Masern sind in Österreich aktuell auf dem Vormarsch. 55 Fälle galten bis Freitagfrüh laut der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) als bestätigt. Weitere Fälle sind noch nicht in der Statistik erfasst. Laut Ö1 dürften es bis Montag knapp 60 sein. Im gesamten Vorjahr waren es 186 Fälle. Österreich sei damit auf dem besten Weg, wieder Spitzenreiter in Europa zu werden, berichtete das Ö1-Morgenjournal am Montag. Schon 2023 habe es nur in Rumänien so viele Masernfälle gegeben wie hierzulande. Aus Salzburg gibt es zwar heuer noch keine Meldungen, dennoch sei die Situation in Österreich derzeit sehr ernst, wie Dr. Holger Förster, Arzt für Kinder- und Sportmedizin in Salzburg, im SALZBURG24-Interview schildert. „Man sieht, wie ansteckend Masern sind. Der Reproduktionswert liegt zwischen 15 und 18. Eine Person steckt also 15 bis 18 weitere Personen an. Es handelt sich um eine der ansteckendsten Krankheiten, die wir kennen.“ Zum Vergleich: Bei Corona oder Influenza liege der R-Wert bei zwei bis vier, so der Mediziner.
Wie kann man sich mit Masern anstecken?
Bei Masern handelt es sich um eine hochansteckende Tröpfcheninfektion. Wenn Erkrankte husten oder niesen, werden infektiöse Viruspartikel in Form von Tröpfchen ausgeschieden. Diese Tröpfchen können für mehrere Stunden in der Luft bleiben. Anstecken kann man sich zudem durch direkten Kontakt mit Nasen- oder Rachensekreten oder kontaminierten Oberflächen. Auf Oberflächen kann das Virus bis zu zwei Stunden überleben. Die Inkubationszeit – also die Zeit zwischen Infektion und den ersten Symptomen – liegt zwischen acht und 14 Tagen. In seltenen Fällen kann es bis zu 21 Tage dauern, bis sich die ersten Symptome bemerkbar machen.
Wie lange ist man bei Masern ansteckend?
Ansteckend ist man ab etwa vier Tagen vor bis vier Tage nach Auftreten des Masern-Exanthems – dem charakteristischen Hautausschlag (mehr zu den Symptomen erfahrt ihr weiter unten). In den zwei bis vier Tagen vor Auftreten des Ausschlags ist die Ansteckungsgefahr besonders hoch. „Es ist nur Glück und Zufall, dass es bei uns noch keine Masernfälle gibt. Salzburg hat genauso seine endemischen Gebiete mit ungeimpften Personen. Wenn zum Beispiel jemand, der selbst noch nichts von seiner Masernerkrankung weiß, nach Salzburg zum Skifahren kommt, steckt er hier vielleicht jemanden an. Und plötzlich haben wir auch hier einen Herd. Gerade in Gegenden mit vielen Ungeimpften haben wir plötzlich zig Fälle“, so Förster. Besonders rund um Hallein (Tennengau) seien traditionell eher wenige Personen geimpft, genauso wie im Grenzgebiet zu Bayern, berichtet der Arzt.
Was sind die Symptome von Masern?
Wer sich infiziert, hat meist zuerst mit grippeartigen Symptomen wie Fieber, Husten, Schnupfen oder Entzündungen der Bindehaut und der Bronchiolen – den kleinsten Verzweigungen der Atemwege – zu kämpfen. Typisch sind auch die sogenannten Koplik-Flecken in der Mundschleimhaut. Diese sind leuchtend rot mit weißen oder bläulich-weißen Zentren. Die Flecken treten meist einen oder zwei Tage vor dem Hautausschlag auf.
Der Ausschlag selbst macht sich in der Regel drei bis vier Tage nach Symptombeginn bemerkbar. Vom Kopf aus breitet sich der Ausschlag über den ganzen Körper aus. Er wird als makulopapulöses Exanthem beschrieben. Damit ist ein fleckig-knotiger Hautausschlag gemeint, meist mit einzelnen und zusammenlaufenden, rötlichen Flecken. Häufig kommt Juckreiz hinzu, auch Durchfall kann vorkommen. Nach vier bis fünf Tagen klingt das Exanthem meist ab.
Welche Komplikationen können bei Masern auftreten?
Maserninfektionen können zudem Komplikationen mit sich bringen. Dazu zählen etwa bakterielle Superinfektionen mit Mittelohr- und Lungenentzündungen oder Entzündungen des Kehlkopfs. Auch ist die Anfälligkeit für Tuberkulose erhöht. Tuberkulose wird durch Mykobakterien ausgelöst. Meist ist die Lunge betroffen, aber auch andere Organe können befallen werden. Typische Symptome sind Husten, Fieber und Gewichtsabnahme. Mit speziellen Antibiotika kann Tuberkulose meist gut behandelt werden. Wird die langsam fortschreitende Krankheit nicht behandelt, ist der Verlauf oft tödlich.
