Schaden will im Prozess gegen Schiffskapitän Francesco Schettino als Zeuge aussagen, er wurde aber noch nicht geladen.
Schaden will bei Prozess aussagen
"Die Verantwortung des Kapitäns, er habe alles getan, was möglich wäre, ist reine Fantasie. Ich hoffe, dass ich zum Prozess geladen werde, ich möchte dort erzählen, wie es war", sagte der Salzburger. Eine Sachverhaltsdarstellung hat er dem Gericht im toskanischen Grosseto bereits geschickt.
Darin begründet er seine Wut: Um etwa 21.40 Uhr - der Bürgermeister bereitete sich in seiner Kabine gerade auf seine Abreise vor - "wurde das gesamte Schiff massiv erschüttert, zahlreiche Gegenstände wurden auf den Kabinenboden geschleudert". Wenig später sei erkennbar gewesen, dass die Costa Concordia in Schieflage geraten war. "Als dann noch der Strom ausfiel und auf dem Deck 8 vorübergehend völlige Dunkelheit herrschte, wurde klar, dass wir in Seenot geraten."
"Lediglich ein Stromausfall"
In dieser Situation sei den Passagieren über Lautsprecher mitgeteilt worden, dass es lediglich einen Stromausfall gäbe, an der Schadensbehebung werde gearbeitet. "Eine Aufforderung, die Schwimmwesten anzulegen und sich auf die Musterstationen auf Deck 4 zu begeben, erfolgte nicht." Schaden half seinen Kabinennachbarn. Er erklärte ihnen, wo sich die Schwimmwesten befinden. Und er bat sie mit Nachdruck, die Kabinen zu verlassen und auf Deck 4 zu gehen.
"Auf dem Weg zum Deck 4 waren, entgegen dem Drill bei der Einschiffung, keine Mitglieder der Mannschaft zu sehen, die den Passagieren den Weg hätten weisen können", schilderte der 59-Jährige. Es seien keine Vorkehrungen zur Information der Passagiere und zur Evakuierung getroffen worden. "Auch waren so gut wie keine uniformierten Mitglieder der Besatzung zu sehen, es waren meist einfache Mitglieder der Mannschaft, die sich um die Passagiere kümmerten." Es habe keine Kommandostruktur gegeben, "zahlreiche Passagiere hatten keine Schwimmwesten ... . Die zahlreichen älteren Menschen und auch die vielen Familien mit kleinen Kindern wurden in keiner erkennbaren Form unterstützt."
"Keine geordneten Verhältnisse bei Evakuierung"
Obwohl das Schiff dann schon eine starke Schräglage hatte, seien "keine geordneten Schritte zur Evakuierung ergriffen" worden, kritisierte der Bürgermeister. "Im Gegenteil: Unmittelbar vor meinen Augen waren Passagiere auf eigene Faust in ein Rettungsboot gestiegen. Sie wurden trotz der offensichtlichen Notlage angewiesen, das Boot zu verlassen. Erst als es wegen der Schräglage des Schiffes bereits zu spät war, alle Rettungsboote und Rettungsinseln zu Wasser zu lassen, wurde mit der Evakuierung begonnen. Aber hier gab es keine geordneten Verhältnisse, etwa Frauen, Kinder, ältere Menschen zuerst in die Boote."
Für den Salzburger steht fest: Nur die Nähe zum Hafen habe eine noch größere Opferzahl als die 32 Toten verhindert. "Die verbliebenen Rettungsboote, die Polizeiboote und wohl auch private Boote fuhren einen Shuttledienst zwischen Hafen und Schiff. Ansonsten hätte die Kapazität der noch verfügbaren Boote nicht ausgereicht, 4.000 Personen vom Schiff auf die Insel zu bringen." Schaden war einer der letzten Passagiere, die in einem Rettungsboot von Bord gingen. In einem Hafenlokal erblickte er unmittelbar nach der Evakuierung einen Offizier des Schiffes, der dort an der Theke saß. "Er war offensichtlich weit vor den Passagieren von Bord gegangen."
Schaden sieht Fehler beim Kommando
Schaden ortete zwei schwerwiegende Fehler, die seiner Meinung nach auf das Konto der verantwortlichen Personen des Schiffskommandos gehen. "Sie steuerten mit hohem Tempo direkt auf die Küste von Giglio zu. Der Autopilot, der dies verhindert hätte, war ausgeschaltet. Und niemand hätte sterben müssen, wenn zeitgerecht eine geordnete Rettungsaktion eingeleitet worden wäre." Er sei jederzeit bereit, seine Aussagen unter Eid vor Gericht zu bestätigen.
Dem Strafverfahren hat sich der Bürgermeister als Privatbeteiligter angeschlossen - um berichten zu können, was in der Unglücksnacht tatsächlich geschehen ist. Eine Abfertigung der Reederei von 14.000 Euro lehnte er ab, weil er sonst auf alle Rechtsmittel verzichten hätte müssen. In dem Strafverfahren machte er auf Wunsch der Versicherung einen Sachschaden von rund 2.000 Euro geltend. "Das ist der Wiederbeschaffungswert für das verlorene Gepäck und die Kamera."
Haftstrafen seien völlig richtig
Haftstrafen für die Verantwortlichen des Unglücks findet Schaden richtig, weil diese eine abschreckende Wirkung hätten. "So einen Leichtsinn darf es nicht mehr geben." Dass die Costa Concordia nun bald aufgestellt und weggeschleppt wird, empfindet er für alle Beteiligten und die Bewohner von Giglio als Erleichterung. Für die Inselbewohner hat Schaden nur lobende Worte: "Sie waren unglaublich hilfsbereit und gastfreundlich." Eine Schiffskreuzfahrt will Schaden nicht mehr unternehmen. "Nicht wegen des Untergangs. Ich habe mir am Abend vor dem Unglück gedacht, das bringt nichts für mich, die Glitzerwelt. Ich habe es als langweilig empfunden."
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(Quelle: salzburg24)