Brief an neue Landesregierung

NGOs fordern Stärkung der Salzburger Umweltanwaltschaft

Acht Personen beim Medientermin und sechs weitere Statements verdeutlichen die grüne Allianz.
Veröffentlicht: 27. April 2023 06:40 Uhr
Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) erntet mit seinem Vorschlag, die Landesumweltanwaltschaft zu schwächen, nun herbe Kritik. In einem offenen Brief haben sich mehr als 70 Expert:innen an die zukünftige Landesregierung appelliert.
SALZBURG24 (AG)

Mehr als 70 österreichische Natur- und Umweltschutzorganisationen und Wissenschafter:innen sowie die neun Umweltanwält:innen der Bundesländer haben sich am Mittwoch in einem offenen Brief an die zukünftige Salzburger Landesregierung gewandt. Sie appellieren an die Verantwortlichen, die Rechte und Pflichten der Landesumweltanwaltschaft (LUA) sowie ihre Ressourcen personell und finanziell auszubauen, statt sie – wie vor der Wahl angekündigt – zu beschneiden.

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Haslauer will Umweltanwaltschaft schwächen

Um den Ausbau von Erneuerbaren Energien wie Windkraft zu beschleunigen, hat die Salzburger ÖVP ihren Koalitionspartnern kurz vor der letzten Landtagssitzung vor der Landtagswahl am vergangenen Sonntag einen umstrittenen Gesetzesvorschlag übermittelt. Eine Umsetzung scheiterte an der knappen Begutachtungsfrist und am Widerstand der Grünen, Landeshauptmann Wilfried Haslauer erklärte die Novelle aber zur Koalitionsbedingung für eine neue Regierung. Der Entwurf sah vor, der LUA bei Genehmigungsverfahren für Anlagen im Bereich der „Erneuerbaren“ das Revisionsrecht vor dem Verwaltungsgerichtshof zu streichen. Zugleich sollte das Naturschutzgesetz reformiert werden. Mit den vorgeschlagenen Änderungen seien aber nicht nur Projekte der Energiewende, sondern auch Betriebsansiedlungen, Skilifte oder Hotels rasch von „öffentlichem Interesse“, kritisierten etwa die Grünen.

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Expert:innen fürchten um Artenvielfalt

Bei den Unterzeichner:innen des offenen Briefs schrillten die Alarmglocken: Sie fürchten, dass die Artenvielfalt unter den geplanten Änderungen leiden könnte. „Die Biodiversitätsziele müssen gleichrangig mit den europäischen und österreichischen Klimazielen verfolgt werden“, schreibt etwa der Österreichische Biodiversitätsrat. Der menschengemachte Klimawandel sei nicht mehr aufzuhalten, das sichtbare Artensterben schreite aber ebenso stetig voran. „Kritische Kipppunkte können bald auch hier erreicht werden.“

 83 Prozent der Arten in bedenklichem Zustand

Die Wissenschafter:innen untermauerten das mit Zahlen: „In Österreich sind 83 Prozent der Arten und 79 Prozent der Lebensräume in einem mangelhaften bis schlechten Zustand. (...) Nur 17 Prozent der Flüsse können noch ohne Hindernisse frei fließen, ca. 60 Prozent der Fischarten sind gefährdet. Gerade drei Prozent der Waldflächen sind noch natürlich.“ Mit 11,3 Hektar Bodenverbrauch täglich verfehle Österreich das Nachhaltigkeitsziel des Bundes um mehr als das Vierfache. Knapp die Hälfte werde komplett versiegelt und gehe damit dauerhaft verloren.

 

Dramatischer Rückgang von Arten in Salzburg

Das führe zu einem dramatischen Rückgang der Insekten. Im Salzburger Alpenvorland seien ein Drittel aller Tagfalterarten bereits ausgestorben oder vom Aussterben bedroht. „Damit sind auch viele weitere Arten gefährdet, denn rund 80 Prozent der wild lebenden Pflanzenarten hängen von der Bestäubung durch Insekten ab, für ca. 60 Prozent der Vögel sind Insekten als Nahrungsquelle unentbehrlich.“ Auch Säugetiere und Amphibien seien auf Insekten angewiesen.

„Die multiplen Krisen, wie Klimaerhitzung, Artensterben und Biodiversitätskrise, Wassermangel, Ernährungskrise, Gesundheitskrise und die daraus resultierende Bedrohung des sozialen Friedens können wir nur mit einer Änderung unserer bisherigen Lebensweise und einer nachhaltigen Nutzung der Natur überwinden“, heißt es in dem Schreiben. Viele der globalen Probleme hätten lokale Ursprünge und erforderten konkrete politische und gesellschaftliche Antworten.

„Die Landesumweltanwaltschaften stärken die nötige Balance zwischen den teils enormen Begehrlichkeiten gegen unsere Umwelt (durch Industrie, Land- und Forstwirtschaft, Energiewirtschaft, Tourismus und weiteren Nutzern) und den Interessen zukünftiger Generationen“, heißt es in dem Brief. Eine moderne LUA könne einen Beitrag leisten, zukünftig bessere gesetzliche Regelungen im Bereich des Schutzes der Biodiversität und Umwelt zu finden und nicht zuletzt auch schnelle und professionelle Verfahren begleiten.

(Quelle: apa)

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