Vorangegangen ist dem Schritt ein jahrelanges juristisches Vorspiel. Denn seit dem Urteil saß der Täter noch keinen Tag in Haft.
Eine Chronologie
11. Jänner 2007: Ein heute 51-jähriger Hundetrainer aus Salzburg wird wegen Vergewaltigung zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Er hat 2005 und 2006 ein damals 15- bzw. 16-jähriges Mädchen mehrfach vergewaltigt und sexuell missbraucht. Acht Monate der Strafe soll der Mann unbedingt absitzen. Das Urteil wird Ende Oktober 2007 rechtskräftig.
18. Dezember 2007: Einem Antrag des Täters auf Aufschub des Strafvollzugs wird stattgegeben, weil der Mann sonst wirtschaftliche Nachteile in seinem Brotberuf als Händler für Futtermittel erleide. Er soll darum erst Anfang Mai 2008 ins Gefängnis gehen. Zugleich bringt der Salzburger einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ein.
28. April 2008: Das Landegericht beschließt die Wiederaufnahme, der Strafvollzug wird vorläufig ausgesetzt.
23. November 2011: Nach mehr als dreieinhalb Jahren wird der Wiederaufnahmeantrag rechtskräftig abgewiesen.
21. Dezember 2011: Der Vergewaltiger beantragt die nachträgliche Milderung seiner Strafe sowie den Aufschub des Strafvollzugs, bis über diesen Antrag entschieden wurde.
30. Jänner 2012: Der unbedingt verhängte Teil der Strafe wird von acht auf sechs Monate herabgesetzt. Die Entscheidung wird Anfang März 2012 rechtskräftig.
19. März 2012: Der ehemalige Hundeausbildner beantragt die Bewilligung des elektronisch überwachten Hausarrests (EÜH), sprich einer Fußfessel, für den unbedingten Teil seiner Haftstrafe.
3. Juli 2012: Der Leiter der Justizanstalt lehnt den Antrag wegen Rückfallgefahr ab. Der Anwalt des Beschuldigten legt dagegen Beschwerde ein.
8. August 2012: Die zuständige Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Linz gibt der Beschwerde Folge und bewilligt die Fußfessel mit Auflagen. Die Taten würden lange zurückliegen, der Mann sei seit dem nicht mehr straffällig geworden. Außerdem habe er nach längerer Arbeitslosigkeit einen neuen Job als Hilfsarbeiter gefunden. Die Entscheidung für die Fußfessel führt zu einem medialen Aufschrei.
27. August 2012: Die Vollzugsdirektion legt beim Verwaltungsgerichtshof eine Amtsbeschwerde ein: Es sei von der begründeten Befürchtung auszugehen, dass der Beschuldigte die Vollzugsform missbraucht. Der Verurteilte habe seine Taten zu keinem Zeitpunkt eingestanden sondern verharmlost, es mangle ihm an "Deliktseinsicht." Die Vollzugsform EPH hätte nicht bewilligt werden dürfen. Unter Bezugnahme auf Äußerungen der Begutachtungs-und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter (BEST) bedürfe es der Anhaltung des Verurteilten im geschlossenen Vollzug. Hinzu trete der "generalpräventive Gedanke".
18. September 2012: Justizministerin Beatrix Karl (V) präsentiert ein Maßnahmenpaket zur Verschärfung der Vergabekriterien für Fußfesseln an Sexualstraftäter. Die Neureglung soll mit Anfang 2013 in Kraft treten.
11. Oktober 2012: Der Verwaltungsgerichtshof entscheidet in der Sache. Die Amtsbeschwerde wird abgewiesen, sie zeigte keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf. Vielmehr würde sich die Amtsbeschwerde "vom Gesetz entfernen", wenn sie behaupte, der EÜH entspräche beim Täter nicht den Zwecken des Strafvollzugs. "Der EÜH ist nicht bloß ein gelinderes Mittel. Zur Strafhaft im engeren Sinn gehörten auch die im EÜH verbrachten Zeiten."
Der Bewährungshilfeverein Neustart habe erst im Mai 2012 festgestellt, dass keine missbräuchliche Verwendung der Fußfessel zu befürchten sei. Deshalb sei die Fußfessel gerechtfertigt. Die BEST stütze sich auf Aussagen, die dem lange zurückliegenden Strafverfahren entnommen wurden. Der Täter sei in den sechs Jahren in Freiheit nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten.
(Quelle: salzburg24)