Pinzgau

Brisantes Urteil im Streit um privates Asylquartier im Pinzgau

Ein Wohnungsbesitzer wurde von einer Miteigentümerin eines Hauses im Bezirk Zell am See auf Unterlassung geklagt.
Veröffentlicht: 24. Februar 2016 09:25 Uhr
In Salzburg ist in einem Rechtsstreit über ein Flüchtlingsquartier in privatem Eigentum ein brisantes Urteil ergangen. Ein Wohnungsbesitzer wurde von einer Miteigentümerin eines Hauses im Pinzgau auf Unterlassung geklagt, weil seine Räume an das Land für die Unterbringung von rund 40 Flüchtlingen weitervermietet wurden. Die Frau bekam Recht: Ihre Zustimmung wäre erforderlich gewesen.
Katharina Köhn

Die Klägerin sei nicht gefragt worden, ob sie mit der Flüchtlingsunterkunft einverstanden ist. "Sie wurde einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Das widerspricht dem Wohnungszweck und dem Wohnungseigentumsrecht", sagte ihr Anwalt Alexander Schuberth zur APA. Ende vergangenen Jahres wurde die Unterlassungsklage am Landesgericht Salzburg eingebracht.

Alle Wohnungseigentümer müssten zustimmen

Zivilrichterin Ursula Meßner kam in ihrem Urteil vom 16. Februar zu dem Schluss: Für die Vermietung zur Aufnahme von Flüchtlingen hätte eine rechtmäßige Widmungsänderung durch Beschluss der Wohnungseigentümer vorliegen müssen. Es hätten also alle Eigentümer zustimmen müssen. Bei Uneinigkeit hätte nach dem Wohnungseigentumsgesetz ein Außerstreitrichter einen Beschluss fassen müssen, erläuterte Gerichtssprecher Imre Juhasz auf Anfrage der APA das Urteil. Nicht nur Juhasz, auch Schuberth bezeichneten die richterliche Entscheidung als einen Präzedenzfall bzw. richtungsweisend in Österreich. Das Urteil ist allerdings nicht rechtskräftig.

Beklagter wird gegen Urteil berufen

"Das Urteil wird bekämpft. Wir gehen in Berufung", erklärte der Rechtsanwalt des Beklagten, Anton Waltl. Dass man ein Haus oder eine Wohnung an Flüchtlinge nicht vermieten dürfe, scheine der aktuellen und sachlichen Situation nicht gerecht zu werden. Mit dem Urteil des Landesgerichtes Salzburg werde sicherlich der Oberste Gerichtshof befasst werden, sagte Waltl.

"Ich meine, dass wir durch die aktuelle Situation einfach aus gewissen eingefahrenen Gleisen herauskommen müssen", verwies der Anwalt auf die schwierige Suche der Länder nach geeigneten Flüchtlingsunterkünften. "Ich bin optimistisch, dass das Urteil noch gedreht wird."

Widmungsänderung: Vorbehalte gegen Flüchtlingsunterkünfte

In der Weitervermietung an das Land und der Unterbringung von Flüchtlingen sei eine Widmungsänderung zu sehen, da weder ein Geschäft vorliege, noch ein Hotel- und Beherbergungsbetrieb samt Restaurant, konstatierte die Richterin bei dem Prozess. "Die Interessen der Miteigentümerin, nämlich der Klägerin, können schon dadurch berührt sein, da in Teilen der Bevölkerung Vorbehalte gegen Flüchtlingsunterkünfte bestehen und daher beispielsweise im Falle des Verkaufes der Verkehrswert der Anteile der Klägerin gemindert sein könnte."

Beklagter: Asylwerber seien potenzielle Kunden

In dem Verfahren entgegnete der Beklagte durch seinen Anwalt: Es sei nicht nachvollziehbar, warum es zu einer Widmungsänderung kommen solle, wenn die Räume statt an ausländische Gäste an Asylwerber vermietet würden. Die Klägerin sei in ihrem Restaurantbetrieb auch nicht beeinträchtigt. Die 44 Asylwerber seien ja potenzielle Kunden, zumal es sich um Selbstversorger handle und damit zu rechnen sei, dass sie das Restaurant der Klägerin häufig frequentieren würden.

Bei den Flüchtlingen handelt es sich um Familien und Einzelpersonen. Sie verfügen über mehrere Schlafzimmer, Küchen, ein Wohnzimmer und über einen Aufenthaltsraum, in dem auch Sprachkurse abgehalten werden. Die Räumlichkeiten wurden laut dem Beklagten vom Land Salzburg geprüft und für die Unterbringung von Flüchtlingen für geeignet befunden.

Gebäude in Zell am See: Klägerin betreibt Restaurant

Das betreffende Gebäude im Pinzgau besteht aus zwei Wohnungseigentumseinheiten. Die Klägerin betreibt dort ein Restaurant. Der Beklagte führte in seinen Räumen zunächst einen Beherbergungsbetrieb, dann verpachtete er sie eine Zeit lang für einen Gastronomiebetrieb und zur Zimmervermietung. Im Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag wurde als Widmung "Geschäft" angeführt. Am 1. Dezember 2015 vermietete der Beklagte das Objekt an einen Mieter, der bekundete, darin Asylwerber unterzubringen.

Jahrelanger Streit zwischen beiden Parteien

Bei der Klage würde es sich nur um eine Retourkutsche der Klägerin handeln, sagte Waltl. Die beiden Eigentümer führen seit längerem Rechtsstreitigkeiten, mehrere Zivilprozesse sind anhängig. Auslöser des ersten Konflikts war offenbar eine zugemauerte Türe, welche die Klägerin zum Ärger des Beklagten wieder öffnen ließ.

Mittlerweile liege auch eine rechtskräftige Entscheidung des Oberlandesgerichtes Linz vor, wonach die Klägerin ihr Restaurant in dem Haus seit Dezember gar nicht mehr betreiben dürfe, erklärte der Anwalt des Beklagten. "Wir machen Exekutionsanträge, aber ohne Erfolg. Sie macht trotzdem weiter. Die Flüchtlinge stören die Dame ja nicht. Das sind alles brave Leute, Familien mit Babys und kleinen Kindern." Die Bewohner in der Umgebung würden nichts gegen die Flüchtlinge einwenden, betonte Waltl.

(APA)

(Quelle: salzburg24)

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