In ein bis zwei von 1.000 Masernfällen kommt es zu einer lebensbedrohlichen Entzündung des Gehirns. In zehn bis 20 Prozent der Fälle verläuft diese gar tödlich. In 20 bis 40 Prozent der Fälle sind bleibende Schäden des Nervensystems die Folge. Zusätzlich besteht das Risiko einer generalisierten Gehirnentzündung, bei der das Gehirn schrittweise zerfällt. Diese Spätfolge nennt man subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE). Je jünger die Betroffenen bei der Maserninfektion sind, desto größer ist die Gefahr, daran zu erkranken. Kinder, die sich während der Geburt oder im ersten Lebensjahr anstecken, haben ein Risiko von 1 zu 600. Eine Therapie für diese Komplikation gibt es nicht. „Masern ist eine hochgefährliche und dramatische Erkrankung. Ich habe es auch über die letzte große Epidemie in der Ordination miterlebt, dass die Leute verzweifelt sind. So schwer kranke Kinder erlebt man sonst heutzutage kaum mehr“, schildert Kinderarzt Holger Förster. Und das treffe sogar auf jene Fälle zu, bei denen keine Komplikationen auftreten.
Immunisierung von über 95 Prozent nötig
Das Masernvirus ist weltweit verbreitet. Besonders dort, wo die Durchimpfungsraten gering sind oder die Gesundheitsversorgung unzureichend ist, kommt es zu Ausbrüchen. Auch in Europa gibt es immer wieder Fälle – teilweise sinken hier die Durchimpfungsraten. Auch in Österreich sei die Durchimpfungsrate nicht zuletzt durch Corona deutlich gesunken, sagt der Mediziner. Einerseits hätten die Schulimpfungen wegen Lockdowns und Personalmangels nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt werden können. „Auch viele Säuglinge wurden in dieser Zeit nicht geimpft, weil die Eltern vor Angst, sich mit Corona anzustecken, nicht zum Arzt gegangen sind.“ Auch früher habe es Menschen gegeben, die sich nicht impfen lassen wollten. „Impfgegner hat nicht erst Corona erfunden. Aber es waren deutlich weniger. Viele Menschen sind etwas skeptischer geworden.“
Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist es, die Masern auszurotten. Damit Infektionsketten schnell unterbrochen werden können, müssen allerdings über 95 Prozent der Bevölkerung immun sein. Laut Ö1-Morgenjournal sind es derzeit aber nur 80 bis 90 Prozent der Kleinkinder. Von den Unter-Zehnjährigen verfügen demnach rund 30.000 über keinen ausreichenden Impfschutz gegen Masern. Die Masernimpfung sei zu 98 Prozent wirksam, betont Förster. „Das heißt, es rutscht fast keiner durch. Die Impfung hat kaum Nebenwirkungen. Zusammenhänge etwa zu Autismus sind letztendlich nur Zeitungsenten gewesen und wurden widerlegt. Außer lokalen Reaktionen wie einem Ausschlag oder Fieber gibt es nichts zu erwarten.“
Wie oft muss man gegen Masern geimpft sein?
In Österreich gibt es eine Kombinationsimpfung gegen Masern-Mumps-Röteln (MMR). Das Immunsystem reagiert auf die im Lebendimpfstoff enthaltenen, abgeschwächten Viren. Dadurch entsteht der Schutz. Die Grundimmunisierung besteht aus zwei Teilimpfungen. Die erste Teilimpfung sollte im zehnten Lebensmonat, die zweite Impfung drei Monate nach der ersten Teilimpfung verabreicht werden, informiert das Land Salzburg auf seiner Homepage. Falls die erste Teilimpfung nach dem ersten Geburtstag erfolgt, sollte die zweite Teilimpfung möglichst rasch durchgeführt werden. Ein Mindestabstand von vier Wochen sollte dabei jedoch eingehalten werden. Die MMR-Impfung ist Teil des Impfprogramms des Bundes, der Bundesländer und der Sozialversicherungsträger:innen. Sie wird an öffentlichen Impfstellen für alle Altersgruppen gratis angeboten.
Wer nicht geimpft ist, aber einmal eine Masernerkrankung durchgemacht hat, ist ebenfalls lebenslang immun, wie Holger Förster abschließend bestätigt. Er rät jenen Salzburgerinnen und Salzburgern, die noch nie mit Masern infiziert waren, ihren Impfstatus zu überprüfen und Unklarheiten mit einem Arzt oder einer Ärztin zu besprechen.
(Quelle: salzburg24)