SALZBURG24: Du hast beim europaweiten Kochwettbewerb „Junge Wilde“ mitgemacht und bist aus über 2.500 Bewerbern unter die besten neun gekommen. Was war das für ein Gefühl für dich?
OLIVER FRIEDL: Ein brutal gutes Gefühl des Erfolgs. Ich habe die Chance bekommen, etwas zu beweisen. Es ist toll, wenn man so viel arbeitet, so viel Zeit opfert und dafür Anerkennung bekommt.
Die Lebensmittel für die Gerichte werden von der Jury vorgegeben. Dieses Jahr waren eine Angus Rinderhüfte, fermentierter Pfeffer, Kardamomblätter, roter Knurrhahn (Fisch, Anm.) und ein regionales Produkt deiner Wahl dabei. Auch spezielle Techniken müssen verwendet werden. Was hast du für dein drei-Gang-Menü daraus gezaubert?
Als Vorspeise gab es bei mir Knurrhahn, Schweinebauch, Beluga Kaviar, einen Sud aus Kardamomblättern, Petersilie und Schweinesoße mit Zitronenmarmelade und Rotkrauttapenade. Mein Hauptgang waren Kalbsbackerl mit Gänseleber und Talardo, die Rinderhüfte, Räucheraal, schwarzer Knoblauch, Erbsen-Zitronenverbene-Creme, Kräuterseitlinge und warmes Haselnuss-Pannacotta. Mein regionales Produkt war die Heidelbeere. Als Dessert habe ich deshalb eine Heidelbeerwolke, Heidelbeerdatscherl, gesalzenes Vanilleeis, Bananen, eine Schokoladentarte und einen Brownie gemacht. Das hört sich nicht aufregend an, aber das alles in vier Stunden zu kochen ist eben die Herausforderung.
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Wie bist du bei der Entwicklung deiner Gerichte vorgegangen?
Ich habe mich mit den Kollegen und dem Chef beraten. Ich habe auch meine bisherigen Rezepte durchprobiert und daraus etwas Neues zusammengestellt. Beim Dessert habe ich zum Beispiel einfach etwas genommen, was ich gerne mag: Bananen und Schokolade sind so ein richtiger Klassiker und mein Lieblingseis ist Vanille. Bei der Vorspeise habe ich einen Tag vor dem Wettbewerb noch Artischocken eingebaut, die zu putzen dauert 40 Minuten. Das hat mich zeitlich ein bisschen reingehauen.
Du verlässt dich beim kreieren neuer Rezepte also sehr auf deinen eigenen Geschmack.
Ja, natürlich. Die Rezepte, die man schon gemacht hat, die kann man ja. Nur, das nochmals richtig zusammenzusetzen, damit das als Gericht zusammenpasst, das ist die Schwierigkeit. Und man verlässt sich natürlich auch auf die Gäste die man einlädt. Man muss beim Wettbewerb für zehn Leute kochen, also habe ich vier Probe-Essen bei mir zuhause für jeweils zehn Leute veranstaltet.
Also hast du das alles zuhause in deiner eigenen Küche gemacht?
Ich bin ja im Moment Leihkoch, also hatte ich keine andere Küche zur Verfügung. Deshalb war das alles sehr schwierig. Ich habe jetzt auch über 20 Töpfe daheim, die ich neu kaufen musste. Das war auch eine finanzielle Herausforderung, weil ich nur zwei Sponsoren hatte und den Rest selbst bezahlt habe. Die Zutaten für die Probe-Essen waren dabei das Teuerste.
Wie hast du dich auf den Wettbewerb vorbereitet?
Bei so vielen Bewerbern muss man irgendwie herausstechen. Deshalb war meine Bewerbung ein 16 Kilo schweres Buch aus Plexiglas und Stahl. Ein Kollege hat etwa einen echten Ochsenkopf, der speziell bearbeitet wurde, eingeschickt. Etwa vier Monate vor dem Bewerb werden der Warenkorb und die Techniken bekannt gegeben. Kurz vor dem Wettbewerb habe ich mir dann eine Woche freigenommen, die anderen Vorbereitungen habe ich an meinen freien Tagen oder nach der Arbeit gemacht.
In der Beschreibung der „Jungen Wilden“ heißt es, dass sie sich etwas trauen und mit kulinarischen Regeln brechen. Welche hast du gebrochen?
Eine dieser kulinarischen Regeln wäre etwa, dass man Fisch und Fleisch nicht kombinieren darf. Oder, dass eine Süßspeise immer süß sein soll. Ich bin bei meinem Dessert ins salzige gegangen. Bei meiner Vorspeise habe ich Fleisch und Fisch kombiniert. Ansonsten bin ich eigentlich sehr bodenständig geblieben, weil ich finde, auch bodenständige Gerichte kann man richtig geil machen.
Der Geschmack der Gäste steht für einen Koch natürlich im Vordergrund. Wie weit darf ein Koch mit der eigenen Kreativität gehen?
Da gibt es keine Grenzen, man darf machen, was man will. Es gibt zwar „No-Gos“, aber das sind für jeden Menschen andere. Ich etwa würde Essiggurkerl mit Schokolade nicht kombinieren. Andere Köche finden aber Wege, um das gut zu kombinieren. Als Koch musst du offen bleiben und die richtigen Zusammensetzungen finden. Man lernt am meisten, wenn man privat viel ausprobiert. In der Arbeit kann man das dann perfektionieren.
