"Skandalöse Beschlüsse"

Salzburger Forstwirtschaft mit Frontalangriff auf EU

Veröffentlicht: 07. März 2024 12:43 Uhr
Überhaupt kein gutes Haar am "Green Deal" der EU lässt Salzburgs Landwirtschaftskammer-Präsident Rupert Quehenberger: "Die Beschlüsse sind skandalös und bewirken das Gegenteil", wütet er heute bei einem Medientermin. Österreichs Waldverband ortet indes Sicherheitsrisiken für die Bevölkerung, Waldbewirtschaftung und damit auch für den Wohlstand.

Die Salzburger Forstwirtschaft feiert heuer ihren 500. Geburtstag. Aber zum Feiern ist wohl nur den wenigsten zumute. Denn neue Vorschriften der Europäischen Union (EU) würde "die hart erarbeitete Nachhaltigkeit in den Wäldern aus dem Gleichgewicht bringen", wie am Donnerstag bei einem Medientermin der Landwirtschaftskammer auf dem Salzburger Gaisberg kritisiert wurde. "Völlig überzogene Vorschriften aus Brüssel bringen Waldbesitzer in arge Bedrängnis", meint Forstmeister Gregor Grill.

Nachhaltigkeit in heimischen Wäldern

Ein kurzer Blick dazu in Österreichs Geschichte: Bis zur Beendigung der Grundherrschaft 1848 konnte die massive Abholzung der heimischen Wälder nicht wirksam gestoppt werden. Im 18. Jahrhundert war der Waldanteil in Salzburg bei nur mehr 25 Prozent, heute seien es über 50 Prozent der Landesfläche. Erst als die Bauernfamilien Eigentum übertragen bekamen, sei die Verantwortung gewachsen, den Wald für Generationen nachhaltig zu bewahren. Durch die spätere Nutzung von Kohle als Energiequelle wurde der Wald stark entlastet. Im Österreichischen Forstgesetz wurde 1975 erstmals die Nachhaltigkeit umfassend definiert und seither könne ein guter Zustand der Wälder festgestellt werden, teilt die Landwirtschaftskammer mit. In Österreich würde der Wald mittlerweile jährlich um 3.500 Fußballfelder wachsen.

Quehenberger mit Kritik am "Green Deal"

Zurück in die Gegenwart: Anstoß der heutigen Kritik ist der "Green Deal" der EU, mit dem zahlreiche umweltrelevante Regelungen auf den Weg gebracht und beschlossen wurden. Salzburgs LK-Präsident Rupert Quehenbergers Dorn im Auge sind u.a. die Entwaldungsverordnung und das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur, die Sicherheit und Wohlstand gefährden würden. Vor allem die heimische Land- und Forstwirtschaft stehe im Fokus der europäischen Umsetzung und leide unter den teils praxisfernen Ansätzen und der zusätzlichen Bürokratie.

Das Wiederherstellungsgesetz habe das Ziel, geschädigte Ökosysteme in Europa wiederherzustellen. "Was einige in der Kommission und insbesondere bei den NGOs völlig – oder vielleicht auch absichtlich – übersehen, ist, dass sich der schlechte Zustand gefährdeter Arten und Lebensräume durch neue Schutzgebiete oder eine Verwahrlosung nicht wirksam verbessern lässt", so Quehenberger.

Spaziergänge im Wald bald unmöglich?

Laut Österreichischen Umweltbundesamt seien die größten Gefährdungen für seltene Arten und Lebensräume eingeschleppte Arten, Mineralrohstoffgewinnung oder die Nutzungsaufgabe durch Bauern und Bäuerinnen sowie der Klimawandel. "Die Beschlüsse auf europäischer Ebene sind angesichts dieser Tatsachen skandalös und bewirken sogar das Gegenteil", wütet Quehenberger. Konkret kritisiert er, dass zum einen Waldspaziergänge nicht mehr möglich seien, "weil wir die Sicherheit der Menschen in diesen neuen Schutzgebieten nicht mehr sicherstellen können." Zum anderen habe es massive wirtschaftliche Folgen, da das Holz in diesen Gebieten nicht mehr genutzt werden darf, sondern verrotten soll. "Das trifft einerseits die Waldbesitzer, andererseits wird das Brenn- und Bauholz für die Menschen unnötig teurer."

