Tiertransporte

"Heimisches Kalbfleisch muss teurer werden"

Veröffentlicht: 28. Februar 2020 09:52 Uhr
Nach den erschreckenden Berichten über qualvolle Kälber-Exporte über Spanien in den Libanon pocht das Land Salzburg weiter auf ihr „Drei-Säulen-Modell“, nimmt aber auch die Konsumenten in die Pflicht. Rund zwei Drittel des in Österreich verzehrten Kalbfleisches werde derzeit importiert.

Der beste Kälbertransport ist jener, der vermieden werden kann: Mit einem „Drei-Säulen-Modell“, bestehend aus Maßnahmen im Bundesland, Kooperationen und Initiativen sowie Forderungen an den Bund und die EU, gibt es in Salzburg klare Vorgaben. „Wir stärken mit diesem Maßnahmenpaket die heimische Landwirtschaft und setzen dort die Hebel an, wo wir etwas bewegen können. Umgekehrt werden wir dieses Thema nicht alleine in Salzburg lösen können. Hier werden Bund und EU maßgeblich gefordert sein. Und schließlich ist es auch der Konsument, der mitbestimmt, wie viele Kälber in Salzburg bleiben“, betonen Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP) und Landwirtschaftskammer-Präsident Rupert Quehenberger.

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Herkunfts-Zertifikat auch für Gastro

Mit dem im Vorjahr eingeführten SalzburgerLand Herkunfts-Zertifikat wurde ein wichtiges Werkzeug geschaffen, um regionale Produkte sichtbar zu machen. Damit sollen Synergien zwischen Produzenten und Abnehmern verstärkt und somit die Inlandnachfrage erhöht werden. Im zertifizierten Kalbfleisch steckt zu 100 Prozent Salzburg drinnen, das heißt geboren, gemästet und geschlachtet im Bundesland. Neben den Konsumenten spielt auch die Gastronomie eine große Rolle, wenn es um die Verwendung von heimischem Kalbfleisch geht. Das Herkunfts-Zertifikat geht daher in Kürze den nächsten Schritt in Gastronomie und Hotellerie.

Kälber, Maßnahmen, Salzburg Land Salzburg

Kalbfleisch zu 71 Prozent importiert

Intensive Beratungsangebote der Landwirtschaftskammer Salzburg sollen dazu beitragen, den Kälberabsatz im Ausland zu reduzieren. Darüber hinaus wurde mit Unterstützung des Landes ein Pilotprojekt zur Vollmilch-Kälbermast gestartet. Dadurch sollen mehr Tiere in der Region aufgezogen und vermarktet und dadurch Langstreckentransporte vermieden werden. Bis Ende März 2020 werden rund 150 Kälber von 29 Landwirten beim regionalen Projektpartner Ablinger geschlachtet. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein. „Nur eine verstärkte Nachfrage nach heimischem Kalbfleisch wird zu einer Mast im eigenen Land führen und dadurch zu weniger Exporten von Nutzkälbern“, ist sich LK-Präsident Rupert Quehenberger sicher, denn: „Mehr als 71 Prozent des in Österreich verzehrten Kalbfleischs kommen derzeit aus dem Ausland, weil das Fleisch billiger und heller ist!“

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Wirtschaftlichkeit als Problem

„Unsere Betriebe haben in den vergangenen Jahren extrem viel in den Tierschutz investiert und strenge Auflagen umgesetzt. Viele Betriebe haben sich nach unserem Aufruf sehr spontan für die Teilnahme am Projekt gemeldet. Viele weitere wären bereit, ihre Betriebsweise umzustellen. Dafür brauchen wir aber einen entsprechenden Absatz und vor allem kostendeckende Verkaufserlöse“, erläutert Quehenberger weiter, und er rechnet vor: „Damit die Produktion eines Milchmastkalbes im Inland kostendeckend ist, müssten die Erzeugerpreise pro Kilogramm Schlachtgewicht um 2,20 Euro im konventionellen Bereich und um 2,70 Euro bei Bio teurer sein. Pro Kalb fehlen etwa 200 bis 250 Euro.“

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Vorreiter Landwirtschaftsschulen

Vorreiter bei der Bewusstseinsbildung sind auch die Landwirtschaftsschulen des Landes. Grundsätzlich versucht jede Schule die am jeweiligen Standort geborenen Stierkälber eigenständig zu vermarkten oder einem möglichst regionalen, inländischen Mastbetrieb unter der Bedingung einer Aufzucht und Schlachtung in Österreich zu verkaufen. Dazu hat jede Schule individuell Maßnahmen und Konzepte entwickelt. Mit diesen unterschiedlichen Projekten geht kein einziges Kalb von den Schulställen in den Export.

Nach Bozen: Nur von Bauer zu Bauer

Von Österreich und Italien wurde vor wenigen Wochen ein bilaterales Abkommen unterzeichnet. Dieses beinhaltet, dass die Sammelstelle Bozen als „Umladeort“ fungiert und die Kälber nach sechsstündiger Versorgung innerhalb der Umgebung zu landwirtschaftlichen Betrieben verbracht werden müssen. Die gesamte Beförderungsdauer darf die in der Verordnung (EG) 1/2005 geforderten 19 Stunden – von der Sammelstelle Bergheim bis zu den jeweiligen Bauern als Bestimmungsort – nicht übersteigen. Die Einhaltung der Bestimmungen wird von den lokalen Südtiroler Behörden überwacht.

Bund und EU sind gefordert

Um Kontrollen noch wirkungsvoller durchführen zu können, wären Live-GPS-Daten sowie Vorab-Informationen über Transportrouten notwendig. Die GPS-Daten zu Retrospektivkontrollen werden regelmäßig geliefert und in Salzburg weit über das vom Bund im Kontrollplan geforderte Maß hinaus überprüft. „Es wurden bisher keine relevanten Überschreitungen der Beförderungsdauer gefunden. Eine Echtzeit-Kontrolle der jeweiligen Standorte der Tiertransportfahrzeuge über GPS ist jedoch noch nicht möglich, da diese Initiative von den Mitgliedstaaten der EU abgelehnt wurde“, so Schwaiger und Quehenberger. Auch bei einer Erhöhung des Mindestalters von derzeit 14 auf 30 Tage ist der Bund am Zug. Ein dementsprechender Antrag wird kommende Woche im Landtag eingebracht.

Intensive Tag-Nacht-Kontrollen

Auf Salzburgs Straßen werden weiterhin intensive Tag-Nacht-Kontrollen durchgeführt, kündigt Landesrat Schwaiger an. Dazu hat Manfred Pledl vom Tiergesundheitsdienst des Landes ein neues Tool vorgestellt, mit dem Inspektoren gegen illegale Tiertransporte und falsche Angaben der Unternehmen vorgehen: Der Kontrolleur gibt die Angaben des Transporteurs in eine Datenbank ein und vergleicht sie mit den Daten, die sich aus der Kontrolle über Google Maps errechnen. Ergibt sich hier eine nicht plausibel hohe Durchschnittsgeschwindigkeit, wird das im „Access Tool“ angezeigt. Dann kann entweder Anzeige erstattet oder die folgende Abfertigung verweigert werden.

(Quelle: salzburg24)

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