten nach St. Michael anreise, an. Allein die Medikamente würden mindestens 1.000 Euro pro Monat kosten. Zusätzlich schaffte die Familie diese Woche noch ein spezielles Therapiegerät an. Kostenpunkt: 6.000 Euro.

Die Österreichische Gemeinschaft (ÖG) ME/CFS rechnet damit, dass sich die Zahl der Betroffenen durch die Corona-Pandemie mindestens verdoppelt haben müsste. Grund dafür seien die Long-Covid-Betroffenen, die auch nach der akuten Erkrankung mit Symptomen wie chronischer Erschöpfung zu kämpfen haben. Somit geht die ÖG ME/CFS von 24.000 bis 80.000 Menschen in Österreich aus, die unter CFS leiden.

Anlaufstelle für ME/CFS-Betroffene in Salzburg

Denn laut Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) soll heuer bis zum Sommer ein nationales Referenzzentrum für post-virale Erkrankungen kommen. Die Einrichtung werde als "Wissenshub" fungieren, Forschung betreiben und Gesundheitspersonal bei komplizierten Fällen beraten.

Bereits im Vorjahr wurde eine Anlaufstelle für CFS-Erkrankte in Salzburg gefordert. Bislang gibt es speziell in der Stadt Salzburg eine Selbsthilfegruppe für ME/CFS-Betroffene. Seit der Corona-Pandemie gab es laut Johannes Gimm, Ansprechpartner der Gruppe, keine Treffen mehr. Grund dafür sei die geringe Nachfrage der ME/CFS-Betroffenen, denn für Long-Covid-Betroffene gibt es bereits eine eigene Gruppe.

(Quelle: salzburg24)

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