Nach deutschem Urteil

Wie es in Österreich um Sterbehilfe steht

Veröffentlicht: 27. Februar 2020 11:37 Uhr
In Deutschland könnte Sterbehilfe bald erlaubt sein. Es gebe ein "Recht auf selbstbestimmtes Sterben", urteilte das Verfassungsgericht am Mittwoch. In Österreich sind die Regelungen aktuell strenger als bei unseren nördlichen Nachbarn. Immer wieder gibt es Vorstöße zur Lockerung, bei der Hospiz-Bewegung Salzburg sieht man allerdings keinen Bedarf. Geschäftsführer Christof Eisl fordert hingegen einen Ausbau der Palliativmedizin.

In Österreich sind "Tötung auf Verlangen" (Par. 77 Strafgesetzbuch) und auch "Mitwirkung am Selbstmord" (Par. 78) verboten, dafür droht jeweils Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Erlaubt ist passive und indirekte Sterbehilfe.

  • Unter passiver Sterbehilfe versteht man den Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen beim Sterben. Diese ist in Österreich rechtlich erlaubt, wenn ein Patient dies aktuell oder im Rahmen einer gültigen Patientenverfügung im Vorhinein so wünscht.
  • Unter aktiver indirekter Sterbehilfe versteht man medizinische Maßnahmen, welche das Leiden eines Menschen unter Einsatz aller helfenden Mittel lindern, auch wenn möglicherweise der Sterbeprozess dadurch verkürzt wird. Dies ist rechtlich erlaubt.
  • Unter aktiver direkter Sterbehilfe oder Tötung auf Verlangen versteht man jede Maßnahme, die zum Ziel das Töten eines Menschen hat. Sie ist rechtlich strikt verboten.

Verbot von "geschäftsmäßiger Sterbehilfe" aufgehoben

In Deutschland hat der Verfassungsgerichtshof am Mittwoch das Verbot der "geschäftsmäßigen Sterbehilfe" aufgehoben. Beihilfe zum Suizid ist in Deutschland, im Gegensatz zu Österreich, nicht per se verboten, Par. 217 des deutschen Strafgesetzbuches stellte jedoch bisher eine wiederholte bzw. gewerbsmäßige Beihilfe zum Selbstmord unter Strafe. HIER findet ihr eine Auflistung der Regelungen in Europa.

Auch in Österreich gibt es regelmäßige Debatten um die rechtlichen Rahmenbedingungen. Vor sechs Jahren – im Jänner 2014 – wurde die Gründung des Sterbehilfe-Vereines "Letzte Hilfe - Verein für ein selbstbestimmtes Sterben" in Österreich untersagt. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bestätigte das damals.

ÖGHL will striktes Verbot in Österreich kippen

Aktuell – seit Mai 2019 – liegt dem VfGH  ein Antrag vor, mit dem die "Österreichische Gesellschaft für ein humanes Lebensende" (ÖGHL) versucht, das strikte Verbot der Sterbehilfe zu kippen. Die Verfassungsrichter werden sich frühestens im Juni damit beschäftigen, hieß es am Dienstag auf Anfrage der APA. Mit einem Individualantrag dreier selbst betroffener Menschen und eines Arztes – vertreten vom Wiener Anwalt Wolfram Proksch – versucht die ÖGHL, eine Liberalisierung der Sterbehilfe in Österreich durchzusetzen. Sie plädiert für "mehr Selbstbestimmung, Würde und Menschlichkeit am Lebensende" – und beklagt, dass hierzulande "sogar die Reisebegleitung eines schwerkranken Freitodwilligen in ein Land, in welchem aktive Sterbehilfe erlaubt ist, unter Strafe" stehe. Das Urteil in Deutschland begrüßt man beim ÖGHL daher vollends.

Salzburger Hospiz-Bewegung mit Status Quo "zufrieden"

Mit der aktuellen Regelung zufrieden zeigt sich hingegen Christof Eisl, Geschäftsführer der Hospiz-Bewegung Salzburg. "Natürlich gibt es Situationen, in denen Menschen den Wunsch äußern, dass sie so nicht mehr leben wollen", schildert er im Gespräch mit SALZBURG24, "die Betonung liegt dabei aber meist auf 'so'". Der schwindende Lebenswille sei meist mit hoher Symptomlast und quälenden Schmerzen verbunden. Würden diese durch palliativmedizinische Behandlung gelindert, verschwinde meist auch der unbedingte Wunsch zu sterben, so Eisl. "Das hängt sehr oft damit zusammen, dass Hospize und Palliativmedizin nur mit dem Sterben in Verbindung gebracht werden. Die letzten Lebenswochen und -monate können allerdings durch Schmerzlinderung sehr wertvoll und intensiv empfunden werden." Ein Ausbau und eine Aufwertung dieses medizinischen Bereichs hält er für dringend notwendig.

Bei einer Lockerung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Sterbehilfe sieht der Geschäftsführer der Hospiz-Bewegung Salzburg vor allem die Gefahr des Missbrauchs. "In einer Leistungsgesellschaft wie unserer wird sehr viel sehr schnell als wertlos dargestellt, auch ein einzelner Mensch. Da muss man sehr vorsichtig sein", sagt er. 

Katholische Organisationen gegen Änderungen bei Sterbehilfe

Auch Katholische Organisationen in Österreich befürchten einen "Dammbruch". Alfred Trendl, Präsident des Katholischen Familienverbandes, fordert in einer Aussendung: "Gehen wir den guten österreichischen Weg weiter, den wir bei der Sterbehilfe haben. Schmerztherapien sind möglich, ohne dass Mediziner sich vor Straffälligkeit fürchten müssen. Eine Erlaubnis zum assistierten Suizid würde massiven Druck auf ältere, pflegebedürftige Menschen ausüben." Susanne Kummer, Geschäftsführerin des Instituts für medizinische Anthropologie und Bioethik (IMABE) der Österreichischen Bischofskonferenz, übte ihrerseits gegenüber Kathpress heftige Kritik am deutschen Urteil: "Der Rechtsstaat gibt den Schutz des Schwächeren zugunsten des Stärkeren auf."

(Quelle: salzburg24)

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