Was war das außergewöhnlichste Gericht, das du selbst entwickelt hast?
Meine beste Vorspeise hieß „Alles, was du am Land draußen findest“. Das war selbstgemachte „Erde“ aus getrockneten Walnüssen und getrockneten Oliven. Dazu Röstkartoffeleis, Vulcano-Schinken und Kapuzinerkresse. Du gehst aufs Land raus, das Schwein ist da, die Kräuter sind da und die Erde ist da.
Auf welche geschmacklichen Überraschungen darf ich mich denn als Gast in der Zukunft einstellen? Stichwort: Heuschrecken und Insekten.
Ich glaube, dafür sind wir die falsche Kultur. Das ist im schlimmsten Fall ein kurzer Trend. Ich kann mir Insekten nicht wirklich vorstellen, aber ich würde es probieren. Auch als Gast sollte man sehr offen sein. Beispiel: Sergio Herman hat einen geschmorten Ochsenpenis im Ganzen serviert. Das hat super geschmeckt und war das Außergewöhnlichste, was ich jemals gegessen habe. Hund habe ich auch mal gekostet, aber das war schon sehr grenzwertig, vor allem vom Menschlichen her.
Gibt es im Moment einen Trend in der Spitzengastronomie?
Der Trend geht von der französischen Küche weg und hin zur sogenannten neuen Küche: Frisch, gesund, lecker und weniger Fett. Wir haben auch schon Hauptgänge gekocht, bei denen alles roh ist. Auch auf Intoleranzen und Allergien muss man sich einstellen. In zwei Jahren stehen nicht nur die Allergene in der Speisekarte, sondern auch, wie viel Prozent Fett, Eiweiß, etc. das Gericht enthält. Als Koch wird das eine große Herausforderung.
Es wird immer schwieriger, junge Menschen für den Beruf Koch zu begeistern. Kannst du nachvollziehen, weshalb junge Menschen den Beruf nicht mehr erlernen wollen?
Die Leidenschaft ist verloren gegangen. Das liegt an der Moral in den Betrieben und auch an den Arbeitszeiten. Ich versuche deshalb, die jungen Mitarbeiter zu motivieren und sie einzubinden, damit sie vorankommen. Ich mache auch gerade meinen Gewerbeschein und will eine eigene Kochschule aufmachen, um dem entgegen zusteuern.
Was ist deine Motivation, weiter als Koch zu arbeiten?
Aus Produkten das Beste herauszuholen und gut zu Essen. Das kreative Arbeiten und die Möglichkeit, überall zu arbeiten, wo man will, ist mir auch wichtig. Aber, durch immer mehr Fertigprodukte, auch in der Spitzengastronomie, verliert man die Lust am Kochen. Der Stolz eines Koches ist nichts fertig zu kaufen, sondern es selbst zu produzieren.
Darf man als Koch trotzdem auch mal nicht kochen und sich eine Fertigpizza in den Ofen schieben?
Ich glaube, Sterneköche sind die besten Kunden bei McDonald’s und Tiefkühlpizzen. Da muss ich mich selbst auch an der Nase nehmen. Aber wenn man daheim ist, will man abschalten. Da muss es schnell gehen. Für mich alleine koche ich nicht. Ich mach mir gerne einen Salat, aber das war’s (lacht).
Hast du einen Profi-Tipp für die Hobbyköche unter uns?
Wichtig finde ich immer die Zeiteinteilung. Man kann so kochen, dass man in kurzer Zeit was Frisches, Gutes schaffen kann, wenn man sich eine Liste schreibt, mit den einzelnen Arbeitsschritten und wie lange das dauert. Und man kann vorausplanen. Suppen lassen sich zum Beispiel super ohne Qualitätsverlust einfrieren. Dann gibt es keine Ausrede mehr, dass man keine Zeit hat selbst zu kochen.
Mit deinen 25 Jahren bist du in den österreichischen Küchen schon viel herumgekommen. Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Mein Ziel ist es, so viel wie möglich zu lernen, dann eine geile Küche zu haben und vor allem gut zu Leben. Also Hauben und Sterne brauche ich keine. Ich will zwar auf dem Niveau kochen, aber keinen Stern halten müssen. Ich mache dann wie gesagt entweder eine Kochschule auf, oder mache mich mit drei, vier Köchen als Leihkoch selbstständig. Oder ich gehe nach Spanien. Mein Vater lebt in Spanien und mein halbes Leben findet daher in Spanien statt. Ich habe dort auch schon viel gekocht.
Vielen Dank für das interessante Gespräch. Zum Schluss haben wir noch ein paar Entweder-Oder-Fragen für dich:
Imbiss oder Sternerestaurant? Sternerestaurant.
Spontan oder durchgeplant? Spontan.
Frühaufsteher oder Langschläfer? Doch eher Langschläfer.
Vorspeise oder Nachspeise? Vorspeise.
Frische Zutaten oder Tiefgefrorenes? Frische Zutaten.
Lieblingsrestaurant in Salzburg? Santa Fé.
Lieblingsessen? Lammkrone mit Kartoffel-Gratin.
Das geht in der Küche gar nicht: Rauchen, ganz klar.
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(Quelle: salzburg24)