Die Corona-Pandemie hat ganz offensichtlich Probleme in der heimischen Gastronomie und Hotellierie aufgezeigt. Zahlreiche Köche, Kellner oder Barkeeper verließen während der Lockdowns ihre Branche und scheinen auch nicht mehr zurückzukommen. Erst diese Woche ließ AMS-Chef Johannes Kopf aufhorchen, als er sagte, dass er in Österreich ein Wohlstandsphänomen beobachte: „Leute wollen nicht mehr am Abend oder Wochenende arbeiten“.
Tourismusschule Klessheim hat regen Zulauf
Wenn das stimmt, würden dem Tourismus-Land Österreich bald seine Fachkräfte ausgehen. Besonders für das Bundesland Salzburg wäre das ein tiefer Schlag in die gastronomische Magengrube. Mangelndes Interesse am Beruf kann der Direktor der Tourismusschule Klessheim, Leonhard Wörndl, allerdings nicht bestätigen. „In Klessheim haben wir seit Jahren steigende Nachfrage und Schülerzahlen“, erzählt er im Gespräch mit SALZBURG24. Als Grund dafür sieht er mitunter diverse Umstellungen und Adaptierungen des Lehrplans.
Jugendlichen wollen interessante Jobs
Auch das Problem am Wochenende oder abends zu arbeiten, sieht er nicht: „Den Kids geht es um ihre Interessen und der Tourismus deckt diese. 14-Jährige denken noch nicht daran, wo sie später arbeiten wollen“. Dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen, Gäste als Barkeeper oder in der Patisserie zu verzaubern käme bei den Jugendlichen gut an. „Selbst für einen 19-Jährigen ist Abendarbeit kein Thema“, meint Wörndl.
Meist würden die Eltern den Teenagern einen Floh ins Ohr setzen, damit sie sich gegen eine Ausbildung in der Gastronomie entscheiden. Die zahlreichen, der Corona-Pandemie geschuldeten, Kündigungen hätten in den letzten beiden Jahren kräftig nachgeholfen, die Sparten Gastronomie und Hotellerie in ein weniger gutes Licht zu rücken. Dazu kamen teils massive Gehaltseinbußen, durch den Wegfall von Trinkgeldern.
„Eltern haben mich immer unterstützt“
Der Schulsprecherin der Tourismusschule Klessheim, Linda Lorenzoni, hat vor fünf Jahren niemand versucht, diesen Schritt auszureden. „Meine Eltern haben mich immer unterstützt“, erzählt sie im S24-Gespräch. Die Eugendorferin beschreibt sich selbst als kommunikativ, wollte deshalb etwas „mit Menschen machen“. Heute, kurz vor dem Abschluss ihrer Ausbildung, steht sie noch immer hinter ihrer Entscheidung. Auch wenn sich das Ziel geändert hat: „Ich wollte anfangs ins Hotel-Management. Inzwischen habe ich eine Jobvermittlungs-Firma für Schüler aufgebaut. In dieser Sparte möchte ich weitermachen“.
Junge Generation will ausgeglichene Work-Life-Balance
Die Abneigung am Wochenende oder Abend zu arbeiten kann Lorenzoni verstehen bzw. auch in ihrer Generation bemerken. „Ich kenne viele – besonders Köche – die wegen der vielen Arbeit aufgehört haben. Das ist schon eine Abschreckung.“ Eine ausgewogene Work-Life-Balance sei ihrer Generation extrem wichtig. „Wobei viele eher mehr Life hätten“. Wobei die Klessheim-Absolventen meist ohnehin in Führungspositionen unterkommen würden, wie Wörndl und Lorenzoni unisono bestätigen. Das würde eher freie Wochenenden bringen.
Zu viele Chefs, zu wenig Arbeiter?
Es mangle somit nicht an Chefs, sondern am Nachwuchs. Kellner:innen, Köch:innen und Co kommen zu wenige nach. „Die Lehrlingszahlen gehen seit Jahren runter“, weiß Wörndl. Daran müsse rasch etwas geändert werden. Als Auslöser dafür meinen Direktor und Schulsprecherin das ehemals schlechte Image der Lehre gefunden zu haben. „Eltern glauben immer, dass die Kinder unbedingt die Matura brauchen. Eine Anpassung der Ausbildung wäre daher sehr wichtig“, sagt Wörndl, der die Tourismusschule bereits seit vier Jahren leitet. In Klessheim hätte man darauf reagiert und ein dreijähriges Angebot eingeführt. Es sei flexibler, vielseitiger und erlaube einen späteren Ein- und Umstieg.
Doch irgendwann sollten die Nachwuchs-Kellner:innen dann auch ins Berufsleben einsteigen. Und wenn es soweit ist, dann sei nicht nur die richtige Work-Life-Balance, sondern auch Wertschätzung extrem wichtig, meint die Schülervertreterin. „In manchen Betrieben bist du für die Gäste leider nur ein Tellerträger. Das ist undankbar. Wenn die Eltern das dann sehen, wollen sie nicht, dass ihre Kinder diesen Job lernen“.
Wer bewirtet Salzburgs Touristen?
Zusammengefasst bleibt der Nachwuchs aus und durch die Corona-Pandemie haben viele die Branche gewechselt. Auch Arbeitskräfte aus dem Ausland kehrten in ihre Heimatländer zurück. Kein Wunder, dass dem Salzburger Tourismus bald das Personal ausgehen wird. „Ich glaube nicht, dass es die große Katastrophe wird. Es wird nur eine Umstrukturierung stattfinden“, so Wörndl. Er meint damit, dass sich die hochpreisigen Anbieter – wie etwa in den Salzburger Wintersportregionen – ebenso halten werden, wie Tiefpreisige. Nur der Mittelstand könnte teuer dafür bezahlen müssen. Damit würde in der Masse aber eben auch nicht mehr so viel Personal benötigt werden. Zudem würden Betriebe schon darauf reagieren und zum Beispiel durch hochwertige Convenience-Produkte den Personalmangel ausgleichen. „In Obertauern, im Großarltal usw. gibt es so viele sehr gute Familienbetriebe, die gut auf ihr Personal schauen und es fördern. Die werden sich sicher halten, andere werden zusperren müssen“, konstatiert der 60-Jährige.
Wer seine Sache gut mache, werde auch weiter bestehen können. Und das auch in der umkämpften Tourismus-Sparte. Jene Häuser bieten dann auch gute und sichere Arbeitsplätze für den Nachwuchs, dem Lorenzoni etwas mitgeben will: „Die Gastronomie kann der coolste Job der Welt sein!“
(Quelle: salzburg24)