Ungleiche Bezahlung für gleiche Arbeit, Care-Arbeit, die nach wie vor großteils von Frauen erledigt wird oder gar Gewalt gegen Frauen: Zugegeben, es gibt viele Gründe, über den gestrigen Weltfrauentag aus der Sicht der Frauen zu berichten. Dabei sollten Männer bei dieser Debatte nicht ausgenommen sein, denn tatsächliche Gleichstellung kann es nur geben, wenn beide Geschlechter dafür eintreten.
Einer, der die Sicht der Männer besonders gut kennt, ist Martin Rachlinger. Er ist beim Salzburger Männerbüro als Berater tätig und zudem der Leiter der Beratungsstelle für Gewaltprävention. Im Sonntagstalk haben wir mit ihm über den Weltfrauentag, toxische Männlichkeit in den Sozialen Medien und den langen Weg zur Gleichstellung gesprochen. Dabei haben wir erfahren, dass "Männer gewinnen, wenn sie Macht abgeben", wie Rachlinger erzählt.
Martin Rachlinger im Sonntagstalk: Ein Auszug zum Nachlesen
SALZBURG24: Herr Rachlinger, ist der Weltfrauentag auch für Männer wichtig?
MARTIN RACHLINGER: Natürlich. Ich sehe es als ganz wichtig, dass wir in unserer Gesellschaft daran arbeiten, eine gleichberechtigte Strukturgesellschaft zwischen Männern und Frauen zu schaffen. Leider aber ist es so, dass es keine Gleichberechtigung gibt. Aus meiner Sicht müssen wir hier noch viel mit Männern arbeiten müssen. Der Feminismus wird oft als Feindbild dargestellt, etwa, dass Männer viel verlieren würden, wenn sie nicht mehr ihre natürliche Rolle wahrnehmen können, die sie als Mann angeblich haben. Dabei sind Männer immer noch viel mehr betroffen von Suchterkrankungen, von Suizid, von psychischen Erkrankungen und sie haben grundsätzlich eine viel schlechtere Gesundheit als Frauen. Da ist es, glaube ich, die Aufgabe zu vermitteln, dass es ein Gewinn ist für Männer, auf Macht zu verzichten.
Man sieht zuletzt vermehrt Influencer und Podcasts, die dieses Bild der „Alpha-Males“ propagieren. Wird diese Entwicklung jetzt vermehrt sichtbar oder gibt es wirklich einen Trend wieder hin zu diesen klassischen Männerrollen?
Das kann ich schwer sagen. Ich glaube aber, dass das eine Entwicklung ist, die es vor 20 Jahren so noch nicht so gegeben. Diese Rollenbilder hingegen gibt es schon lange. Der Diskurs geht aber dahin, dass es immer Verlierer und Gewinner geben muss, man braucht also ein Feindbild, um darzustellen, dass man benachteiligt wird. Und darum, glaube ich, ist das eine Reaktion auf eine Angst der Männer, dass sie benachteiligt werden. Deswegen springen sie auf diesen Zug auf, den Influencer oder politische Parteien vorgeben, dass wenn man Gleichberechtigung sucht, als Mann der Verlierer ist. Und das ist der falsche Weg.
Ist in absehbarer Zeit eine tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter möglich?
In absehbarer nicht. Ich glaube, dass ich das nicht mehr erleben werden und ich bin ein bisschen über 50. Das ist eine langfristige Entwicklung und man kann es auch schwer vorhersehen. Die aktuellen politischen Entwicklungen und gesellschaftlichen Entwicklungen stimmen mich nicht positiv. Heißt auch noch nicht, dass es zwangsläufig negativ ist, aber ich sehe nicht diese positive Perspektive auf unterschiedlichen Ebenen in Richtung eines gesellschaftlichen Miteinanders. Ich hoffe es, dass sich etwas verändert. Aber es ist schwierig, denn diese wirtschaftlichen Krisensituationen, wie wir sie jetzt haben, fördern natürlich nicht unbedingt die Gleichberechtigung.
Den Sonntagstalk auf SALZBURG24 gibt's ab sofort wieder jede Woche. Am kommenden Sonntag, 16. März, wirft Thomas Pfeifer einen Blick auf die Salzburger Gastronomie. Einfach reinhören!
(Quelle: salzburg24)