Sozialarbeiterin alarmiert

Psychologisches Angebot an sechs Salzburger Schulen teils gestrichen

Veröffentlicht: 08. Februar 2024 08:34 Uhr
Zwei Psychologinnen waren bis zum heurigen Schuljahr an sechs Mittelschulen in der Stadt Salzburg tätig und unterstützten die Schülerinnen und Schüler bei verschiedenen Herausforderungen. Im Herbst wurde das Angebot eingestellt, obwohl der Bedarf groß sei, wie eine Sozialarbeiterin, die an einer der Schulen tätig ist, schildert. Laut Stadt sei dieses Projekt lediglich zur Suchtprävention und -beratung ins Leben gerufen worden. Was das nun bedeutet, haben wir recherchiert.

Aufregung herrscht aktuell an einigen Mittelschulen in der Stadt Salzburg, weil ein psychologisches Angebot gestrichen wurde. „Am ersten Schultag haben wir von der Schulpsychologin selbst, die uns jahrelang betreut hat, erfahren, dass sie nicht mehr eingesetzt wird und sich auch nicht mehr mit uns austauschen darf. Sie durfte uns auch keine Anweisungen oder Tipps mehr geben, wie wir mit den Schülern umgehen sollen“, schildert eine Sozialarbeiterin, die an einer der betroffenen Schulen tätig ist und anonym bleiben möchte, im SALZBURG24-Interview.

"Schulpsychologin fehlt uns sehr"

„Uns fehlt die Schulpsychologin sehr. Sie war einmal in der Woche da und hat relativ viele Schüler übernommen und diese professionell begleitet. Auch die außerschulische Vernetzung, die sie hatte, fehlt uns.“ Schulsozialarbeiter:innen hätten weder diese Vernetzung, noch die Ausbildung einer Psychologin.

Das Angebot sei besonders niederschwellig gewesen, weil die Psychologin an einem fixen Tag vor Ort gewesen sei. Die Schüler:innen hätten zudem die Möglichkeit gehabt, anonym zu bleiben und sich zudem keine Hilfe außerhalb der Schule suchen müssen. „Wir versuchen, das zu kompensieren. Aber wir stehen eigentlich an. Man merkt auch, dass die Schüler, die bei ihr in Betreuung waren, in der Luft hängen. Wir geben unser Bestes und versuchen natürlich, zu helfen. Aber wir können das nicht abdecken. Und vor allem fehlt ja eine Person.“

Angebot zur Suchtprävention und -beratung

Aus dem Büro von Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) heißt es auf S24-Anfrage, dass das Gesundheitsamt vor über 20 Jahren dieses spezielle psychologische Angebot „ausschließlich zur Suchtprävention und -beratung auf Werksvertragsbasis“ eingerichtet habe. Zuletzt seien damit zwei Psychologinnen beauftragt gewesen, die an insgesamt sechs Schulen drei bis sechs Stunden pro Woche tätig gewesen seien. „Immer häufiger wurden über die Jahre bei den beiden Psychologinnen aber schulpsychologische Themen abseits der Suchtprävention nachgefragt. Diese fallen jedoch eindeutig in die Zuständigkeit der Bildungsdirektion“, erklärte der Leiter des Gesundheitsamtes, Rainer Pusch, kürzlich in einer Aussendung.

Projekt "vorübergehend" beendet

In Absprache mit der Bildungsdirektion und dem Land Salzburg sei das Projekt der Stadt daher „vorübergehend“ beendet worden. Aktuell würden die suchtpräventiven Angebote für Schulen evaluiert, heißt es weiter aus dem Bürgermeister-Büro. Die Stadt wolle jedenfalls versuchen, eine Schulpsychologin fix einzustellen, um dieses Angebot der Suchtprävention und -beratung auch in Zukunft anbieten zu können.

„Für welchen Zweck das Projekt ursprünglich ins Leben gerufen wurde, ist doch egal“, entgegnet die Sozialarbeiterin. „Der Bedarf ist da und man kann das Angebot dann nicht einfach so ersatzlos kürzen. Es gibt schon mobile Schulpsychologen, aber da sind die Wartezeiten lang.“ Auch die Niedrigschwelligkeit sei nicht mehr gegeben, weil man die Psycholog:innen hereinbestellen müsse. „Die Schüler müssen an uns herantreten und sagen, dass sie eine Psychologin brauchen. Das ist auch schambehaftet. Es ist auch nicht klar, ob dann immer die gleiche Person kommt. Das sind ja alles sensible Themen. Da kann man nicht von null auf hundert voll vertrauen“, sagt sie besorgt.

Der Bedarf an psychologischer Betreuung sei jedenfalls steigend. „Die Zeit während der Corona-Krise hat die Kinder schwer geschädigt. Hinzu kommen die Inflation, Kriege, oder auch Rassismus. Man braucht fixe Ansprechpartner.“ Die Sozialarbeiterin kritisiert außerdem, dass die Schulen nicht gefragt würden, was sie brauchen. Es werde nicht direkt „am Feld“ evaluiert bzw. der Bedarf erhoben.

Was sagt die Bildungsdirektion?

Bildungsdirektor Rudolf Mair weist im S24-Gespräch darauf hin, dass die psychosoziale Versorgung mehr umfasse als Schulpsycholog:innen. Aktuell seien im ganzen Bundesland 18 Schulpsychologinnen und Psychologen beschäftigt. Diese würden das ganze Kalenderjahr arbeiten. Deshalb seien auch Termine an den Beratungsstellen im Bundesland während der Ferien „gut möglich“.

Der Aufgabenkatalog eines Schulpsychologen bzw. einer Schulpsychologin sei sehr umfangreich. Viele von ihnen seien nämlich auch in Gutachterfunktion tätig. In folgenden Bereichen sind die Schulpsycholog:innen u.a. tätig:

  • Schuleingangsphase
  • Leistungsschwierigkeiten
  • Lese- und Rechtschreibproblematiken
  • Persönliche Krisen, die sich auf schulische Leistungen auswirken
  • Überspringen von Klassen
  • Sonderpädagogischer Förderbedarf (SPF)
  • Motivationsfragen
  • Lernunterstützungen

Hinzu kämen 25 Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie 44 Schulassistentinnen und Schulassistenten. Die Sozialarbeiter:innen hätten die Möglichkeit, zum Teil auch außerhalb der Schule die Probleme der Kinder und Jugendlichen zu erfassen und an einer Lösung zu arbeiten. Das betreffe etwa Themen wie Mobbing oder Schwierigkeiten während der Pubertät. Die Schulassistent:innen hingegen würden im Unterricht eingesetzt – meist an Volks-, aber auch an Mittelschulen. Sollte es zum Beispiel zu Spannungen in der Klasse kommen, könnten sie diese herausnehmen, sodass der Unterricht fortgeführt werden kann. Ergänzend gebe es noch zahlreiche Kooperationen der Bildungsdirektion, etwa mit dem Friedensbüro oder der Kinder- und Jugendanwaltschaft.

Eine konkrete Lösung für den Fall der sechs städtischen Mittelschulen scheint aktuell noch nicht in Sicht. Wie die betroffenen Kinder und Jugendlichen mit dem aktuell vorhandenen Angebot an psychologischer und psychosozialer Betreuung zurecht kommen, dürfte sich hingegen rasch zeigen.

Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Reicht das Angebot an psychologischer bzw. psychosozialer Betreuung aus? Was könnte verbessert werden? Teilt uns eure Meinung gerne in den Kommentaren mit.

(Quelle: salzburg24)

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