Am ersten Werktag des Neuen Jahres bricht, so Perl, eine "neue Ära der Verwaltungsgerichtsbarkeit" an. Dann kann jeder Bürger, Unternehmer oder Wirtschaftstreibender, der Zweifel an einer Behörden-Entscheidung hat, sofort ein unabhängiges Gericht anrufen - ohne langen Instanzenzug vorher und ohne Anwaltszwang.
Bis zu drei "politische" Entscheidungen der Verwaltungsinstanzen waren bisher nötig, ehe man vor ein unabhängiges Gericht (den Verwaltungsgerichtshof) kommen konnte, künftig ist es nur mehr eine - was die Verfahrensdauer enorm verkürzt. Der Rechtsschutz ist dann in allen Verwaltungssachen gleich - ob es um Umweltverträglichkeitsprüfungen, den Arbeitslosenbezug oder Finanzmarktaufsichts-Sachen geht.
Für Entscheidungen von Landesbehörden ist eines der neun Landesverwaltungsgerichte zuständig, bei Bundes-Angelegenheiten das Bundesverwaltungsgericht oder (in Steuer- und Finanzsachen) das Bundesfinanzgericht. Was der Bürger selbst gar nicht so genau wissen muss. Denn seinen Antrag bringt er bei der Stelle ein, von der er den Bescheid bekommen hat - also z.B. wenn es um Arbeitslosengeld geht beim AMS. Die Behörde kann, wenn sie will, binnen zwei Monaten eine "Vorentscheidung" treffen - also z.B. auch ihren Bescheid ändern. Tut sie das nicht oder ist der Bürger immer noch nicht zufrieden, stellt er einen Vorlageantrag und die Sache kommt zum BVwG.
Dort entscheidet entweder einer der 169 Richter allein - oder ein Dreier- bzw. in manchen Sachen auch ein Fünfer-Senat. Denn in einigen Bereichen (z.B. Sozialverfahren) werden Laienrichter beigezogen - die aber, wie beim Arbeits- und Sozialgericht, "fachkundig" sind. In gut der Hälfte der Fälle wird am BVwG, schätzt Perl, verhandelt werden - wobei diese Verhandlungen öffentlich sind. Am Wiener Standort gibt es 32 Säle dafür.
Wie lange ein Verfahren beim BVwG dauern wird, hängt von der Sache ab: Geht es um den Aufstieg in die nächste Schulstufe oder eine Ausländer-Beschäftigungsbewilligung, werde man natürlich schnell entscheiden, versicherte Vizepräsident Michael Sachs. Grundsätzlich ist im Gesetz ein Urteil binnen sechs Monaten vorgesehen.
Die Wahrscheinlichkeit, als Bürger einmal mit dem BVwG zu tun zu haben, ist ziemlich hoch. Denn zu den Bundeskompetenzen zählen vielen Sozialsachen (Arbeitslosengeld, Feststellung des Grades einer Behinderung, Sozialversicherungs-Beitragspflicht) und "persönliche Rechte" der Bürger (Datenschutz, Studienförderung, Schulrecht wie z.B. Aufsteigen in die nächste Klasse). Vor allem Unternehmen werden sich wohl im Vergabewesen oder zu Entscheidungen von Regulierungsbehörden ans BVwG wenden. Zuständig ist es auch für Umweltverträglichkeitsprüfungen sowie Asyl- und Fremdensachen. Letzte werden, schätzt Perl (der bisher den Asylgerichtshof leitete), sicherlich gut die Hälfte ausmachen.
Gegen die Entscheidung der Verwaltungsgerichte ist eine Revision möglich, wenn es um Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung geht. Dann landet die Sache beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) - und da herrscht dann Anwaltszwang. Ob die Revision zulässig ist, wird in jeder Entscheidung drinnenstehen.
(Quelle: salzburg24)