PK Salzburger Forstwirtschaft Landwirtschaftskammer Salzburg
V.l.: Forstmeister Gregor Grill, LK-Präsident Rupert Quehenberger, Waldbauern-Obmann Rudi Rosenstatter und Waldbauer Robert Brunauer beim Medientermin am Gaisberg.

Die neue Entwaldungsverordnung sei außerdem ein "wahres Bürokratiemonster". Hintergrund ist, dass in die EU nur mehr solche Produkte eingeführt werden dürfen, die in den Ländern außerhalb der EU keine Entwaldung verursachen, wie etwa Soja, Rindfleisch oder Holzprodukte. Quehenberger: "Dieselben Nachweise sollen in Zukunft auch in Österreich erbracht werden, obwohl es dieses Problem bei uns überhaupt nicht gibt." Wenn diese Nachweise jedoch nicht erbracht würden, könne ein:e Waldbesitzer:in beispielsweise kein Holz mehr verkaufen und die Landwirtschaft kein Rindfleisch. "Das ist völlig absurd und überzogen."

Waldverband sieht Arbeitsplätze in Gefahr

Rudolf Rosenstatter, Obmann des Österreichischen Waldverbandes, sieht die Waldbewirtschaftung, wie wir sie seit mehr als 150 Jahren in Österreich kennen, dadurch in Gefahr: Denn die EU-Regelungen für eine pauschale Waldbewirtschaftung in ganz Europa seien seinen Aussagen zufolge zum Scheitern verurteilt. Man könne die Wälder der unterschiedlichen europäischen Länder aufgrund verschiedener Gegebenheiten und Voraussetzungen nicht miteinander vergleichen. Rosenstatter: "Bei uns spielt der Schutz vor Lawinen, Steinschlag oder Muren und Hochwasser eine entscheidende Rolle, auf die wir regional angepasste Strategien entwickelt haben. Wenn wir Wildnisgebiete in solchen Regionen umsetzen sollen, wo wir den Wald sich selbst überlassen, dann ist das ein Sicherheitsrisiko für die Bevölkerung, das wir nicht eingehen können." Es brauche vielmehr "eine EU-Politik, die den so unterschiedlichen Regionen das notwendige Vertrauen entgegenbringt sowie den vorbildlichen Weg in Mitteleuropa unterstützt und nicht behindert."

 

Waldverband-Obmann Rosenstatter warnt auch davor, die rund 23.000 Arbeitsplätze im Land Salzburg in Gefahr zu bringen: "Alleine in Salzburg wird durch Holz eine jährliche Wertschöpfung von mehr als 1,6 Milliarden Euro erzielt." Angesichts des Klimawandels und damit häufiger auftretenden Schadensereignissen brauche es "neue Konzepte und vor allem ein dauerndes Lenken und Leiten", gibt indes Forstunternehmer Robert Brunauer zu Protokoll: "Wir müssen aktiver in den Wald eingreifen und den Wald der Zukunft herauspflegen, der mit diesen veränderten Bedingungen besser zurechtkommt." Die EU-geplante Umsetzung der Wildnisgebiete würden das aber unmöglich machen, sagt Brunauer. "Ich denke da auch an die vielen Bäume, die wir entlang der Wege begutachten und im Gefahrenfall auch entfernen müssen, damit die Menschen sicher unterwegs sein können in unseren Wäldern."

Das letzte Wort in dieser Causa dürfte längst nicht gesprochen sein.

(Quelle: salzburg24)

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