Der deutsche Innenminister Alexander Dobrindt hat, wie angekündigt, die Möglichkeit der Zurückweisung von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen beschlossen. Eine gegenteilige Weisung aus dem Jahr 2015 habe er zurückgenommen, sagte Dobrindt am Mittwochnachmittag in Berlin. Ziel sei es, die illegale Migration Schritt für Schritt weiter zurückzudrängen. Mit mehr Polizisten an den deutschen Landgrenzen und strengeren Regeln will Dobrindt für einen Rückgang der irregulären Migration sorgen. Es gehe nicht darum, ab morgen alle zurückzuweisen, sondern darum, "dass wir die Zahlen reduzieren", erklärte er. Schwangere, Kinder und andere Angehörige vulnerabler Gruppen würden nicht zurückgewiesen, sagte Dobrindt. Ihm gehe es um ein "Signal in die Welt und nach Europa", dass sich "die Politik in Deutschland geändert hat".
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Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD war vereinbart worden: "Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen." Dobrindt sagte jetzt: "Wir halten unsere Nachbarn in enger Abstimmung." Er selbst und der deutsche Kanzler Friedrich Merz hätten dazu bereits in den vergangenen Tagen Gespräche geführt.
Polizei will Beeinträchtigungen so gering wie möglich halten
Ein Sprecher der Bundespolizeidirektion München sagte unterdessen der Deutschen Presse-Agentur, dass darauf geachtet werde, die Beeinträchtigungen für Pendler und Reisende "so gering wie möglich sind". "Aber natürlich wird mehr kontrolliert und das wird auch wahrnehmbar sein", sagte er.
Laut der deutschen Polizei wird unter anderem an der Saalbrücke in Freilassing nahe Salzburg wieder ein fester Kontrollpunkt eingerichtet. An vielbefahrenen Routen wie der Autobahn 8 zwischen München und Salzburg kontrolliert die Bundespolizei schon länger.
Österreich will eventuelle illegale Zurückweisungen nicht dulden
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hat in der Vergangenheit wiederholt angekündigt, dass Österreich eventuelle illegale Zurückweisungen nicht dulden würde. Sein Ressort zeigte sich am Mittwochabend von Dobrindts Entscheidung unbeeindruckt: "Österreich begrüßt generell die Bestrebungen Deutschland im Kampf gegen Schleppermafia und illegale Migration", hieß es in einer Aussendung. "Wir gehen davon aus, dass sich deutsche Behörden bei allen Maßnahmen, die gesetzt werden, an die europäische Rechtsordnung halten." Österreich stehe mit den deutschen Behörden bei allen Maßnahmen in engem Austausch, Karner habe sich bereits am vergangenen Samstag mit Dobrindt telefonisch ausgetauscht.
Die deutsche Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte nach Dobrindts Ankündigung zu Zurückweisungen Rechtsklarheit. "Bis jetzt haben wir keine klaren Weisungen, wie wir anders verfahren sollten. Deswegen wird im Moment noch so verfahren wie bisher", sagte Andreas Roßkopf, Vorsitzender für den Bereich Bundespolizei, der "Welt". "Für alles andere brauchen wir klare, schriftliche Weisungen, damit die Kollegen auch rechtssicher, handlungssicher arbeiten können."
Tusk kritisiert deutsche Migrationspolitik
Polens Regierungschef Donald Tusk kritisierte die geplante Migrationspolitik der neuen deutschen Regierung scharf. "Deutschland wird in sein Gebiet lassen, wen es will. Polen wird nur in sein Gebiet lassen, wen es akzeptiert", sagte Tusk in Warschau beim Antrittsbesuch des deutschen Kanzlers Bundeskanzler Friedrich Merz. Es solle weder der Eindruck entstehen noch die Fakten geschaffen werden, dass irgendjemand einschließlich Deutschlands bestimmte Gruppen von Migranten nach Polen schicke.
Tusk spielt damit auf das in Eisenhüttenstadt nahe der Grenze zu Polen errichtete "Dublin-Zentrum" an, das für eine schnellere Rückführung von Asylsuchenden in andere EU-Staaten sorgen soll. Dort sollen Überstellungen von Migranten vor allem nach Polen organisiert werden. Er äußerte sich auch ablehnend über das Vorhaben, Grenzkontrollen zu verschärfen. "Wenn jemand eine Kontrolle an der polnischen Grenze einführt, wird Polen auch eine solche Kontrolle einführen. Und das macht auf lange Sicht einfach keinen Sinn."
Tusk verwies darauf, dass sein Land mit der Bewachung der EU-Außengrenze eine schwere Last trage. Die Regierung in Warschau beschuldigt das Regime des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko, in gezielter Form Migranten aus Krisenregionen an die Ostgrenze der EU zu schleppen. Tusk sagte, er erwarte von der neuen deutschen Regierung eine Zusammenarbeit bei der Sicherung der Außengrenzen.
Stationäre Kontrollen an allen Grenzen seit September
In der deutschen Ampel-Koalition gab es anfangs kaum Befürworter fester Grenzkontrollen, die im sogenannten Schengen-Raum eigentlich nicht vorgesehen sind. Dennoch hatte die ehemalige Innenministerin Nancy Faeser nicht nur die 2015 begonnenen Kontrollen an der Landgrenze zu Österreich mehrfach verlängert.
(Quelle: apa)